ADB:Leins, Christian Friedrich von

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Artikel „Leins, Christian Friedrich“ von Max Bach in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 51 (1906), S. 625–627, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Leins,_Christian_Friedrich_von&oldid=- (Version vom 22. Dezember 2024, 05:35 Uhr UTC)
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Leins: Christian Friedrich L., Baumeister, kgl. württ. Baudirector. Geboren zu Stuttgart am 22. November 1814 als der Sohn eines einfachen Bürgers und Steinhauerwerkmeisters. Schon in der Schule zeigte sich, daß der aufgeweckte Knabe einst zu etwas Höherem bestimmt sei. Er trat, 15jährig, in die damals neu errichtete Stuttgarter Gewerbeschule ein, machte dann aber [626] einige praktische Jahre bei einem Zimmerwerkmeister durch und nach Ablauf derselben conditionirte er auf verschiedenen Baubureaus, zuletzt bei dem Erbauer der „Wilhelma“ W. Zanth, welcher 1831 nach Stuttgart gekommen war. 1834 trat er seine erste Studienreise nach München und Salzburg an, von welcher er mit einem reich gefüllten Skizzenbuche heimkehrte. Bald wagte sich der junge Mann auch an die selbständige Ausführung von Privataufträgen und 1837 zog es ihn nach Paris, wo er in dem Atelier Henri Labrousse (1811–1875) Beschäftigung und Unterweisung erhielt. Dort trug er sich mit dem Gedanken um, angeregt durch seinen ebenda sich aufhaltenden Landsmann Etzel, zum Eisenbahnbau überzutreten, doch that er sicher wohl daran, der Architektur nicht untreu zu werden, denn sein Talent war doch mehr der künstlerischen Richtung zugewendet. Nach seiner Rückkehr im J. 1840 widmete er sich wieder dem Privatbau und bestand 1843 das Staatsexamen mit dem Prädicat „gut“. Eine seiner frühesten Bauten ist das russische Gesandtschaftshotel in Stuttgart, das, im classicistischen Stile gehalten, mit Reliefs, Büsten und Statuen geziert, zu den anziehendsten Bauten damaliger Zeit gehört. Durch diesen Bau lenkte er die Aufmerksamkeit des Kronprinzen Karl auf sich, dem er schon früher bekannt geworden war und welcher eben damals mit dem Gedanken umging, sich eine Villa zu bauen. L. erhielt den Auftrag zum Bau dieser auf einem Hügel bei Berg liegenden Villa, welche als Perle italienischer Renaissance allgemein gepriesen wird und für die damalige Zeit von bahnbrechender Bedeutung für die Entwicklung der Stuttgarter Architektur war. Jetzt erst, im J. 1845, trat L. im Interesse des Baues und in Begleitung seines Freundes Hackländer seine erste italienische Reise an, welche er im Gefolge des Kronprinzen machen durfte. Zehn Jahre lang zog sich der Bau hin und eine zweite Reise nach Italien und Spanien mit Hackländer vollendete die Meisterschaft des geistreichen Architekten, welcher inzwischen auch (1851) die Weltausstellung in London besucht hatte. 1856 gründete der Meister seinen Hausstand mit einer Tochter des in Paris ansässigen Musikalienhändlers Schlesinger und führte seine Frau in das eben von ihm gebaute Haus, das spätere Palais Weimar ein. Das Jahr 1858 brachte ihm eine Professur an der polytechnischen Schule. Dort fand er reichlich Gelegenheit sein Talent zu entfalten, denn wie kein Anderer eignete sich sein klares Denken und Reden und seine liebenswürdige Persönlichkeit für den Lehrer. Sein Ansehen bei Collegen und Schülern wurde mehr und mehr auch durch eigene glänzende Bauthaten erhöht. Vor allem ist es der Königsbau, welcher 1859 vollendet wurde, ein Concertsaalbau, im classischen Stil mit Säulencolonnade und rückwärtsliegender Passage, dann einige Privatbauten, worunter die Villa Zorn besonders erwähnt zu werden verdient. Jetzt wendet sich L. aber auch dem Kirchenbau zu, und es entstehen in den Jahren 1856 bis 1889 eine ganze Reihe von Kirchen oder Kirchenbaurestaurationen Land auf Land ab, wovon die im J. 1876 eingeweihte Johanniskirche in Stuttgart wol den ersten Rang einnimmt. Mehr zur italienischen Renaissance kehrte der Meister in seinem letzten großen Profanbau zurück, vielleicht dem gelungensten aller seiner Werke: dem Liederhallesaale in Stuttgart, welcher 1875 eingeweiht wurde. Zu dem harmonischen Zusammenspiel der Architekturformen wirken hier die Farben in überaus glücklicher Weise mit; auch inbezug auf die Akustik zählt der Saal zu den best angelegten in ganz Europa.

Neben seinem Hauptamt am Polytechnikum übertrug man dem hochgeschätzten Manne eine ganze Reihe von Nebenämtern; nahezu bei allen Anstalten und Commissionen für Kunst und Alterthumspflege war L. durch seine [627] Kenntnisse und seinen besonnenen Rath hoch verehrtes Mitglied, vielfach wurde er als Preisrichter bei Concurrenzen beigezogen, den württembergischen Staat vertrat er 1867 auf der Pariser Weltausstellung. Als die aus dem Polytechnikum hervorgegangene Kunstgewerbeschule 1886 auf eigene Füße gestellt wurde, war er ihr erster Vorstand. Fast allen Vereinen, die irgendwie mit Kunst zusammenhingen, diente er als Berather und Ausschußmitglied, wiederholt bekleidete er das Amt eines Directors der technischen Hochschule, seine Verdienste gipfelten sich bei Anlaß seines 25-jährigen Lehrerjubiläums am 27. October 1883. Auch litterarisch war er vielfach thätig, so schrieb er für das Jubiläum in Tübingen 1877 sein „Architekturbild der Universitätsstadt Tübingen“ und wurde dafür zum Ehrendoctor ernannt.

Sein Wohnhaus in der Uhlandstraße war eine Stätte traulichen Familienlebens und mancher frohen Feste, die er als Musikfreund und heiterer Gesellschafter reichlich zu würzen verstand. Seine unerschütterliche Gesundheit brach erst 1891, wo er sich eine Erkältung zuzog, von der er sich nie mehr recht erholte, am 25. August 1892 schloß er, umgeben von seiner ganzen zahlreichen Familie, seine Augen auf immer.

Wintterlin, Württ. Künstler, S. 412 ff. – Schwäb. Merkur 1892, S. 2183. – Gewerbeblatt 1895, S. 404.