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Artikel „Klußmann, Ernst“ von Gustav Emil Lothholz in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 51 (1906), S. 245–247, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Klussmann,_Ernst&oldid=- (Version vom 18. Dezember 2024, 05:53 Uhr UTC)
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Klußmann: Ernst K. ist einer von den Directoren des Rudolstädter Gymnasiums, die sich durch ihre wissenschaftliche Tüchtigkeit und pädagogische Geschicklichkeit um die Anstalt, an der sie wirkten, große Verdienste erworben haben. In fast allen Gebieten des Gymnasialunterrichts hat K. seine geistige und pädagogische Gewandtheit bethätigt. Mit gutem Erfolge hat er im Griechischen, Lateinischen, Geschichte, im Deutschen und Englischen unterrichtet, er wußte durch die Art seines Unterrichts die Schüler zu fesseln; überall trat die geistige Beweglichkeit des vielseitigen, gelehrten Mannes hervor, nicht, wie [246] leider manche Lehrer haspelte er trocken und gleichgültig das ihm übertragene Pensum des Unterrichts ab, sondern sein reger, lebendiger Geist durchdrang den Bildungsstock und wußte gymnasialen Köpfen die rechte geistige Nahrung zu bieten. Es war eine wahre Herzensfreude mit diesem von seinem Berufe hingenommenen Manne sich zu unterhalten. Ein besonderes Glück für seine pädagogische Ausbildung war es, daß er in den Directoren der Anstalt Christ. Lorenz Sommer und C. W. Müller tüchtige Führer hatte und in den ausgezeichneten Philologen Dr. Rudolf Hercher, Dr. W. Dittenberger und Dr. med. Berthold Sigismund treffliche Amtsgenossen. Einer seiner Nachfolger im Directorenamte Schulrath Dr. Ritter (Progr. Rudolstadt 1895) theilt eine Charakteristik des ausgezeichneten Mannes, die ein Schüler und College Klußmann’s, Professor Krauße, entworfen hat, mit: Auf fast allen Gebieten des Unterrichts bewährte sich Dr. E. Klußmann, ohne jedoch seinen eigentlichen Beruf aus den Augen zu lassen: die Thätigkeit in der Sprache, Geschichte und Literatur des alten Rom, die er von den ältesten Dichtern bis zu den Kirchenvätern mit gleich umfassenden und eindringenden Kenntnissen beherrschte; mit hervorragend pädagogischem Talente verband er eine glänzende Dialektik, geistreich war seine Interpretation der alten Classiker und geschmackvoll waren seine Uebersetzungen, anziehend die öffentlichen Reden, die er zu halten hatte. Das Gymnasium wurde durch ihn nach vielen Richtungen hin neu organisirt und gehoben. Durch Einführung der preußischen Lehrpläne und Anschluß an die preußischen Prüfungsordnungen brachte er seine Anstalt auf eine gleiche Stufe mit den Gymnasien des größten Staates. Seinen wissenschaftlichen Sinn bethätigte K. auch, nachdem er sein Amt niedergelegt hatte, indem er auch in seinem otium cum dignitate rastlos thätig war; ein wie angenehmer Gesellschafter der Verewigte war, hat der Unterzeichnete mit Anderen öfter erfahren. Jahn’s Jahrbücher, der Philologus, das Rheinische Museum, Meyer’s Conversationslexikon, die Zeitschrift für wissenschaftliche Theologie und Programme weisen wichtige Beiträge von Dr. E. Klußmann auf. Im J. 1843 erschien: „Cn. Naevii poetae romani vitam descripsit reliquias collegit poesis rationem exposuit Ern. Klussmann“ (Jenae); Livii Andronici dramatum reliquiae. Rec. atque in ordinem digessit E. Kl. Pars prior“ (Progr. Rudolstadt 1849); „Des P. Ovidius Festkalender im Versmaß des Originals verdeutscht“ (Stuttg. 1859); „C. Plinius Caecilius Secundus’ Briefe. Uebers. von E. Kl.“ (Stuttg. 1869); „Q. Septimii Florentis Tertulliani libellus de Spectaculis recensuit, adnotationes criticas novas addidit E. Klussmann“ (Rudolphopoli 1876).

