ADB:Kleinmichel, Friedrich Julius

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Artikel „Kleinmichel, Fr. Julius“ von Hyacinth Holland in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 51 (1906), S. 189–190, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Kleinmichel,_Friedrich_Julius&oldid=- (Version vom 28. März 2024, 21:57 Uhr UTC)
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Kleinmichel: Fr. Julius K., Genremaler, geboren am 5. März 1846, Sohn eines Oberförsters in Rodzonne bei Graudenz, † am 12. August 1892 zu München. Frühe verwaist kam K. zu Verwandten nach Königsberg, die ihn zum Techniker zu bilden und später zu adoptiren gedachten, um ihr Geschäft weiter zu führen. Doch die großen materiellen Vortheile dieses Anerbietens reizten den Jüngling nicht, der lieber, oft bis spät in der Nacht, über seinen Zeichnungen saß und nichts sehnlicher wünschte als die Künstlerlaufbahn zu betreten. So kam er endlich in die Kunstschule zu Karl Ludwig Rosenfelder; 1870 brachte er sein erstes humoristisches Bild mit dem „Vom Großvater auf den Enkel“ vererbten Frack zur Ausstellung, welches freundlich aufgenommen weiter ermunterte, weshalb K. nach dem Tode seiner Pflegeltern 1871 nach Berlin ging. Während einer Studienreise nach Rügen, wo er damals schon sehr hübsche Motive einheimste z. B. die Scene „Vor dem Pfarrhause“ (in Nr. 16, Bazar vom 22. April 1872) und der „Sonntag-Nachmittag“ (ebendas. Nr. 34 vom 29. September 1872) kam er mit Salzmann und Joh. Arthur Severin Nikutowski in Fühlung, die ihn nach dem fröhlichen Düsseldorf einluden, wo K. seine „Fischer-Scenen“, die „Konfirmandinnen vor der Kirche“ und andere Stoffe verarbeitete, darunter auch der eine Vogelscheuche plündernde „Vagabund“ (Allgem. Frauen-Ztg. 1873, S. 44), die ihm neue Bestellungen einbrachten. Inzwischen hemmte die erfreuliche Thätigkeit des Künstlers ein hartnäckiges Fußleiden, die Folgen eines unglücklichen Sturzes aus seiner Knabenzeit; vier Jahre war er gezwungen, auf dem Krankenlager zuzubringen. In dieser Zeit bethätigte sich K. als Illustrator für verschiedene [190] Zeitschriften, darunter auch das „Daheim“ in Leipzig, welches ihm 1878 eines Stelle als artistischer Leiter übertrug. Hier vermählte er sich mit Selma Dunsky aus Tiflis und gewann die Freundschaft des Dichters und Jugendschriftstellers Jul. Lohmeyer (1835–1903), dessen Schriften, darunter die Zeitschrift „Deutsche Jugend“ K. mit den reizendsten Illustrationen zierte. Damit hatte K. in das ihm ganz zuständige Bereich eingelenkt, auf welchem er die von Ludwig Richter gebahnten Wege, im Wetteifer mit Oskar Pletsch u. A. weiter beschritt. Auch der Einfluß von Kate Greenaway’s englischen Kinderbüchern machte sich fühlbar. Während Oskar Pletsch die Eltern eroberte, gewann K. die Freundschaft der Kinder, obwol diese meist keine vorwiegende Neigung kundgeben, sich selbst und ihr Thun und Treiben abconterfeit zu sehen. Ihr Leben in Freud und Leid, in Spiel und Ernst darzustellen war seine besondere, ihn und die Beschauenden gleichmäßig beglückende Gabe. Das unbewußte Dichten, Treiben und Trachten der Kleinen im Winkel und Gäßchen, auf Feld und Flur, im Wohnhaus und am Seegestade nachzubilden und treffend, packend, humorvoll festzuhalten, war seine besondere Domäne. Damit verband K. eine an Paul Thumann erinnernde vornehme Decenz, ein Maßhalten in der Charakterisirung, eine ungesuchte Frische und Lebendigkeit der Auffassung, die in knappster Form den Meister verrieth. Mit Victor Blüthgen’s Versen ausgestattet erschien das Buch „Im Flügelkleide“ (bei Theo. Ströfer in München), welchem alsbald der „Kinderhumor“ und mit Texten von Helene Binder und E. Biller weitere Bilderbücher folgten, welche in mehrfachen Uebersetzungen auch den Weg ins Ausland fanden. Zu den anmuthendsten Erzeugnissen Kleinmichel’s zählt das Buch „Aus der Jugendzeit“ (Leipzig bei E. Twietmeyer) mit Gedichten von Franz Dittmar, dann „Für kleine Leute“ (München bei Fr. Bassermann) und das wechselreiche „Die Welt vom Fenster aus“ (Breslau bei Wiskott) mit Versen von Joh. Trojan, die „Kinderwelt“, „Mein Vaterhaus“, „Schnurrige Kerle“ u. s. w. Seit 1882 in München wendete er sich neuerdings der Malerei zu und brachte sehr anziehende Bildchen in den Kunstverein und die großen Ausstellungen im Glaspalast: ein Kinderfest im Walde, den „Eifrigen Botaniker“ (1884), den „Schwierigen Anfang“ im Schreibunterricht (1887), die Gratulation zum Geburtsfeste der Großmutter (Nr. 27 der Gartenlaube 1889), die „Unfolgsame Patientin“, das „Plaudertäschchen“ (1888), den heiteren „Nimmersatt“ (1891), den „Wichtigen Brief“ (1892). Die fleißige Arbeit unterbrachen sommerliche Studienreisen in die ostpreußische Heimath, nach Rügen, Tirol und Capri, wo er überall reiche Stoffe für künftige Bilder einheimste. Doch litt seine körperliche Kraft unter einer schleichenden Krankheit. In Bozen streifte ihn ein leichter Schlaganfall. Kaum leidlich hergestellt, machte eine heftige Bronchitis zu München dem schönen Schaffen ein jähes Ende.

Vgl. den Nachruf in Nr. 17 „Anzeiger der Münchener Künstler-Genossenschaft“, 24. Aug. 1892 (nach einem früheren Artikel in R. Bong’s „Moderne Kunst“). – Nekrolog im Münchn. Kunstvereinsbericht f. 1892, S. 71 ff. – Fr. v. Bötticher, 1895. I, 693. – Singer, 1896. II, 348.