ADB:Lersner, Achilles August von
Lersner’sche Familie stammt aus Felsberg in Niederhessen, wo Kurt L. im 15. Jahrhundert zuerst genannt wird. Seine Nachkommen lebten in Marburg, waren Beamte und Gelehrte. Hermann L., geb. 1534 zu Marburg, 1564 Dr. jur. und Professor der Rechte daselbst, heirathete 1566 die Frankfurter Patricierstochter Elisabeth Rauscher und wurde dadurch Ganerbe im Hause Altlimburg zu Frankfurt. Er war 1579–1605 Vicekanzler der Universität Marburg und starb 1613 zu Lengsfeld in Hessen. Er hatte 9, sein fünfter Sohn Jacob 11 Kinder. Jacobs ältester Sohn Philipp Ludwig, geb. 1602, Frankfurter, dann schwedischer Hauptmann, Frankfurter Rathsglied, † 1640, hatte 5 Kinder, darunter einen Sohn Heinrich Ludwig, welcher als Stadtschultheiß 1696 starb. Er war 1681 geadelt worden. Eines seiner 11 Kinder war der Chronist A. A. v. L. Die biographischen Nachrichten über ihn sind sehr dürftig. Im J. 1696 schloß er seine erste Ehe mit Anna Rosina Steffan von Cronstetten, und nach deren frühem Tode bereits 1699 die zweite mit Anna Sibylla Ochs (später Ochs von Ochsenstein). 1715 wurde er in den Frankfurter Rath gewählt, 1721 war er jüngerer Bürgermeister, 1723 wurde er Schöff, 1727, 1728, 1730 war er älterer Bürgermeister. Von seinen 9 Kindern hat nur der Sohn Georg August v. L., geb. 1701, seit 1718 auf der Universität Altdorf, 1721–26 auf Reisen gebildet, den Stamm fortgepflanzt. Er war Geschäftsführer mehrerer Reichsglieder, deren Angelegenheiten er von Frankfurt aus besorgte und starb 1749. Sein einziger Sohn Christian August Maximilian wurde im Alter von 22 Jahren auf der Jagd erschossen. Ueber die Entstehung und Bedeutung der Frankfurter Chronik von v. L., welche 1706 zuerst in einem Folioband von 180 Bogen erschien, ist folgendes zu bemerken, was zugleich theilweise auf andere Reichsstädte Anwendung findet. Die ersten Frankfurter Chroniken gehörten dem 16. Jahrhundert an; sie waren von Geistlichen verfaßt, welche die überlieferten oder auch selbst erlebten Ereignisse, ohne Rücksicht auf den inneren Zusammenhang, der bloßen Zeitfolge nach aneinander reihten. Im folgenden Jahrhundert thaten mehrere Patricier dasselbe, denn ein reges Interesse an der Vergangenheit belebte damals die Patricier der deutschen Städte überhaupt, und in Folge davon entstanden in jener Zeit die meisten Städtechroniken, sowie viele Collectionen von geschichtlichen Notizen. Da alle diese Chroniken und Collectaneen ohne irgend kritische Prüfung abgefaßt sind, so bestehen sie aus einer Mischung von wahren und falschen, sogar einander widersprechenden Angaben – daneben entstand im 17. Jahrhundert noch eine andere Art von handschriftlichen Frankfurter Geschichtsbüchern. Es wurden nämlich damals von den städtischen Archivaren und Rathsschreibern, zum Behuf des Nachschlagens für amtliche Zwecke, Auszüge aus den Rathsprotocollen und anderen Schriften gemacht. Aus allen diesen Aufzeichnungen, zugleich aber auch aus amtlichen Quellen hat L. die Angaben seiner gedruckten Chronik geschöpft, und in Folge des ersteren Umstandes enthält diese Chronik manche Unrichtigkeiten, welche nachher ohne Bedenken in alle anderen Geschichtsbücher aufgenommen wurden. Als Sammelwerk aber wird die Chronik wegen ihrer Reichhaltigkeit [433] immer ihren Werth behalten, um so mehr, als L. offenbar aus Urkunden schöpfte, welche seitdem verloren sind. – v. L. hinterließ ein auf Schreibpapier gedrucktes und mit breitem Rande versehenes Exemplar seiner Chronik, in welches er seine Nachträge eingeschrieben hatte. Dies gab sein oben erwähnter Sohn Georg August 1734 als zweiten Theil der Chronik heraus; in einem dritten Theile der Chronik wollte G. A. v. L. seine eigenen Aufzeichnungen über die Geschichte von Frankfurt herausgeben, doch ist es zur Herausgabe nicht gekommen, vielmehr befindet sich dieser Theil handschriftlich auf dem Stadtarchiv. – Noch sind zwei in die Litteraturgeschichte einschlagende Glieder der Lersner’schen Familie zu erwähnen. Friedrich Max v. L., geb. am 28. August 1736, älterer Bürgermeister 1789, 1798, † 1804, war der Taufpathe des Dichters F. M. Klinger und in den 70er Jahren dessen kühler Gönner. Ein anderer Friedrich Max v. L. war in den ersten 60er Jahren Schüler der Mittelklassen des Gymnasiums. Als Quartaner hatte er bei der Progression die Preisträger zu renuntiiren, woraus mit Sicherheit zu entnehmen ist, daß er den besseren Schülern beigezählt wurde. In ihm haben wir wol den „Maximilian“ in den Knabengesprächen zu suchen, welche Heinrich Weismann 1846 aus Goethe’s Schulheften herausgegeben hat.
Lersner: Achilles August von L., geb. am 29. April 1662, † am 29. Decbr. 1732 zu Frankfurt. Die- Der Frankfurter Chronist A. A. v. L., von Dr. Eduard Heyden, mit dem Bildnisse Lersner’s und einem Stammbaum der Lersner’schen Familie. (Neujahrsblatt des Vereins für Geschichte und Alterthumskunde zu Frankfurt a. M., 1860).