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Artikel „Kürnberger, Ferdinand“ von Anton Schlossar in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 17 (1883), S. 412–416, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:K%C3%BCrnberger,_Ferdinand&oldid=- (Version vom 26. Dezember 2024, 05:58 Uhr UTC)
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Kürnberger: Ferdinand K., Schriftsteller, wurde am 3. Juli 1823 in Wien geboren. Seine Familie stammte aus dem Breisgau und Kürnberger’s Vater war unter kümmerlichen Verhältnissen nach Oesterreich eingewandert, derselbe soll adelich gewesen sein. K. wuchs in Wien auf und erhielt trotz der bescheidenen Lage der Eltern eine gute Erziehung, auch zeigte er schon in der Jugend treffliche geistige Anlagen. Auf der Universität betrieb er die philosophischen Studien, wobei er seine Existenz zumeist durch Ertheilen von Unterrichtsstunden fristen mußte. Kaum 20 Jahre alt trat er mit den ersten schriftstellerischen Arbeiten hervor, die er in damaligen Wiener Zeitschriften, insbesondere in Frankl’s Sonntagsblättern veröffentlichte, freilich ohne anfangs besondere Aufmerksamkeit zu erregen. Im J. 1848 war er an den Bewegungen in Wien, und als er sich von dort nach Dresden geflüchtet hatte, auch an der Bewegung in der genannten Stadt betheiligt, so daß er in der letzteren Stadt sogar neun Monate in Untersuchungshaft verbrachte, schließlich aber doch freigelassen wurde. Von Wien aus verfolgte man K. „in den Jahren der schlimmsten Reaction steckbrieflich, beschrieb ihn als ‚Vaganten‘ und ‚Herumtreiber‘ und forderte ihn amtlich auf, in die Heimath zurückzukehren“. Selbstverständlich blieb er außerhalb der Grenzen Oesterreichs. Er begab sich zuerst nach Hamburg und längst schon entschlossen, dem litterarischen Berufe, welchem er sich gewidmet, treu zu bleiben, arbeitete er auch dort weiter und entwarf insbesondere seinen „Amerikamüden“, den er in der Folge noch mehrfach umarbeitete. Viele seiner Gefährten, verfolgt und geächtet, waren zu jener Zeit über Hamburg ausgewandert und hierdurch mag er wol auch die erste Anregung zu seinem Romane erhalten haben, er selbst hat die „Neue Welt“ niemals betreten. Später finden wir K. in Frankfurt a. M., erst im J. 1857 gelang es ihm nach mancherlei Schwierigkeiten, wieder nach Wien zu kommen und dort seinen Aufenthalt nehmen zu dürfen. Aber die unruhige Hast, welche in Bezug auf seinen Aufenthaltsort ihn diesen vielfach wechseln ließ, trieb ihn wieder weiter, er begab sich 1860 nach München, 1861 nach Stuttgart, 1862 nach Koburg und wohnte 1863 bei seinem Freunde Engländer, in einer Gegend, in welcher er seine herrliche novellistisch-psychologische Studie „Die Last des Schweigens“ spielen läßt. Auch entstand dort das gewaltige Drama „Firdusi“. 1864 finden wir K. wieder in München. Vielfach verkehrte er hier mit Wilhelm v. Kaulbach. Ein Jahr später zog er nach Graz in Steiermark, woselbst er das J. 1865 zubrachte, sich 1866 wieder nach Wien und 1877 neuerlich nach Graz begab, mit der Absicht, sich aus dem Erlöse seiner Schriften eine kleine Besitzung in Steiermark anzukaufen. In Wien war K. erster Generalsecretär der Wiener Schillerstiftung. Auch von [413] Graz aus besuchte er die Residenz und die kleine Zahl seiner Freunde – denn er lebte überaus zurückgezogen – öfter. Sein Plan, sich in Steiermark anzukaufen, sollte jedoch nicht realisirt werden, auf einer Reise nach München erkrankte er plötzlich und obwol er im Hause der Wittwe Kaulbach’s und zuletzt im Krankenhause die sorgsamste Pflege genoß, verschlimmerte