Das Leben des ausgezeichneten Gelehrten verlief schlicht und einfach: K. wurde geboren am 26. Juni 1820 zu Bramsche bei Osnabrück, besuchte das ev. Staatsgymnasium zu Osnabrück, das unter der Leitung Fortlage’s stand und an dem seit 1815 Bernhard Rudolf Abeken, nachdem er aus Rudolstadt in seine Vaterstadt als zweiter Lehrer berufen worden war, wirkte und auf den begabten Schüler K. einen großen Einfluß hatte. Mit einem Abgangszeugniß erster Classe verließ er das Gymnasium. Schon auf der Schule hatte K. mit ausgezeichnetem Eifer und gutem Erfolge philologische Studien getrieben. Da O. Müller im August 1839 seine griechische Reise, von der er nicht wieder heimkehren sollte, angetreten hatte, bezog er, wahrscheinlich durch Abeken veranlaßt, die Universität Jena, und nicht Göttingen. In Jena hat er sich als Student der Philologie und Theologie immatriculiren lassen. Theologische Vorlesungen hörte er bei Karl Hase, Hoffmann, Kimmel, philologische bei Eichstaedt, Hand, Goettling, Weißenborn, geschichtliche bei H. Luden, bei O. L. B. Wolf italienische und englische, bei Brockhaus Sanskrit, er war [247] ein fleißiges Mitglied des philologischen Seminars. Im J. 1842 besuchte er die Berliner Universität und nahm hier vor allem an August Böckh’s und Karl Lachmann’s und auch an den Uebungen des philologischen Seminars theil. Nach Abschluß seiner akademischen Studien kehrte K. nach Jena mit der Absicht zurück an der thüringischen Hochschule sich als Docent zu habilitiren. Hier gewann er durch eine Abhandlung: „Cn. Naevii poetae romani vitam descripsit carminum reliquias collegit poesis rationem exposuit E. Klussmann“ (Jenae 1843) die philologische Preisaufgabe. Durch äußere Verhältnisse bestimmt, gab er den Plan auf, sich an der Universität Jena zu habilitiren und folgte am 1. Juli 1844 einem Rufe an das Gymnasium in Rudolstadt, wurde am 28. November 1846 zum Professor, am 18. Mai 1874 zum Director des Gymnasiums und 1884 zum Schulrath ernannt. Bei seinem Rücktritt aus seiner amtlichen Thätigkeit (Ostern 1891) erhielt er den Titel eines Geheimen Schulrathes. Fast ein halbes Jahrhundert hat er segensreich im Verein mit wissenschaftlich tüchtigen Amtsgenossen zuerst als Lehrer und seit 1873 als Director an dem Gymnasium, mit dem er durch seine erfolgreiche, geistvolle, weitreichende Thätigkeit verwachsen war, gewirkt. Am 27. Juni 1894 wurde er 74 Jahre alt dem Kreise seiner Familie und seinen Freunden, die den hochgebildeten, vielseitigen Gelehrten hochschätzten, durch den Tod entrissen. Die vielen Schüler, die er durch seine gründliche Unterrichtsweise gefördert hat, bewahren ihm ein treues Gedenken. Schließlich erwähne ich noch den verdienstvollen Artikel über das schwarzburg-rudolstädtische Schulwesen in der zweiten Auflage der von dem Curator der Universität Halle W. Schrader herausgegebenen Schmid’schen pädagogischen Encyklopädie.

In dem Programm des Gymnasiums von Rudolstadt 1895, S. 15 flg. hat Schulrath Dr. Julius Ritter das Leben des ausgezeichneten Gelehrten erzählt und seine zahlreichen Abhandlungen und Schriften aufgezählt. – Vgl. Fr. Kohlrausch, Erinnerungen a. m. Leben. Hannover 1863, S. 274.