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Artikel „Lauterburg, Ludwig“ von Emil Blösch in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 18 (1883), S. 78–79, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Lauterburg,_Ludwig&oldid=- (Version vom 23. Dezember 2024, 03:32 Uhr UTC)
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Lauterburg: Ludwig L., wurde am 15. Decbr. 1817 in Bern in der Familie eines Rechtsanwalts geboren. Schwache Gesundheit hielt ihn von den Spielen der Jugend zurück, Neigung zu den Büchern trat dagegen frühe hervor. Geschichte und Geographie zogen ihn besonders an; die Revolution des J. 1830/31, in Folge deren selbst die Schüler nach Parteien sich unterschieden, weckte seinen politischen Sinn. Selbständiger Arbeitstrieb für die Gegenstände seiner Interessen zeichnete ihn mehr aus als Schulfleiß. Zur theologischen Laufbahn bestimmt trat er 1837 in die noch junge Hochschule über, beschäftigte sich indessen auch hier mehr mit seinen Liebhabereien als mit Fachstudien und warf sich, eine treibende Natur, mit leidenschaftlichem Eifer auf Bethätigung in dem schweizerischen Studentenverein der „Zofinger“. Der vaterländischen Geschichte gab er sich mit Begeisterung hin, angeregt namentlich durch Professor Kortüm, dem er dann, als er dem Ruf nach Heidelberg folgte, als Wortführer der Studirenden die Abschiedsrede hielt. Schon als Student war er die Seele einer kleinen Gesellschaft, die sich die Fortsetzung von Haller’s Bibliothek der Schweizergeschichte (vgl. den Artikel: Gottlieb Emanuel Haller) zum Zweck gesetzt hatte. Im J. 1841 wurde er Candidat und diente nun vier Jahre lang als Pfarrvicar in verschiedenen Landgemeinden – Pieterlen, Kirchlindach, Aetigen – auch neben der Amtsthätigkeit, besonders durch Vorträge, Abendunterhaltungen u. dgl., geistiges Leben anregend. Nach einem Aufenthalte in Lausanne, wo er Alexander Vinet und die Historiker Vulliemin und Monnard kennen lernte, übernahm er eine Lehrerstelle im Waisenhause seiner Vaterstadt. Als Mitstifter des „Männer-Zofinger-Vereins“, des „litterarischen Museums“, des „historischen Vereins“, als Mitglied der „Schweizerischen gemeinnützigen Gesellschaft“, des „Vereins für christliche Volkbildung“ und des „Protestantisch-kirchlichen Hülfsvereins für zerstreute Glaubensgenossen“ genügte er seinem rastlosen Thätigkeitstriebe. Bald trat er auch publicistisch auf; und von 1848 an widmete er sich, seinem Amte entsagend, ganz privater Arbeit und öffentlichem Wirken. Eben bereitete eine politische Veränderung sich vor, und als im Frühling 1850 die neu gebildete sog. conservative Partei den Kampf mit der bisherigen Regierung aufnahm und die Mehrheit für sich gewann, da war L. einer ihrer Wortführer, der bei jeder Gelegenheit mit Wort und Schrift die gestürzte Regierung angriff, die Sache der neu eingesetzten verfocht. Er wurde Mitglied [79] des Großen Rathes und Leiter der Parteivereine. Das Aufgeben der strengen Parteiorganisation nach dem ungünstigen Wahlergebnisse von 1854 und die Einsetzung einer aus Männern beider Lager gemischten Regierung, der sog. Fusion, bewog ihn zu unmuthigem Rücktritt vom politischen Leben. Immerhin führte er noch die Redaction des „Berner Boten“, eines von ihm begründeten Blattes, das ihm als Waffe diente „gegen Alles, was er als böse, als gemeinschädlich, als unehrenhaft und unsittlich erkannte“, und das vermöge seiner volksthümlichen Sprache und achtungswerthen Haltung einen bedeutenden Einfluß ausübte. Im November 1857 wurde L. auch Bernischer Vertreter im schweizerischen Nationalrathe; seine Hauptwirksamkeit blieb jedoch auf dem nächstliegenden Gebiete, er war Präsident der städtischen Schulcommission, Mitglied der Schul- und Kirchen-Synode und des Gemeinderathes, vorzüglich blieb er der Mann freiwilliger Vereinsthätigkeit für gemeinnützige und wissenschaftliche Zwecke. Er stand an der Spitze der Sammlung in Bern zur Unterstützung der abgebrannten Ortschaft Glarus (1861), und war Präsident des „historischen Vereins für den Kanton Bern“ und Mitglied des leitenden Ausschusses der „Allgemeinen geschichtforschenden Gesellschaft der Schweiz“. Schon im J. 1852 hatte er das „Berner Taschenbuch“ begründet, dessen 13 von ihm redigirte Jahrgänge eine Fülle lokalhistorischen und vorzüglich biographischen Stoffes enthalten und das noch heute fortgesetzt wird. Er war im Begriffe, mit immer gleicher Energie an die Herausgabe eines Schweizerischen biographischen Lexikons zu gehen; es wäre das Werk seines Lebens geworden; da starb er am 3. Septbr. 1864 an einem Typhusanfall. Unabhängigkeit und Uneigennützigkeit, starkes aber reizbares Gefühl, waren die Haupteigenschaften seines Charakters, der auf ausgesprochen religiösem Grunde ruhte. Sein Grundsatz: „Ein Gleichgültiger in Vertheidigung der Wahrheit ist schädlicher als zehn Angreifer“, zeichnet sein Wesen. – Seine Sammlung von circa 20 000 Broschüren, Flugblättern u. dgl. wurde Eigenthum der Berner Stadtbibliothek.

Vgl. Ludwig Lauterburg, ein Biedermann der Bernischen Neuzeit, biographischer Versuch von A. Dubius, im Berner Taschenbuch von 1865 mit Bildniß. – Nekrologe in den Bernischen Tagesblättern.