sich das Uebel rasch und K. starb am 14. Oct. 1879 in München. Seine Leiche wurde nach Mödling in Niederösterreich überführt und dort, wo er oft und gerne im Kreise von Freunden geweilt, am 19. Oct. 1879 zur Ruhe bestattet. Eine Zahl hervorragender Wiener Schriftsteller, Journalisten, Maler, Buchhändler etc. waren bei diesem Leichenbegängnisse anwesend. – Es wurde schon angedeutet, daß K. keinen großen Kreis von Freunden hatte, freilich trat diesem kleinen Kreise in dem Manne eine geistig kräftige, vielleicht etwas stolze, aber überaus gediegene Persönlichkeit entgegen. Mit dem vormärzlichen Wiener Schriftstellerkreise verkehrte er wenig, später zählten Berthold Auerbach, Leopold Kompert, Karl v. Holtei, H. Lorm, Alfred Meißner, Robert Byr, Emil Kuh und einige andere zu den Männern, mit welchen er gerne umging, die Wiener Abgeordneten Hoffer, Oskar Falke, Josef Kopp und J. Schöffel aus Mödling waren in der Zahl seiner vertrauteren Freunde. Besonders gern besuchte er das Haus Kaulbach’s in München, wo er sich heimisch fühlte. Nicht ungern weilte er bei seinen Freunden, welche Besitzungen entfernt vom Getriebe größerer Städte besaßen, hier zog er sich ganz bescheiden zurück und arbeitete an seinen Novellen oder Dramen. Seine novellistischen und politischen Arbeiten sind in verschiedenen Zeitschriften zerstreut, so in den schon erwähnten „Sonntagsblättern“, in Waldheim’s „Mußestunden“, in Westermann’s „Monatsheften“, in der „Illustrirten Frauenzeitung“ Lipperheide’s in Berlin, in „Blumenthal’s Monatsheften“, in der Wiener „Presse“, im „Neuen Wiener Tageblatt“, zu dessen Redacteur J. V. Schembera er ebenfalls in freundschaftlichen Beziehungen stand und in der „Deutschen Zeitung“, an deren Gründung er mit betheiligt war, wie er überhaupt den deutschnationalen Standpunkt dieses Blattes hoch hielt, da er seinen eigenen politischen Ansichten vollkommen entsprach. Unter den Persönlichkeiten, mit denen K. zu Graz im engeren Verkehre stand, ist auch der Germanist Prof. Anton Schönbach zu nennen. Ueber die Charaktereigenthümlichkeit Kürnberger’s hat Friedrich Schlögl (im „Heimgarten“, Graz, 4. Bd. 1880) in einem Aufsatze, betitelt: „Von Ferdinand K. dem Menschen“, eine eingehende und warm gehaltene Schilderung geliefert, Schlögl zeichnet hier scharf und liebevoll die Eigenschaften des seltenen Mannes, den Viele für einen Sonderling hielten, den man schroff, abstoßend und verletzend, hart und selbstbewußt, unduldsam und bitter nannte, freilich nur in jenen Kreisen, welche diese vornehme Natur nicht oder zu wenig kannten. Schlögl und die Freunde Kürnberger’s, welche ihm näher standen, rühmen die trefflichen Eigenschaften des geistvollen Mannes, seine Herzensgüte und seine Liebenswürdigkeit denjenigen gegenüber, zu denen er volles Vertrauen hatte. Wie in seinen Schriften, so bewahrte er sich auch im Leben eine edle Denkungsart und wenn er auch im Umgange „schwer zugänglich“ war, so blieb er es doch nur dem geistig Unbedeutenden gegenüber. Darüber, daß man ihm ungemessenes Selbstbewußtsein, ja sogar Größenwahn vorwarf, rechtfertigte er sich selbst mit den Worten: „weil ich nicht Gemeinschaft habe mit den Sudlern, weil ich Achtung habe vor litterarischer Produktion, weil mich Unmuth über die Liederlichkeit erfaßt, mit der das professionelle ‚Schreibervolk‘ arbeitet, weil ich auf Sauberkeit des Stiles halte und das, was ich bringe, dem Begriff von schriftstellerischer Würde und litterarischem Anstande entspricht, weil ich meinen Werth kenne, nennt mich die Genossenschaft der Schnellschreiber