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Artikel „Kiel, Tobias“ von Albert Schumann in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 15 (1882), S. 713–714, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Kiel,_Tobias&oldid=- (Version vom 1. Dezember 2024, 04:12 Uhr UTC)
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Kiel: Tobias K., Verfasser von Kirchenliedern und eines geistlichen Schauspiels, wurde den 29. October 1584 zu Ballstedt im Herzogthum Gotha geboren, wo sein Vater Georg K. zuerst als „Schuldiener“ (Lehrer) und seit 1580 als Pfarrer wirkte. Nach dem Besuche des gothaischen Gymnasiums, welchem damals der verdiente Rector Andreas Wilke vorstand, und nach Vollendung seiner Studien in Jena erhielt er 1606 die Stelle eines Schuldieners in seinem Geburtsorte. Am 24. Juli 1613 als Pfarrer nach dem benachbarten Eschenbergen versetzt, verblieb er hier bis 1627. In diesem Jahre wurde er zu dem gleichen Amte in Ballstedt berufen, starb aber bereits sechs Tage nach seinem Umzuge, vermuthlich an einer ansteckenden Seuche, und gleichzeitig mit ihm schieden auch seine Gattin und vier seiner Kinder aus dem Leben. – K. hatte sich schon während seiner Studienjahre mit Poesie beschäftigt. Die Sitte der Ballstedter Dorfgenossen, hin und wieder „christliche Komödien“ öffentlich aufzuführen, regte ihn daher zur Abfassung derartiger Schauspiele an. Zwar blieben ein „Joseph“, eine „Esther“, eine „Rebekka“ ungedruckt; dagegen erschien 1620 bei Tobias Fritzsch in Erfurt: „Davidis Aerumnosum Exilium et gloriosum Effugium. Die beschwerliche Flucht vnd herliche Außflucht … Davids, Wie er vom Könige Saul verfolgt, glücklichen entgangen, vnd an dessen stadt zum Königreich mit Ehren erhaben worden.“ Das in deutschen gezählten Reimpaaren verfaßte Stück war schon in Ballstedt aufgeführt worden. Dem David legt der Verfasser Psalmenworte in den Mund; den groben Nabal läßt er in bäurischem Dialect sprechen. Man ersieht aus dem Stück übrigens nur, daß sich die alte geistlose Manier der biblischen Dramen sammt der naiven alten Bühneneinrichtung noch zu einer Zeit erhielt, wo das deutsche Schauspiel sich sonst längst zu einer höheren Stufe erhoben hatte. Bekannter als durch dieses Schauspiel ist K. durch mehrere Kirchenlieder geworden, welche dessen Amtsgenosse Michael Altenburg (s. d. Art.) in seinen „Kirchen- und Hausgesängen“ (Erfurt 1620–21) mit Melodien herausgegeben hat. Es sind die folgenden, seitdem in verschiedene Gesangbücher übergegangenen: „Ach, mein herzliebes Jesulein“ (Weihnachtslied), „Herr Gott, nun schleuß den Himmel auf“ (Sterbelied) und „Macht auf die Thor der Gerechtigkeit“ (Osterlied). Etwa 60 geistliche Lieder Kiel’s nebst solchen von Cyriacus Schneegaß u. A. gedachte der Waltershäuser Bürgermeister Joh. Georg Junker um das Jahr 1721 herauszugeben; doch ist dieser Plan nicht zur Ausführung gekommen. Endlich rührt von K. noch ein Tractat in vier Sprachen her, welchen der obengenannte Rector Wilke mit einer Vorrede begleitet hat: „Stellulae, hoc est Sanctae Scripturae Dicta“ (Wittenberg 1609).

[714] (J. G. Brückner), Kirchen- u. Schulenstaat im Herzogthum Gotha, 2. Thl., 12. Stück, Gotha 1760, S. 13–14 u. 15; 3. Thl., 8. Stück (1761), S. 12–13. – J. H. Gelbke, Kirchen- u. Schulenverfassung des Herzogthums Gotha, 2. Thl., 1. Bd., Gotha 1796, S. 110 u. 135. – E. E. Koch, Geschichte des Kirchenlieds u. Kirchengesangs, 1. Hauptthl., 2. Bd., 3. Aufl., Stuttg. 1867, S. 268–270. – C. Kehr, Der christl. Religions-Unterricht in der Volksschule, 2. Bd., 2. Aufl., Gotha 1870, S. 358. – A. Fr. W. Fischer, Kirchenlieder-Lexicon, Gotha 1878–79, 1. Hälfte, S. XXVIIb u. 21a, 264b–265a; 2. Hälfte, S. 44ab.