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Artikel „Keferstein, Adolph“ von Christian Moritz Rühlmann in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 15 (1882), S. 520–522, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Keferstein,_Adolph&oldid=- (Version vom 23. Dezember 2024, 19:15 Uhr UTC)
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Keferstein: Adolph K., geb. am 4. Aug. 1773 zu Kröllwitz bei Halle a. S., † den 12. August 1853 zu Weida im Großherzogthum Weimar, Kreis Neustadt, war ein Sohn des Papierfabrikanten Georg Christoph K. (auch Käferstein genannt) zu Kröllwitz, der seiner Zeit als einer der ersten (guten) Schriftsteller im Papiermachergewerbe bezeichnet werden konnte. Ein Verzeichniß seiner gedruckten Arbeiten (1766–1795) liefert Poggendorff im biographisch-litterarischen Wörterbuche Bd. I S. 1234. K. gehört zu den deutschen Männern, welche sich um die Erfindung der Maschinen zur Fabrikation des Papieres von beliebiger Länge, oder des Papieres ohne Ende, ein wesentliches Verdienst erwarben. In letzterer Beziehung, den technischen Theil der Papierfabrikation betreffend, werden folgende einleitende Bemerkungen nicht überflüssig sein. Bekanntlich gibt es gegenwärtig zwei Klassen von Maschinen zur Fabrikation endlosen Papieres. Erstens solche mit ebener, horizontal ausgespannter, geradlinig fortschreitender Form aus Drahtgewebe gebildet, worauf sich das gehörig zubereitete Papierzeug lagert, wobei man die Form in der Querrichtung hin und her schüttelt und daher auch das ganze Werk „Schüttelmaschine“ nennt. Zweitens Maschinen, wobei die erwähnte Drahtform den Mantel eines Kreiscylinders bildet, die Formwalze genannt, welche auf einer horizontal gelagerten Welle befestigt ist und die beim Arbeiten in continuirlicher Drehbewegung erhalten wird. Man hat dieser Klasse den Namen Cylindermaschinen gegeben. Die Schüttelmaschine, zugleich die ältere, wurde bereits im vorigen Jahrhundert (1796?) von einem Franzosen, Namens Robert zu Essonnes bei Corbeil (unweit Paris) erfunden und am 18. Januar 1799 in Frankreich patentirt, auch Robert von der französischen Regierung durch eine Belohnung von 8000 Franken ausgezeichnet und aufgemuntert. Indeß trat Robert 1800 sein Patent an Didot, den Chef der Essonner Papierfabrik, ab, der die Maschine in England zuerst ausführen ließ. Zur vollständigen Befriedigung gelangte die Robert’sche Maschine jedoch erst im gegenwärtigen Jahrhunderte, von 1801–1807 durch die Bemühungen des englischen Mechanikers Donkin, des französischen Papierfabrikanten Fourdinier u. m. A. Keferstein’s Bemühungen richteten sich auf die Herstellung einer Cylindermaschine, mit der er (nach der Allgemeinen Handelszeitung, Jahrgang 1820, S. 745) bereits zu Anfange des Jahres 1816 so weit im Reinen war, daß er Detailzeichnungen einer Papierverfertigungsmaschine entwerfen und bald darauf (im April 1819) wirkliche Papierbogen von 60 Ellen Länge erzeugen konnte. Mit Vorstehendem stimmen auch die Angaben überein, welche dem Referenten der erfahrene Chef des Centralbureau’s der deutschen Papierfabrikation, Herr Dr. Rudel in Dresden, unter’m 12. April 1882 gütigst machte und die wörtlich folgendermaßen lauten: „Angeregt durch die Robert’sche Idee hatte sich am Anfange des zweiten Decenniums dieses Jahrhunderts Adolf Keferstein mit der Zusammenstellung einer mechanischen Vorrichtung zur Verfertigung des Tapetenpapieres beschäftigt, welches Papier vornehmlich