ADB:Kinsky, Wenzel Norbert Octavian Graf

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Artikel „Kinsky, Graf Wenzel Norbert Octavian“ von Ludwig Schlesinger in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 15 (1882), S. 775, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Kinsky,_Wenzel_Norbert_Octavian_Graf&oldid=- (Version vom 21. November 2024, 19:35 Uhr UTC)
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Kinsky: Graf Wenzel Norbert Octavian K., geb. am 1. April 1642, † am 3. Januar 1719, der jüngere Bruder des Grafen Franz Ulrich, betrat wie dieser und gefördert von demselben die Beamtenlaufbahn in Böhmen, wurde 1688 Appellationspräsident und Statthalter in diesem Lande, 1696 Oberstlandrichter und 1701 Oberstlandkämmerer. Kaiser Leopold I., welcher den fähigen Beamten bereits 1689 zum wirklichen Geheim- und Conferenzrath ernannt hatte, berief ihn 1704 als Substituten des kränklichen Oberkanzlers Grafen Wrbna nach Wien, und Kaiser Josef verlieh ihm nach dem Tode Wrbna’s 1705 dessen Posten in Wirklichkeit. Als Mitglied des Conferenzrathes schloß sich K. jener Gruppe von Männern an, welche den Bestrebungen des Prinzen Eugen entgegenzuwirken suchten. Als Kaiser Josef im J. 1709 den Conferenzrath in einen engeren und weiteren zerlegte, fand K. nur im letzteren Platz, während Prinz Eugen mit seinen Anhängern den weitaus einflußreicheren engeren Conferenzrath beherrschte. Im J. 1708, in welchem der Kaiser die Aufnahme der Krone Böhmen in das Kurcollegium durchgesetzt hatte, wurde K. die Ehre zu Theil, als Vertreter der böhmischen Kur den dritten Platz im Kurfürstenrathe einzunehmen. Obwol von Kaiser Karl VI. bei dessen Regierungsantritt in der Oberstkanzlerwürde bestätigt (1711), legte er dieses Amt doch noch im selben Jahre nieder, da mit der Ernennung des Grafen Wrtby zum Oberstburggrafen von Böhmen sein leitender Einfluß auf die Verhältnisse dieses Landes, in welchem er besonders für die Hebung des Handels, der Gewerbe und Industrie nicht unbedeutende Verdienste sich erworben, aufhörte. In den letzten Jahren seines Lebens widmete sich K. zumeist seinen Familienangelegenheiten. Er ist der Stifter des Kinsky’schen Majorats und hinterließ neben demselben noch eine Anzahl werthvoller Allodgüter. Aus zwei Ehen mit Anna Franziska Gräfin Martinitz und Maria Anna Theresia Gräfin Nesselrode entsprossen ihm 16 Kinder. Nachfolger im Fideicommiß wurde der drittgeborene Sohn aus erster Ehe Franz Ferdinand.

Arneth, Prinz Eugen und seine Zeit. Folkmann, Die gefürstete Linie des uralten edlen Geschlechtes Kinsky, Prag 1861.