Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Le Maistre, Mattheus“ von Moritz Fürstenau in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 18 (1883), S. 233–234, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Le_Maistre,_Mattheus&oldid=- (Version vom 22. Dezember 2024, 19:56 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Band 18 (1883), S. 233–234 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Mattheus Le Maistre in der Wikipedia
Mattheus Le Maistre in Wikidata
GND-Nummer 12926699X
Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|18|233|234|Le Maistre, Mattheus|Moritz Fürstenau|ADB:Le Maistre, Mattheus}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=12926699X}}    

Le Maistre: Mattheus Le M., bekannter niederländischer Componist und kurfürstlich sächsischer Kapellmeister, wurde wahrscheinlich im ersten Jahrzehnt des 16. Jahrhunderts geboren. Die bisherige Annahme der meisten Biographen des Meisters, auch O. Kade’s in seinem trefflichen Buche über le Maistre (Mainz 1862), daß derselbe Kapellmeister am Dom zu Mailand und Componist der „Battaglia Taliana“ (Venedig 1552) gewesen sei, ist durch Haberl in den „Monatsheften für Musikgeschichte“ (1871, Nr. 12) genügend widerlegt worden. Man verwechselte ihn bisher mit dem zeitgenössischen Componisten Matthias Herrmann Nerrecorensis. Le M. kam 1554 nach Dresden. Die kurfürstlich sächsische Cantorei oder musikalische Kapelle in Dresden hatte seit 1548 unter der Kapellmeisterschaft Johann Walther’s großen Ruf erlangt. Der alternde Meister, dem verschiedene Aenderungen, darunter namentlich die Anstellung italienischer Instrumentalisten und niederländischer Sänger, nicht sympathisch sein mochten und der den eintretenden Wirrnissen, welche durch diese Heranziehung fremdländischer Künstler entstanden, nicht energisch genug zu steuern wußte, hatte um seinen Abschied gebeten und denselben auch unter Bezeigung der allerhöchsten Zufriedenheit mit 60 Gulden jährlicher Pension durch Rescript d. d. Dresden, 7. August 1554 erhalten. Kurfürst August, der nach dem Tode seines Bruders Moritz am 9. Juli 1553 zur Regierung gelangt war, liebte Musik außerordentlich und interessirte sich deshalb lebhaft für die Cantorei. Seine nächste Sorge war, einen neuen tüchtigen Kapellmeister für dieselbe zu gewinnen. Sein Agent in Antwerpen, Christian Haller v. Hallerstein, hatte von ihm den Auftrag erhalten, einen solchen sammt mehreren Sängern in den Niederlanden zu engagiren. Für das Kapellmeisteramt gewann er Le M. Die erste urkundliche Nachricht über den Aufenthalt des Letzteren in Dresden datirt vom 30. October 1554, an welchem Tage er das Notenarchiv der Cantorei übernahm. Le M. bezog in Dresden gegen 240 Gulden jährliche Besoldung, eine für jene Zeit bedeutende Summe. Außerdem erhielt er jährlich „ein Hofkleid“, freien Tisch und hatte im Anfang seiner Amtsführung auch die Cantorei- oder Kapellknaben in Kost und Wohnung. Die niederländischen und italienischen Musiker waren eben damals sehr gesucht und beliebt. Unterm 22. December 1566 richtete Le M. ein Memorial an Kurfürst August, in welchem er bittet, da er sich nun entschlossen [234] habe in Sachsen zu bleiben, ihm wegen überkommener Kränklichkeit und aus Rücksicht auf sein „Weip und Kinder“ mit seiner „Bestallung sampt der Herberge“, in welcher er eine Zeit lang Wohnung gehabt, auf „lebenslangh gnädigst bedencken und versorgen“ zu wollen. Der Meister klagt nämlich über Podagra und erinnert den Kurfürsten daran, daß er einst in