Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Leenen, Paul“ von Jakob Franck in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 18 (1883), S. 119–121, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Leenen,_Paul&oldid=- (Version vom 22. November 2024, 02:13 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Leeb, Johannes
Nächster>>>
Leeu, Gerhard
Band 18 (1883), S. 119–121 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Kein Wikipedia-Artikel
(Stand September 2010, suchen)
Paul Leenen in Wikidata
GND-Nummer 136590209
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|18|119|121|Leenen, Paul|Jakob Franck|ADB:Leenen, Paul}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=136590209}}    

Leenen: Paul L., deutscher Buchdrucker zu Rom im 15. Jahrhundert. Obgleich die Stadt Lüttich die Kunst Gutenbergs erst 1556, demnach mehr als ein Jahrhundert nach ihrer Entdeckung, erhalten hatte, und sonach anderen niederländischen Städten in der Geschichte der Typographie weit nachstehen muß, so darf sie sich doch rühmen, mehrere verdienstvolle Buchdrucker und Buchhändler erzeugt zu haben, welche bereits im 15. Jahrhundert ihre Kunst oder Thätigkeit in der Fremde ausübten. Zu den letzteren gehörte u. a. Jehan (Johannes) von Lüttich „Marchand libraire à Tours“ um 1492, (Panzer a. a. O. III, 56), zu den ersteren aber L., der von 1474 bis 1476 zu Rom thätig war. Um jedem Zweifel betreffs seiner Nationalität zu begegnen, bezeugt er auf seinen Drucken wiederholt, daß er „Clericus dioecesis Leodiensis“ sei. Da der Name L. offenbar vlämisch ist und die Diöcese Lüttich früher über einen Theil der Gebiete Limburg und Brabant sich erstreckte, so unterliegt es keinem Zweifel, daß seine Heimath eine dieser beiden Provinzen und wahrscheinlich die Stadt Lüttich selbst war, obgleich ihn allerdings Becdelièvre de Hamal in seiner „Biographie [120] liégoise“[WS 1] (Liége 1839) nicht kennt, wie ihn denn auch auffallenderweise F. X. Laire in seiner „Spec. typogr. roman. XV. saec.“ (Romae 1778. 8°.) gar nicht aufführt. Ueber seinen äußeren Lebensgang fehlt jede Nachricht, da er sich aber „Clericus“ nennt, so gehörte er vermuthlich, wie eine große Zahl deutscher und ausländischer Drucker jener Zeit (vgl. d. Art. Lauer: Georg) ursprünglich dem geistlichen Stande an. Wenn es indessen sicher ist, daß damals Geistliche sehr oft mit dem Namen Clerici bezeichnet wurden, so wäre es doch ein Irrthum zu glauben, daß unter diesem Worte jederzeit und unter jeder Bedingung ein Priester verstanden werden müsse. Allerdings beschäftigten sich im 15. Jahrhunderte nachweislich auch viele Geistliche, ja ganze Klöster mit dem Bücherdrucke und es steht beispielsweise von Sixtus Riessinger von Straßburg (vgl. d. Art.) urkundlich fest, daß er 1471–1481 zu Neapel und Rom die Buchdruckerkunst betrieb, vorher Priester war, in hohem Alter in seine Vaterstadt zurückkehrte und als Geistlicher starb. Aber so wie das Wort „Magister“, dessen sich in älteren Zeiten häufig angesehene Buchdrucker bedienten, nicht immer den akademischen Grad sondern nur die „Meisterschaft“ andeuten will, eben so gaben sich die Bezeichnung „Clericus“ (Ducange, Glossar. med. et inf. lat. Par. 1842. II, 394; Roquefort und Santander a. d. a. O.) auch Gelehrte, Schullehrer und Schüler, Rechtskundige, nicht minder auch Rubricatoren, Kalligraphen und Abschreiber oder Kopisten. Und bezüglich unseres Künstlers kann man annehmen, daß gerade er, ehe er Buchdrucker ward, der Classe der Abschreiber angehörte. Denn wie im Mittelalter in gut geordneten Klöstern und Abteien aller anderen Länder (Lacroix, Fourbier et Seré, histoire de l’imprimerie p. 15–16) ein besonderes Scriptorium für die Mönche zum Abschreiben der Codices eingerichtet war, so war gerade im Lütticher Lande (Martène et Durand, Voyage littér. II, 58. 