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Artikel „Leon, Gottlieb von“ von Anton Schlossar in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 18 (1883), S. 296–298, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Leon,_Gottlieb_von&oldid=- (Version vom 29. März 2024, 14:08 Uhr UTC)
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Leon: Gottlieb von L., Schriftsteller[WS 1] und Custos der k. k. Hofbibliothek in Wien, wurde am 17. April 1757 in Wien geboren, wo er auch seine weitere Ausbildung erhielt. Schon frühzeitig, kaum 20 Jahre alt, trat er als Dichter auf und erweckte durch die Formgewandtheit seiner Verse und den an den alten deutschen Minnesang gemahnenden Ton in manchem seiner Lieder Aufmerksamkeit [297] nicht nur in den Wiener, sondern auch in weiteren Keisen. L. scheint sich überhaupt schon frühzeitig mit dem Studium der älteren deutschen Sprache und mit Forschungen auf dem Gebiete der deutschen Volkspoesie eingehend beschäftigt zu haben. Er erklärt selbst in der Vorrede zu seinen Gedichten, daß der Minnesänger „naive herzvolle Simplicität großentheils auch auf seine dichterische Bildung mit einwirkte“. In Folge seiner Arbeiten auf diesen Gebieten und da sich L. bald in der österreichischen Hauptstadt einen guten Namen errungen, auch gediegene litterarische Kenntnisse besaß, wurde er im J. 1782 an der Wiener Hofbibliothek als Scriptor angestellt. Er rückte im Anfange dieses Jahrhunderts zum Custos an jener berühmten Anstalt vor und wegen seiner vorzüglichen Kenntniß alter Schriftwerke und Drucke wurde ihm später die Aufsicht der reichen Sammlung von Incunabeln jener Bibliothek anvertraut, in welcher er zugleich mit dem Custos Ignaz Pöhm die Leitung der ökonomischen Geschäfte besorgte und bis 1827 im Dienste verblieb. L. starb am 17. Septbr. 1832 in Wien. Er hatte selbst eine „Kurzgefaßte Beschreibung der k. k. Hof-Bibliothek in Wien“ (1820) herausgegeben, in welcher sich (S. 45) nähere Daten über seine Stellung und Beschäftigung an diesem Institute finden. – Besondere Beachtung verdient L. als Mitglied jenes Dichterkreises der österreichischen Residenz, welcher in reger Verbindung mit dem litterarischen Leben in Deutschland stand und durch den zuerst wieder die deutsche Dichtung in Oesterreich in einer Reihe beachtenswerther Talente vertreten war. Neben Blumauer, Alxinger, Ratschky, Haschka, Netzer, Denis und Anderen vertrat L. schon seit dem J. 1778 das lyrische Element dieses Kreises und in seinen Dichtungen traten ebenfalls die charakteristischen Eigenthümlichkeiten jener österreichischen Schriftsteller der Aufklärungsperiode hervor. Wir finden Gedichte und Aufsätze von L. schon in den Jahrgängen 1780 und 1783 des „Göttinger Musenalmanachs“, im Jahrgange 1783 des „Hamburger Musenalmanachs“, im „Deutschen Museum“ (1782, 83, 87, 88) und im „Deutschen Merkur“ (1787). Besonders erwähnenswerth ist seine Betheiligung an dem seit 1777 erschienenen „Wiener Musenalmanach“, in dessen erstem Jahrgange er bereits Gedichte („Selma an Selmar“, „Mayenlied“, „Frühlingsempfindungen“, „An Doris“, „Nachtgesang“, „Minnelied“, „An einen Freund“, „An Hannchen“), welche im Gegensatze zu den meisten anderen Mitarbeitern mit seinem vollen Namen unterzeichnet waren, veröffentlichte. Ein längeres Gedicht im Volkstone, allerdings nicht frei von Manirirtheit, findet sich in dem „Wiener Musenalmanach“ für 1778 unter dem Titel: „Anmüthige und züchtige Historia von dem Ritter Engelhardt eines edlen Ritters Sohn aus Lysabon und der schönen Gertraud, einer Königstochter von Neapolis“. Von L. finden sich außerdem zahlreiche Beiträge in den Jahrgängen 1779, 1781 bis 1783 und 1785–1793 dieses Almanachs. Nachdem Blumauer zurückgetreten war, übernahm L. selbst die Redaction des „Wiener Musenalmanachs“ für 1795, er nahm kleine Prosastücke neben den Gedichten mit in diese poetische Blumenlese auf und suchte derselben dadurch mehr Abwechslung zu geben. Allein die Zeitverhältnisse fügten es, daß kein weiterer solcher Almanach in der ursprünglichen Form erscheinen sollte und L. daher den letzten Jahrgang redigirt hatte. Die gesammelten „Gedichte von L.“ (Wien 1788) zerfallen in sieben Abtheilungen: Oden, Lieder, Elegien – Idyllen – Balladen – Minnelieder – Volksgedichte – Freimaurergedichte – Briefe. In der ersten Abtheilung finden sich neben Oden und Elegien in antiken Strophen auch einige hübsche kleinere Stücke, Gelegenheitsgedichte u. dgl., darunter die Gedichte: „Lotte an Werther“, „Wiegenlied für Sophie Reinhold, geborene Wieland“, „Auf das Bildniß der Frau S. von la Roche“. In den Idyllen, welche in Prosa abgefaßt sind, folgt L. Geßner’s Vorbilde, die „Minnelieder“ sind allerdings mitunter in gar zu tändelndem [298] Tone gehalten, verrathen aber warme Empfindung. Wirklich volksthümlich und eine biedere Gesinnung bekundend zeigen sich die „Volksgedichte“, welche dem „Landboten“ Philipp in den Mund gelegt sind. In die Sammlung aufgenommen ist auch das früher einzeln publizirte „Lied eines österreichischen Bauersmanns auf die Ankunft des heil. Vaters Pius VI.“ (1782). Von L. erschienen außerdem: „Anmerkungen zur Frage: Was ist der Papst? nebst Zurechtweisung eines geistlichen Redners“ (1782). „Empfindungen über den der Freymaurerey in den k. k. Erblanden öffentlich ertheilten Schutz“ (1786), (ebenfalls in die „Gedichte“ aufgenommen) und „Rabbinische Legenden“ (1821). Eine Zeit lang scheint L. dem geistlichen Stande angehört zu haben, doch liegen darüber keine bestimmten Nachrichten, nur Andeutungen in einigen Gedichten von ihm und an ihn vor.

Wurzbach, Biogr. Lex. Bd. XV. Vgl. auch des Unterzeichneten Aufsatz über die Wiener Musenalmanache in dessen Oesterr. Cultur- u. Lit.-Bildern (Wien 1879).


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Schrifsteller