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Artikel „Leodius, Hubertus (Thomas)“ von Karl Hartfelder in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 18 (1883), S. 295–296, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Leodius,_Hubert&oldid=- (Version vom 22. Dezember 2024, 22:04 Uhr UTC)
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Leodius: Hubertus (Thomas) L., Historiker, geb. 1495 zu Lüttich, † wahrscheinlich Ende des Jahrs 1555 oder Anfang des Jahres 1556. Neben Harer (Crinitus) und Gnodalius wird in den älteren Darstellungen des Bauernkriegs von 1525 gewöhnlich L. citirt, obgleich er seinen schriftstellerischen Ruhm weniger seinem dürftigen Schriftchen über den Bauernkrieg als vielmehr seinen Annalen Friedrichs II. von der Pfalz dankt. Hubertus Thomas stammt aus Lüttich, weshalb er gewöhnlich Leodius oder auch Leodiensis genannt wird. Nach einer Stelle am Schlusse seiner Annalen, wo er sich im J. 1555 als einen 60jährigen bezeichnet, ist er 1495 geboren. Seine Schriften beweisen, daß er eine tüchtige Schulbildung, besonders in den klassischen Autoren genossen hat. Doch scheint er anfangs blos eine Lateinschule und keine Universität besucht zu haben; denn im J. 1525 wird er an der Universität Heidelberg immatriculirt (Matrik. III, 21). Der damals schon verheirathete, 30 Jahre alte Mann hat dies sicherlich nur gethan, um die ihm fehlende akademische Bildung nachzuholen. Freilich dürfte dies schwerlich gelungen sein, denn sein damaliger Aufenthalt in Heidelberg kann nicht lange gedauert haben. Den größten Theil seines Lebens hat L. im Dienste des Pfalzgrafen und späteren Kurfürsten Friedrich II. verbracht. Als nämlich letzterer 1522 um die verwittwete Königin Leonore von Portugal anhalten wollte und deshalb jemanden zu der französischen Correspondenz brauchte, machte Doctor Tetanias Frisius, bei welchem L. 1513–1520 gedient hatte, auf ihn aufmerksam. Er war seit 1520 in der kurfürstlich pfälzischen Kanzlei verwendet worden, hatte in Heidelberg geheirathet und eilte nun auf Befehl seines Fürsten mitten im Winter nach Nürnberg, wo sich Friedrich II. gerade aufhielt. Bald hatte er sich das Vertrauen des Pfalzgrafen erworben und verblieb von jetzt an in seinem Dienste. Er begleitete denselben auf seinen zahlreichen Reisen und hat auf diese Weise fast sämmtliche Länder Europa’s gesehen. Er war dreimal in Spanien, fünf Mal in Frankreich, ein Mal in England, den Niederlanden und Italien, nicht zu gedenken der zahllosen Kreuz- und Querzüge in Deutschland selbst, das er vom äußersten Westen bis nach Ungarn hinein, vom Süden bis nach Norden durchstreift hat. Er bekam dadurch Gelegenheit zu persönlichem Verkehr mit einer großen Anzahl der damaligen Fürsten und hervorragenden Männer, wie Karl V., Franz I. von Frankreich, Heinrich VIII. von England, Granvella u. a., über welche er in seinen Annalen schätzenswerthe Nachrichten giebt. Das Vertrauensverhältniß zu seinem Fürsten änderte sich, als Friedrich II. im J. 1544 Kurfürst von der Pfalz wurde. Die pfälzischen Räthe drängten L. in den Hintergrund, ohne daß jedoch der Kurfürst ihm seine Gunst entzogen hätte (Annal. Frider. II, S. 258). In den letzten Jahren seines Lebens, die er meist in Heidelberg verbrachte, pflegte er eifrigen Verkehr mit dem Kanzler Masius, dem Humanisten Jakob Micyllus, Lehrer der griechischen Sprache in Heidelberg u. a. (Acta, academiae Theodoro-Palat. tom. VII. hist. p. 302–394). Auch mit dem Humanisten und Historiker Beatus Rhenanus aus Schlettstadt wechselte er gelehrte Briefe. Viele Mühe bereitete ihm die Versorgung seiner zahlreichen Kinder. Sein Todesjahr ist nicht sicher. Doch dürfte er Ende 1555 oder in den ersten Wochen von 1556 gestorben sein, kurz vor Friedrich II. († 26. Febr. 1556), da er dessen Tod in seinen Annalen nicht mehr erzählt. Denn die am Rande stehende Angabe von dessen Tode in den Annalen ist eine aus Sleidanus entnommene Zugabe des Herausgebers. In religiösen [296] Dingen ist L. unsicher schwankend. Während er sich dem Kardinal Pighinus in sehr devoter Form empfiehlt, nennt er doch Luther den Revocator verae religionis, quae iam diu neglecta iacuerat et obsorduerat. Sein Hauptwerk sind die „Annales Palatini libris XIV continentes vitam et res gestas etc. Friderici II, comitis Palatini Rheni etc.