173) die Zahl dieser Copisten sehr beträchtlich, die sich vorzugsweise mit dem Abschreiben der zum religiösen Dienst nothwendigen oder solcher Handschriften beschäftigten, welche ein Bischof Personen von Auszeichnung oder sonst ihm untergebenen Klöstern schenken wollte. Als Buchdrucker begegnen wir L. zuerst im J. 1474, in welchem er seine Pressen zu Rom aufgeschlagen hatte und in Verbindung mit dem Deutschen Johannes Raynard oder Raynardi arbeitete. Das erste Werk, welches sie veröffentlichten, war die „Lectura super quarto Decretalium“ (Gr. Fol.) des berühmten Bologneser Juristen Ant. Butrio, Professors daselbst, zu Ferrara und Florenz; der Druck, ausgegangen den 26. Aug. 1474 hat zum Kolophon: „per Johan | nem reinardi et Paulum leenen clericum | leodiens. …“ Im J. 1475 veröffentlichten sie das Buch des Rechtsgelehrten und Professors an der Universität zu Padua „Bartholomaei Cepollae de servitutibus“, Fol. (wiedergedruckt zu Genf 1759), aber schon 1476 beschlossen beide Drucker ihre kurze gemeinschaftliche Thätigkeit mit der Publicirung der damals in großem Ansehen stehenden lateinischen Grammatik des Nicol. Perotti, Erzbischofs von Sipanto: „Rudimenta grammatices“, Fol. Anlangend den Geschäftsgenossen unseres Reynard (Raynardi, Reinard, Reynhard, auch Raynaldi), so existiren zwar mehrere Drucke aus derselben Zeit, welche dessen Namen allein tragen, allein es ist kaum zu zweifeln, daß auch an diesen L. Theil genommen habe, um so weniger, als wir sehen, daß die Unterschrift des ersten Theiles des erwähnten Druckes „de servitutibus“, den Namen „Reynard“ allein zeigt, während in der des zweiten beide Drucker genannt sind, obgleich beide Theile nur ein einziges Werk bilden. R. hieß, wie er selbst angiebt „von Enyngen Const (antiensis = Constanz); war artt. magister, hatte zuerst zu Trevi im Kirchenstaate 1470 und 1471 gearbeitet, siedelte dann 1473 nach Rom über, wo er zuerst mit den Deutschen Theobald Schenckbecher, dann mit Wendelin de Wila (Weil in Schwaben), endlich mit L. sich verband. Mit ihm [121] darf nicht seines Vornamens wegen, der vielleicht nur auf einem Druckfehler beruht, verwechselt werden der gleichfalls zu Rom arbeitende Raynald de Noviomagio (Nimwegen oder Neumagen, Dorf im Trier’schen), sodann nicht die beiden Straßburger Marcus Reynhardus, Buchdrucker zu Lyon 1477–1482 und Johann Reynardi alias de Greningen = Joh. Grüninger, Bd. X, 53. Bezüglich dieses letzteren (wir schalten diese Notiz als Zusatz zu G. hier ein) hat H. Lempertz in seinen Bilderheften 1862, Tafel 3, als Facsimile’s gegeben: einen Brief des Gr. vom J. 1525 an Wilh. Pirkheimer, facsimilirt von Baum und auf wirklich altes Papier gedruckt; unterhalb des aufgeklebten Briefes derselbe in Typendruck nebst Erläuterungen; ferner ein Druckersignet vom J. 1514 sowie vier Zierleisten aus dem Ptolemäus von 1525, über die der Brief handelt, eine derselben mit Grüninger’s Monogramm. Die Originale befanden sich damals in der Sammlung des Herausgebers der Bilderhefte.

Audiffredi, Catal. editt. saec. XV. p. 165. 216. Panzer, A. t. II, 448. 460. 467. Brunet, Man. III, 679. Roquefort, Dict. de la langue romane, voc. Clerc. De la Serna Santander, Dict. bibl. du XV. siècle I, 117. II, 259. 289. Hain 4176. 4852. 12651. Meersch, Recherches I, 479–492.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Schließendes Anführungszeichen fehlt.