stolz“. Nach diesen Grundsätzen arbeitete er auch, feilte und überarbeitete seine Manuscripte [414] aufs gewissenhafteste vier, ja fünf Mal und brachte keines seiner Werke eher vor das Publicum, als bis er es zur tadellosen Abrundung auch in der Form gebracht zu haben glaubte. Deshalb verdienen aber auch fast alle Schriften Kürnberger’s hohe Aufmerksamkeit. Die erste größere Publication war der schon erwähnte Roman: „Der Amerikamüde. Amerikanisches Kulturbild“ (1855 als 8. Bd. von Meidinger’s trefflicher „Deutscher Bibliothek“). Der Dichter schildert uns hier den Eintritt eines deutschen Poeten: Moorfeld in den neuen Welttheil, wo dieser statt, wie er gehofft, Alles besser und trefflicher zu finden, als auf seinem Continente, nur phrasenhafte Großsprecherei, Eigendünkel, maßlosen Schwindel und Corruption auf allen Gebieten des öffentlichen Lebens kennen lernt und daher immer mehr des Aufenthaltes in Amerika müde wird. Die Schilderungen des amerikanischen Lebens, die Beschreibungen New-Yorks, der Verhältnisse und Zustände in den Vereinigten Staaten, der Sitten und Eigenthümlichkeiten der Amerikaner sind in diesem hochbedeutenden Werke so vortrefflich, daß Viele geglaubt hatten, der Verfasser müsse längere Zeit daselbst gelebt haben und er nicht selten die Frage, wie lange er in Amerika geweilt, vernahm, welche er freilich damit beantworten mußte, daß er nie Europa verlassen. Dabei ist aber auch die Handlung eine durchaus fesselnde, einzelne scharf gezeichnete Charaktere treten plastisch hervor und die Episode der Reise des Helden nach Ohio zum Theil in dessen eigenen Tagebuchaufzeichnungen mitgetheilt, bietet wahre Cabinetsstücke aus dem Leben im Urwalde und in den Wildnissen tief im Innern des Landes. Moorfeld, der in Amerika Alles besser zu finden gehofft hat, kehrt, vom Gegentheile überzeugt, gerne wieder nach Europa zurück. Es wird allgemein angenommen, daß K. in seinem Helden Nicolaus Lenau zeichnen wollte, dies ist nur bedingungsweise richtig; während der Abfassung des Werkes dachte der Verfasser, wie er sich selbst äußerte, nicht an den österreichischen Dichter, dessen trauriges Geschick gerade zu jener Zeit besonders Aufsehen in Deutschland machte, K. wurde nur vom Verleger des Buches ersucht, demselben noch jene Züge einzuweben, die an Lenau erinnern und diesen als Helden des Romans errathen lassen, was um so zutreffender ist, als Lenau ja bekanntlich auch von Europa für kurze Zeit nach Amerika gezogen war. Für jeden Fall haben wir im „Amerikamüden“ einen der besten deutschen Romane. Die zweite Arbeit auf dem Gebiete des Romans, welche K. veröffentlichte, ist der „Haustyrann“ (1876), eine romantische Geschichte, die sich in den Tiroler Bergen abspielt und welche insbesondere in dem Titelhelden, im reichen Fend eine derbe, markige Figur vorführt, deren Starrsinn aber nicht nur die ganze Familie ununterbrochen plagt, sondern auch dem Glücke der geliebten Tochter Hermosa vielfache Hindernisse in den Weg legt. Auch hier ist die prächtige gebirgige Scenerie ebenso liebevoll gezeichnet, wie die einzelnen Gestalten, welche auftreten, vortrefflich charakterisirt erscheinen, so die Figur des Justizbeamten Sallek, welcher Hermosen schließlich heimführt, vorher aber in ihres Vaters Hause die unerquicklichsten Situationen und Scenen durchzumachen gezwungen ist, nicht minder die zarte und doch auch energische Tochter Hermosa selbst, auch Episodenfiguren: der an seinen philosophisch-theologischen Elaboraten im Gebirge brütende Pater Anselm, die von ihrem Gatten betrogene Franche, Hermosens Freundin, sind