“ (Francofurti 1624, 2. Ausg. 1665). Dasselbe erschien bald in deutscher Uebersetzung von Hartmannus Myricianus Salinator unter dem Titel: „Spiegel des Humors großer Potentaten“ (Schleusingen 1628). Eine neue Bearbeitung desselben hat Ed. von Bülow veröffentlicht mit der Bezeichnung „Ein Fürstenspiegel etc." (Breslau 1849). Das Werk ist eine Darstellung des bewegten und inhaltsreichen Lebens Friedrichs II., eine werthvolle Geschichtsquelle und zugleich ein interessantes Culturbild des 16. Jahrhunderts. Einfach und anschaulich im Ausdruck, fesselt es den Leser durch Zuverlässigkeit der Darstellung, die biedere und ehrenhafte Art des Schriftstellers, der „durch seine Treue und aufopfernde Ergebenheit ein unschätzbarer Diener seines Herrn“ war (Häusser, Gesch. d. rhein. Pfalz I, 564). Die Ausgabe ist nicht sehr correct, weshalb der Historiker Joannis eine neue veranstalten wollte. Die Vorarbeiten dazu enthält Cod. lat. nr. 819 in München. Weniger bedeutend ist des L. Schrift über den Bauernkrieg: Seditionis rusticanae historia (Freher, Script. rer. Germ. ed. Struvius II, 283 bis 294). Es ist eine abgekürzte lateinische Bearbeitung des bekannten Werkchens von Peter Harer über den Bauernkrieg. L., der mit Harer befreundet war, hat dieselbe veranstaltet, um die ursprünglich deutsch geschriebene Schrift Harer’s auch den anderen Nationen Europas zugänglich zu machen. Wissenschaftlich ist es ohne Belang und man kann seine Anführung in Arbeiten über den Bauernkrieg unterlassen. Freher, der erste Herausgeber dieser Schrift, bekam das Manuscript derselben wie zur folgenden von Janus Julius, dem Sohne des L. Diese, „De Francisci a Sickingen eq. rebus gestis seu potius ausis et calamitoso obitu“, ist ein werthvoller Abriß der Geschichte des Franz von Sickingen, von dem Verfasser selbst historiola genannt. Vielleicht hat L. dazu die jetzt verlorene Sickingensche Correspondenz benützt (Waltz, Die Flersheimer Chronik, Einl. p. X. Freher, Script. rer. Germ. ed Struvius II, 297). Drei weitere Schriften sind antiquarischen Inhalts: „De Tungris et Eburonibus aliisque interioris Germaniae Huberti Thomae Leodii commentarius, utilis omnibus, qui Caesaris de bello Gallico historiam recte intelligere cupiunt“, ist 1547 in Straßburg erschienen. Ueberwiegend lokalgeschichtlichen Werth haben zwei kleine Arbeiten, die dem Drucke der Annalen als Anhang beigegeben sind: „De aedificiis illustrissimi principis Friderici comitis Palatini Rheni“ und „De Heidelbergae antiquitatibus“. Dagegen ist das „Chronicon breve civitatis Heydelbergae“, welches ebenfalls den Annales angehängt ist, mit Unrecht unserm Verfasser beigelegt worden. Der Verfasser dieses 1613 erst entstandenen Schriftchens ist, wie die Einleitung und Citate beweisen, Marquard Freher (Brieger’s Zeitschrift für Kirchengeschichte II, 627). Auch hat Freher dieselbe in seine Origines Palatinae aufgenommen.

O. L. Schäfer, Das Verhältniß der drei Geschichtschreiber des Bauernkrieges: Haarer (Crinitus), Gnodalius und Leodius, Leipz. Dissert. Chemnitz, (Geidel) 1876. – M. Rosenberg, Quellen zur Geschichte d. Heidelberger Schlosses Heidelb. 1882). S. 87–91.[1]

[Zusätze und Berichtigungen]

  1. S. 296. Z. 6 v. u.: Ueber Leodius vgl. jetzt: Hartfelder, Der Historiker J. Th. L. (Forschungen z. D. Gesch. Bd. XXV [1885] S. 275 ff.). [Bd. 21, S. 796]