Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Konrad von Thüringen“ von Theodor Ilgen in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 16 (1882), S. 625–627, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Konrad_von_Th%C3%BCringen&oldid=- (Version vom 9. Oktober 2024, 04:04 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Band 16 (1882), S. 625–627 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Konrad von Thüringen in der Wikipedia
Konrad von Thüringen in Wikidata
GND-Nummer 137951566
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|16|625|627|Konrad von Thüringen|Theodor Ilgen|ADB:Konrad von Thüringen}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=137951566}}    

Konrad von Thüringen wurde der Berechnung nach um das J. 1204 geboren; † 1240. Sein Vater war Landgraf Hermann I. von Thüringen. Der jüngste unter vier Brüdern, durfte K. dem herrschenden Brauche gemäß kaum erwarten, dermaleinst bedeutenden Einfluß auf die Regierung der ludowingischen Lande auszuüben. Indeß sein ältester Bruder Hermann starb noch vor dem Vater und ein Jahrzehnt nach dessen Tode segnete auch Ludwig mit dem Beinamen der Heilige, der Nachfolger Hermanns I. in der Landgrafenwürde, das Zeitliche, seinen vierjährigen Sohn und Erben Hermann in den Händen seines Bruders Heinrich Raspe, dem er schon für die Zeit seiner Abwesenheit auf dem Kreuzzuge die Landesregierung übertragen hatte, zurücklassend. Neben Heinrich Raspe und in engster Verbindung mit diesem seinem Bruder tritt nun auch K. hervor in einer Weise, die in dem früheren Verhältniß der jüngeren Söhne des ludowingischen Hauses zu dem regierenden Landgrafen manche Analogien findet, aber ebenso gut sehr wesentliche Abweichungen erkennen läßt. Zunächst vereinigte sie und ihre Mutter Sophie, eine Tochter Herzog Otto’s I. von Baiern, die Opposition gegen das asketisch fromme Treiben der Wittwe Ludwig des Heiligen, der Elisabeth von Ungarn, die doch wol im wesentlichen darauf hinausging, diese und ihren jungen Sohn vorläufig in den Hintergrund zu drängen. Heinrich Raspe erscheint seit 1227 fortwährend als der eigentliche Regent in Thüringen, ohne daß es urkundlich jemals zum Ausdruck kommt, daß er nur als Vormund des jungen Hermann die Landgrafschaft innegehabt [626] hat. Und nun führt auch K. seit 1231, nachdem er bereits in den vorausgehenden Jahren häufiger gemeinsam geurkundet hat, den Titel Landgravius Thuringie, vielfach mit dem Zusatz „junior“; und zwar läßt er sich nicht nur in den auf seinen und seines Bruders Befehl ausgefertigten Urkunden so nennen, Kaiser Friedrich II. selbst spricht 1234 von ihm als seinem dilectus princeps … junior langravius. Freilich ist hier die Bezeichnung nach dem Fürstenthume unterdrückt, aber daß K. überhaupt zugleich mit seinem älteren Bruder, der zweifellos als der regierende Fürst galt, den Landgrafentitel führt, daß ihm sogar das Prädikat eines Reichsfürsten ohne weiteres vom Kaiser gegeben wird, steht im Widerspruch mit den in Deutschland bislang giltigen Rechtsnormen. Man hat daran gedacht, dieses eigenthümliche Verhältniß der Brüder durch die Annahme der Gesammtbelehnung der Ludowinger zu erklären. Vielleicht, daß es sich durch die mit ausdrücklicher oder stillschweigender Zustimmung des Kaisers erfolgte Theilung der Erbschaft Ludwig des Heiligen unter dessen Brüder mit einstweiliger Hintansetzung des jungen Hermann von selbst herausbildete. Seit 1231 nämlich ist K. einmal in hervorragender Weise in der Grafschaft Hessen thätig, dann aber wird ihm in zwei Urkunden für das Kloster Walkenried von 1234 ausschließlich der Titel eines Pfalzgrafen von Sachsen beigelegt, den er auch unter demselben Jahr in gleichzeitigen Annalen führt, so daß die Folgerung unabweisbar ist, daß ihm neben der Regierung Hessens auch zugleich die der Pfalz Sachsen anvertraut ist, nicht jedoch ohne daß seinem Bruder eine gewisse Oberherrlichkeit auch über diese Gebiete vorbehalten blieb. – Als Verweser der Grafschaft Hessen wurde K. 1232 wegen verschiedener strittiger Besitzungen in derselben, namentlich des Heiligenberges, mit Erzbischof Siegried von Mainz in eine große Fehde verwickelt, in der die mainzische Stadt Fritzlar von den landgräflichen Kriegern erobert und grausam geplündert wurde. Aber noch in demselben Jahre kam es zwischen K. und Siegfried zum Frieden, dem im Februar 1233 die päpstliche Bestätigung zu Theil ward. 1234 war K. in Italien, um vom Kaiser und Papst die Uebertragung des Franciscushospitals in Marburg an den deutschen Orden und die Bestätigung des Besitzstandes desselben auszuwirken, vielleicht auch um die Heiligsprechung seiner Schwägerin Elisabeth zu betreiben. Nach der Rückkehr von dort im November 1234 trat er in den deutschen Orden, dem er bei dieser Gelegenheit im Einverständniß mit seinem Bruder Heinrich reiche Schenkungen zuwies. 1235 erscheint K. dann noch einmal als Landgraf von Thüringen und übt in Hessen noch gewisse Regierungsrechte aus, aber bereits am 24. August desselben Jahres begegnen wir ihm als „gewesenen Landgrafen“; danach geschieht seiner für die nächsten paar Jahre überhaupt keine Erwähnung, während man doch als gewiß annehmen darf, daß auch er vor allem der feierlichen Erhebung der Gebeine der Landgräfin Elisabeth in Marburg beigewohnt hat; wird er doch als der Gründer der Kirche der Heiligen daselbst angesehen. Die gutbezeugte Nachricht aus dem J. 1238, daß K. für die Zerstörung Fritzlars damals öffentlich Buße gethan hat, legt die Vermuthung nahe, daß er in diesen Jahren hauptsächlich den religiösen Pflichten seines Berufes obgelegen. Aber bald sollte er zu einer einflußreicheren Stellung berufen werden. Am 20. März 1239 war der Hochmeister des deutschen Ordens, Hermann von Salza, gestorben; an seine Stelle wurde wahrscheinlich auf dem Fürstentag zu Eger im Juni 1239 K. gewählt. Und hier wurde ihm nun sofort ein Auftrag ganz im Sinne der Thätigkeit seines berühmten Vorgängers zu Theil. Um den Frieden zwischen dem bereits gebannten Kaiser und dem Papste zu vermitteln, wurde er mit Credenzschreiben der deutschen Fürsten nach Rom an das Oberhaupt der Christenheit abgesandt. Aber es scheint nicht, daß ihm eine erfolgreiche Erledigung [627] seiner Sendung beschieden gewesen ist. Im Juni 1240 begegnen wir ihm nämlich noch in Deutschland, bereits gegen Ende des nächsten Monats ist er zu Rom verstorben. Seine irdischen Ueberreste wurden nach Deutschland zurückgebracht und in der Elisabethenkirche zu Marburg später beigesetzt, wo noch sein Grabdenkmal, das ihn als Erbauer der Kirche bezeichnet, erhalten ist.

Haeutle, Landgraf Hermann I. von Thüringen und seine Familie, in der Zeitschrift für Thür. Gesch., V. 186 ff.