Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Kraut, Wilhelm Theodor“ von Johann August Ritter von Eisenhart in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 17 (1883), S. 92–93, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Kraut,_Wilhelm_Theodor&oldid=- (Version vom 20. April 2024, 01:40 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Kraut, Albert Jacob
Nächster>>>
Krautheimer, Martin
Band 17 (1883), S. 92–93 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Wilhelm Theodor Kraut in der Wikipedia
Wilhelm Theodor Kraut in Wikidata
GND-Nummer 116401877
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|17|92|93|Kraut, Wilhelm Theodor|Johann August Ritter von Eisenhart|ADB:Kraut, Wilhelm Theodor}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=116401877}}    

Kraut: Wilhelm Theodor K., Dr. jur., Germanist, geb. am 15. März 1800 zu Lüneburg, † am 1. Januar 1873 in Göttingen. Auf den Gymnasien seiner Vaterstadt und zu Gotha vorbereitet, ging er 1819 nach Göttingen, wo er Hugo, dann von 1820 bis Michaelis 1821 nach Berlin, wo er namentlich Savigny und Eichhorn, die Altmeister der historischen Schule, hörte; die Vorträge des letzteren waren auf Kraut’s Studien von wesentlichem Einfluß. Am 10. August 1822 erwarb er die juristische Doctorwürde und habilitirte sich im October des nämlichen Jahres für deutsches Recht an der Universität Göttingen, [93] an der er volle fünfzig Jahre als öffentlicher Lehrer in hervorragender Weise wirkte; 1825 wurde er Beisitzer des dortigen Spruchcollegiums, 1826 schrieb er die Abhandlung „De argentariis et nummulariis“ (Göttingen), worauf er am 1. Juli 1828 außerordentlicher, am 21. Januar 1836 ordentlicher Professor des deutschen Privatrechtes wurde. Gelegentlich des hannöverschen Verfassungsstreites unter König Ernst August veröffentlichte er 1837 mit fünf anderen Docenten eine Erklärung, worin das Verhalten der bekannten „Göttinger Sieben“ zu rechtfertigen versucht wird, um die denselben drohende Entlassung abzuwenden, welcher Versuch jedoch erfolglos blieb. 1850–53 war er als gewählter Vertreter der Universität Göttingen Mitglied der ersten hannöverschen Kammer und erhielt 1870 den Titel eines geheimen Justizrathes. – Als Mitglied des deutschen Juristentages wohnte er in der Regel dessen Versammlungen bei, ohne sich jedoch an den Verhandlungen unmittelbar zu betheiligen. Sein Hauptwerk führt den Titel: „Die Vormundschaft nach den Grundsätzen des deutschen Rechtes“ (Göttingen 1835–59, 3 Bde.). Im ersten Bande befinden sich Einleitung und Lehre „von der Vormundschaft überhaupt“; der zweite (1847) (nach Inhalt und Umfang bedeutendste) behandelt in geschichtlich-dogmatischer Weise die einzelnen Arten der Vormundschaft, wobei im 3. Capitel die wichtige „Geschlechtsvormundschaft`“ unter gründlicher Berücksichtigung der Statutarrechte besonders eingehend dargestellt ist (S. 266–584); der dritte und letzte Band bespricht die Lehensvormundschaft und die vorwiegend dem Gebiete des Staatsrechtes angehörende Regierungsvormundschaft (S. 111–260). Kraut’s Werk, ein Meisterwerk ersten Ranges, an dem er - allerdings mit Unterbrechungen 24 Jahre arbeitete, ist das beste, welches über das Vormundschaftswesen geschrieben wurde, und hat dem Verfasser einen dauernden Platz in der civilistischen Litteratur errungen. Außerdem veröffentlichte er: „De codicibus Lüneburg. quibus libri jur. Germ. medio aevo scripti continentur“, Göttingen 1830. Dann (zunächst für seine Zuhörer) „Grundriß zu Vorlesungen über das deutsche Privatrecht mit Einschluß des Lehen- und Handelsrechts“, Göttingen 1830, 5. Aufl. Berlin 1872. „Das alte Stadtrecht von Lüneburg“ (dem Geburtsorte Kraut’s), Göttingen 1845. – Endlich besorgte er die 5. Auflage von Wiese’s Handb. des Kirchenrechtes 1826. – K. war ziemlich klein von Gestalt mit feingeschnittenen Gesichtszügen, und ließ nach Wesen wie äußerer Erscheinung unschwer den Mann der Wissenschaft errathen. Mit seltener Rüstigkeit konnte der emsige Gelehrte bis ins hohe Alter nicht nur seiner litterarischen Thätigkeit, sondern auch seinem akademischen Berufe nachgehen. Erst in den letzten Lebensjahren wurde er kränklich und starb in den Weihnachtsferien 1872 an einem rasch entwickelten Nierenleiden.

Gött. Nachr. von der k. Gesellschaft der Wissenschaften, Jahrg 1875, Nr. 10, S. 267. – Priv. Mittheilungen.