Torgau in der Schloßkirche „umbgefallen“ sei. Er gibt ferner zu bedenken, wie er „Vatter und Mutter“ verlassen müssen, um nach Sachsen zu kommen, und wie er sein väterliches Vermögen, welches sich auf einige Hundert Gulden belaufen, verloren habe, da er „der neuen Religion anhängigh worden“. Le M. hatte wie meist sämmtliche Italiener und Niederländer, welche damals in den Dienst protestantischer Fürsten traten, convertirt. Der Meister erklärte sich übrigens vollständig damit einverstanden, „daß die Kapelle mit einem Andern (Kapellmeister) versehen werde“. – Durch Rescript d. d. Dresden, 24. Januar 1567, ward das Ansuchen Le Maistre’s genehmigt; er erhielt eine „Begnadigungs-Verschreibung“ auf die Zeit seines Lebens, worin ihm ein Gehalt von 195 Gulden 7 Groschen 5 Pfennigen incl. Kost, Kleidung und Herberge, zahlbar in vier Quartalen, lebenslang zugesichert wurde. Mittlerweile, jedoch nur so lange, bis ein neuer Kapellmeister angestellt wurde, gestattete ihm der Kurfürst in dem Hause, welches von Hieronimo Altpach auf der Breitegasse für die Kapellknaben gekauft worden war, seinen „Aufenthalt“ zu nehmen. – Der schon damals auch als Componist rühmlichst bekannte Instrumentist der kurfürstlichen Kapelle, Antonius Scandellus, unterstützte nun den alternden Meister im Dienste: er wird in den Acten oft der „zugeordnete Moderator“ desselben genannt. Le M. wurde jedoch immer kränklicher, auch mochte wol das Verhältniß mit Scandellus manche Unzuträglichkeit mit sich führen und nachtheilig auf den Zustand der Cantorei einwirken, weshalb Scandellus durch Rescript d. d. Dresden, 12. Februar 1568, definitiv an Le Maistre’s Stelle zum Kapellmeister ernannt wurde. Letzterer trat durch Rescript vom 24. Juni 1568 unter Belassung seines Gehaltes factisch in den Ruhestand. Le M. führte sein Prädikat fort und scheint in Dresden geblieben zu sein. Noch 1577 nannte er sich auf dem Titel seiner in diesem Jahre herausgekommenen dreistimmigen schönen und auserlesenen deutschen und italienischen geistlichen Lieder „Churfürstl. Gnaden zu Sachsen alter Kapellmeister“. Auch in den Personallisten der Cantorei wird er oft nur „der alte Kapellmeister“ genannt und nach Scandellus aufgeführt. Die letzte urkundliche Nachricht, welche im königlich sächsischen Hauptstaatsarchiv über den Meister zu finden gewesen, datirt vom 22. Januar 1577. Le M. hatte die früher erwähnten dreistimmigen Lieder dem Rathe von Mühlhausen übersendet. Unter obigem Datum gratulirt dieser dem Meister zum neuen Jahre und bedankt sich freundlichst für „gethane Verehrung“ unter Beifügung eines Thalers, mit der Bitte, „solch kleine Verehrung dankbahrlich“ annehmen zu wollen. Im April 1577 wird Le Maistre’s bereits als eines Verstorbenen gedacht. Er hat eine ziemlich große Anzahl kirchlicher und weltlicher Compositionen hinterlassen, theils gedruckt, theils im Manuscript. Ein genaues Verzeichniß derselben enthält Kade’s oben erwähntes Buch (S. 113 ff.). Es befinden sich darunter Motetten, ein acht- und ein vierstimmiges Magnificat, ein Grabgesang, sechs Messen, vier Antiphonen, lateinische geistliche, sowie deutsche geistliche und weltliche Gesänge. Interessant ist des Meisters Katechismus für die Dresdener Kapellknaben, um dieselben zu fleißigen und frommen Andachtsübungen im Hause aufzumuntern, der 1563 in Nürnberg erschien. Nach Kade’s Urtheil steht Le M. als weltlicher Tonsetzer höher denn als geistlicher. Unter seinen leider nicht zahlreichen deutschen weltlichen Liedern finden sich köstliche Perlen.