Veranlassung zur Herstellung des sogenannten „Endlosen“ gegeben hatte. In der That vermochte die Handarbeit nur Bogen von etwa 40 Zoll Länge anzufertigen, während für Tapeten größere Längen, mindestens gleich der Zimmerhöhe, immer mehr Bedürfniß wurden. Ende 1815, nach mehrjährigem Dichten, Trachten und Kummer, hatte K. seine Construction so weit vollendet, [521] daß er eine sauber ausgeführte Zeichnung im Frühjahr 1816 dem Großherzoge Karl August von Sachsen-Weimar vorlegen wollte. Da aber dieser hohe Herr verreist war, so blieb die Angelegenheit (Geldunterstützungen zur Ausführung einer seiner Maschinen zu erlangen) liegen. Als bald darauf (im Herbst 1816) der Großherzog auf einer Reise in die Umgegend von Weida unseren K. besuchte, erhielt er als Zeichen Allerhöchster Anerkennung ein Geschenk von 10 Ducaten, welches sich jedoch speciell als Anerkennung auf eine von K. construirte Brücke ohne Joch und auf eine neue Art Floßrechen, nicht aber auf die sinnreiche, von ihm erdachte Papiermaschine bezog. Da auch nachher von der Landesregierung keine Unterstützung zu erlangen war, und der langjährige napoleonische Krieg namentlich den Bewohnern Sachsens und Thüringens schwere Verluste in ihrer Gewerbthätigkeit gebracht hatte, endlich der Vermögensstand unseres K. sich immer mehr verringerte, so wandte er sich in seiner verzweifelten Lage nach Berlin, an die Oeffentlichkeit, um auf diesem Wege sich zu retten. In der desfallsigen Ansprache (Berliner Zeitung vom 29. Juli 1820) trägt er hauptsächlich Folgendes vor: „Ich fertigte bereits im April 1819 auf meiner neuen Maschine Papier von 60 Ellen Länge und übergab unterm 26. April desselben Jahres Sr. Königl. Hoheit in Weimar die ersten Proben davon, erhielt jedoch darauf unterm 21. März 1820 von der hochlöblichen großherzoglichen Landesdirection zur Resolution, „daß ich auf eine Unterstützung für meine Tapeten- und Landkarten-Papierfabrikation nicht rechnen könne“ (die 1816 eingereichten Zeichnungen gelangten erst 1820 wieder in den Besitz Keferstein’s).“ „Da ich nun nicht die nöthigen Kosten aufbringen kann, um die Walzen und Cylinder von Metall, sowie die zur Leitung der Dämpfe nöthigen Röhren von gleicher Masse anzuschaffen, so kann ich meine Erfindung nicht im Großen betreiben, bin aber bereit, solche gegen eine billige Entschädigung demjenigen mitzutheilen, der sich deshalb an mich wendet.“ Es meldete sich aber Niemand. Zur Vervollständigung von Keferstein’s Unglück hatte inzwischen (1818) der Engländer Corty in Berlin nicht nur ein 15jähriges preußisches Patent auf alleinige Anfertigung von Maschinen zur Fabrikation sogenannten endlosen Papieres erhalten, sondern es wurde auch bereits 1819 (oder 1820) die erste derartige von Donkin ausgeführte Schüttelmaschine, für Rechnung einer Actiengesellschaft, in Berlin aufgestellt und in Betrieb gesetzt. Leider war damit auch der Keferstein’schen Cylindermaschine der Todesstoß versetzt, obwol dieselbe auf ganz anderen Prinzipien beruhte als die Schüttelmaschine des genannten Engländers. Bis 1833 war es unmöglich gemacht eine Keferstein’sche Cylindermaschine in Anwendung zu bringen. Merkwürdiger Weise ist von der Keferstein’schen Maschine keine ausführliche Beschreibung, namentlich aber keine Abbildung ins Publikum gekommen. Allein die bereits vorher citirte Nürnberger Allgemeine Handelszeitung (1820, S. 745) gibt darüber Folgendes: „Die Maschine des Herrn K. hat das Eigene, daß sie das Trocknen des erzeugten