voll Lebenswärme und Ursprünglichkeit. Der Gang der Handlung ist spannend im besten Sinne des Wortes, die Sprache kraftvoll, knapp und der ganze Roman weist fast alle Vorzüge von Kürnberger’s Darstellungsweise auf. Als Novellist und auf dem Gebiete der kleineren Erzählung hat K. nicht minder Bedeutendes geleistet. Es sind von ihm fünf Bände Novellen erschienen in nachstehender Reihenfolge: „Ausgewählte Novellen“ (1857), „Novellen“ (1861–62), 3 Bde. und „Novellen“ (1878). Schon in der ersten Sammlung finden sich [415] wahre Cabinetsstücke moderner Novellistik, auf dem engsten Raume weiß K. ebenso zu fesseln, wie durch wenige charakteristische Striche die auftretenden Personen in der gelungensten Weise zu zeichnen, er weiß sich mit gleichem Geschick und mit derselben Ungezwungenheit auf dem Parquet des Salons, wie in der Bauernhütte zu bewegen und immer verleiht er den vorgeführten Gestalten volle Lebenswahrheit. Meisterhaft erscheinen oft die Schilderungen von Naturereignissen, wie im „Windfall“ (1855) oder in der Erzählung „Bergschrecken“ die Darstellung des gewaltigen Unwetters im Hochgebirge, in derselben Novelle schildert der Verfasser die Eigenthümlichkeiten und den Charakter des nördlichen Marschlandes mit nicht minderer Anschaulichkeit. Ein feiner Humor weht durch so manche dieser novellistischen Skizzen, so insbesondere in den „Humoresken, Charakterbildern“ (1862), die völlige Reife des Autors, und eine hohe Vollkommenheit in Bezug auf künstlerische und stilistische Durchführung weisen die letzten vor dem Tode des Autors 1878 erschienenen „Novellen“ auf, nirgends ist die phychologische Entwickelung mit solcher Feinheit durchgeführt, wie in „Künstlerbräute“ oder „Der Erbe“, mit besonderer Genialität aber in: „Die Last des Schweigens“, welche der Verfasser selbst „Eine Seelenstudie“ nennt und die uns dem Gedankengang eines Mannes in seinen eigenen Worten vorführt, der am Morgen hingerichtet werden soll, weil er seinen Nebenbuhler ermordet hat. Erwähnung verdienen auch die in den Novellensammlungen verstreuten Mährchen, wie: „Das Kind mit dem Briefe“, „Liebesschuld“, „Alimek und der Derwisch“, welche die reiche Phantasie Kürnberger’s zeigen und zum Theile Allegorieen mit tiefbedeutsamer ethischer Grundlage sind. Vor Allem gilt dies von dem selbständig erschienenen Buche: „Das Goldmährchen“ (1857), in welchem auf den Werth der Arbeit und den Unwerth des Reichthums dagegen in so ergreifender phantastischer Weise hingewiesen wird. –

Auch auf dramatischem Gebiete hat K. hervorragende Leistungen geschaffen, vor Allem das Drama „Catilina“ (1855), dessen kräftige, poesiedurchwehte Sprache und bewegte Handlung in jeder Scene auch hier glänzende Begabung verräth, die Versammlungen der Verschworenen, die stürmischen Sitzungen des Senates zeigen das Talent im hellen Lichte, die Gestalt Catilina’s tritt vor Allem hervor und die für das Wohl der Republik so begeisterte Sprache muß jeden Leser hinreißen. Freilich würden der Aufführung schwer zu bewältigende Hindernisse entgegenstehen, die große Zahl der auftretenden Personen und insbesondere der Umfang des Dramas sind unter diesen vor Allem zu nennen. Aehnliches gilt auch von einem zweiten Drama: „Firdusi“, das in München (1865?) zur Aufführung gelangte und großen Beifall erlangte, an die darstellenden Künstler aber allzu hohe Anforderungen stellte und sich deshalb nicht auf dem Repertoire erhielt. Eine dritte dramatische Arbeit: „Quintin Messis“ kam nicht auf die Bühne, obwol nach Wurzbach das Stück vom Wiener Hofburgtheater angenommen war.