Papiers durch hohle metallene Walzen bewirkt, welchen mittelst Wasserdampf ein bedeutender Grad von Wärme mitgetheilt wird. Uebrigens sind dabei zwei Fässer erforderlich, in welchen die auf gewöhnliche Art zubereitete Papiermasse erwärmt und mit Wasser durchgerührt wird. Aus einem dieser Fässer fließt die Papiermasse in einer breiten beweglichen Rinne nach dem Formrade (der Formwalze); auf dieser wird sie zum Papiere gebildet und geht in der Gestalt eines zusammenhängenden zeugartigen Stoffes (einer Art dünnen Felles oder als zusammenhängende Haut) auf einen mit Tuch (oder Filz) bekleideten großen Cylinder über (der beiläufig gesagt mit einem gewissen Theil seines Umfanges in die Zeugbütte taucht und an welchen sich der feingemahlene Papierstoff anhängt. Bei der ebenen Form der Schüttelmaschine wird das Gangzeug durch Ueberlaufen, eine [522] Art Ausgießen, aufgebracht). Vom genannten Cylinder (der Formwalze) wird das Papierfell von darunter befindlichen Walzen abgenommen, zwischen welchen das Fabrikat zugleich hinlängliche Pressung erhält, worauf es endlich einem zum Aufwickeln bestimmten Haspel zugeführt wird. Oft stellt man die Behauptung auf, daß K. die Idee seiner Cylindermaschine dem Engländer Bramah entlehnt habe, der sich bereits 1805 eine zur Papierfabrikation bestimmte derartige Maschine patentiren ließ. Allein nach sachverständigem Urtheile (Karmarsch, Jahrb. des polytechn. Instituts in Wien, Bd. V, 1824, S. 341 und dessen Geschichte der mech. Technologie, S. 753) war Bramah’s Entwurf so unvollkommen, daß der nicht eingetretene Fall der praktischen Ausführung seine Unzulänglichkeit sogleich gezeigt haben würde. Unstreitig war K. nicht nur der erste, welcher auf seiner Cylindermaschine wirklich Papier fabricirte, sondern ganz zweifellos der allererste, der das Papier gleich auf der Papiermaschine selbst, mit Hülfe von durch Dampf erwärmten Cylindern getrocknet darstellte. Durch die besondere Güte des gegenwärtigen Bürgermeisters der Stadt Weida, Herrn Heller, gingen dem Referenten noch folgende Mittheilungen über K. zu: Im J. 1800 zog K. nach Weida und übernahm die Papiermühle daselbst, die er auch eigenthümlich bis zum Jahre 1838 besaß. Er war rastlos thätig, nicht nur als Papiermacher, sondern auch im Baue und Construiren von Maschinen aller Art. Außer der Cylinder-Papiermaschine erfand er eine Tuchscheermaschine und eine Spinnmaschine, die beide noch heute im Gebrauche sind. Längere Zeit hindurch hat er Versuche zur Herstellung einer Flugmaschine gemacht, auch eine complicirte Art dieser Maschinengattung fertig gestellt, die jedoch ihrem Zwecke nicht entsprach. K. besaß das Vertrauen des hochseligen Großherzogs Karl August in vollem Maße, der ihn bei mehreren größeren Anlagen zu Rathe zog, unter Anderem in Weimar Wasserwerke nach seinen Plänen und Angaben bauen ließ. Auch soll er dem Großherzoge eine Sonnenuhr mit Schlagwerk zum Geschenke gemacht haben. Einen Ruf nach Rußland schlug er aus. K. war verheirathet, hatte fünf Kinder, von denen heute noch eine Tochter (Wittwe des Tertius Reichardt) und ein Sohn, Hermann K. (ohne Geschäft), leben und in Weida wohnen. Von Herrn Dr. Rudel in Dresden erhielt ich endlich noch die Notiz, daß die Sage ginge, es habe Robert, ehe er in Essonnes Werkführer wurde, auf seinen Reisen durch Deutschland und Holland bei dem alten Georg Christoph K. in dessen Papiermühle zu Kröllwitz bei Halle in Arbeit gestanden und zwar in der Zeit von 1796–1797.