Bevor ich noch auf den Nachlaß Kürnberger’s zu sprechen komme, seien dessen politische und litterarkritische Arbeiten angedeutet. Er gab in dieser Richtung heraus: „Siegelringe. Eine ausgewählte Sammlung politischer und kirchlicher Feuilletons“ (1874) und „Litterarische Herzenssachen. Reflexionen und Kritiken“ (1877). In der ersteren Sammlung kehrt K. seinen deutschnationalen Charakter hervor, dabei aber auch seine so warme und echt patriotische österreichische Gesinnung, mit klaren Worten setzt er seine Ansichten auseinander über die inneren Zustände oder macht Vorschläge auf dem Gebiete politischer oder socialer Reform, oft thut er dies wol auch in humoristischer oder in allegorischer Weise, immer aber geistvoll und immer weiß er schlagend Unzukömmlichkeiten, der Ueberhebung von geistlicher Seite, den föderalistischen Bestrebungen [416] und dem Unrechte auf dem Gebiete des staatlichen Lebens zu begegnen. Ein warmfühlender Patriot, zeigt er sich hier auch als gewiegter Kenner der österreichischen Zustände und voll überzeugungstreuer echt liberaler Gesinnung. Aehnlich zeigt sich K. in den „Litterarischen Herzenssachen“ als feinfühlender Aesthetiker, der mit weitreichendem Blicke auf dem Gebiete der litterarischen Produktion seltene Schärfe des Urtheiles verbindet, in der Poesie das Ideal dieser Kunst verficht und jedem wirklichen Talente gerecht wird, dagegen auch sich hervordrängende Leerheit und Halbheit innerhalb ihrer Schranken zurückweist. In diesem Buche wendet der Verfasser der allgemeinen, der Weltlitteratur, seine Aufmerksamkeit zu, er behandelt sein Thema gleich bedeutsam, ob er von „Turgenjew“ oder „Moriz Hartmann“, von „Ungarn“ oder „Claude Tillier“, von „Oesterreichs Grillparzer“ oder von „Schiller, Halm und Johannes Scherr“ spricht. Haben wir es auch in manchen dieser Aufsätze nur mit einer Art Recension zu thun, so legt doch K. in diese Recension so viele seiner gediegenen Ansichten, seiner geistvollen Apercus, seiner trefflichen Vorschläge nieder, daß der Leser den bleibenden Werth aller dieser kleineren litterarischen Aufsätze anerkennen muß, sowie, daß man es hier nicht mit ephemerer Tageskritik zu thun hat. Von eigentlichen Gedichten Kürnberger’s liegt sehr wenig bisher veröffentlichtes vor, die poetische Apostrophe: „Aufruf für Schleswig-Holstein. Epistel an den Kaiser von Oesterreich“ (1864) gehört hierher, aus dem Nachlasse wurde eine längere Elegie in der „Neuen illustrirten Zeitung“ (1879) veröffentlicht. Es bleibt noch übrig, diesem Nachlasse selbst einige Beachtung zu schenken, welcher wol in nicht allzu langer Zeit an die Oeffentlichkeit gelangen dürfte. Außer einer Sammlung von Tagebuchaufzeichnungen, welche von 1863 bis zum Tode Kürnberger’s reichen, weisen die nachgelassenen Arbeiten einen großen Roman: „Das Schloß des Verbrechens“ auf, sowie eine Studie: „Ueber das antik und modern Tragische“, eine Anzahl von Novellen und feuilletonistischer Skizzen und auf dramatischem Gebiete außer den Dramen: „Firdusi“ und „Quintin Messis“, ein schon 1850 entstandenes Lustspiel: „Fürst und Dame“, sowie den Text zu einer romantischen Oper: „Wineta“, endlich eine Sammlung lyrischer Gedichte. Der erwähnte Roman war Kürnberger’s letzte Arbeit, die Vorrede zu demselben hat er noch zur Hälfte vollendet, es soll ein Werk reichen, fesselnden Inhaltes, von gewaltiger Anlage und trefflicher Durchführung sein. Eine neue Ausgabe der Schriften Kürnberger’s durch den vollständigen Nachlaß vermehrt zu veranstalten, hat eine Zahl von Freunden des Verstorbenen unternommen und es wäre das baldige Inslebentreten dieses Vorhabens um so beachtenswerther, als man der genialen Begabung dieses Schriftstellers insbesondere in jüngster Zeit viel zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt hat.

Die obigen Nachrichten über Kürnberger’s Lebenslauf und Nachlaß rühren zumeist von höchst dankenswerthen persönlichen und brieflichen Mittheilungen K. V. Schembera’s und anderer Freunde des Schriftstellers her. – Zu vgl. wären auch die anläßlich des Todes erschienenen Aufsätze über Kürnberger im Neuen Wiener Tageblatt und in der Deutschen Zeitung (Wien, Monat October 1879), endlich Wurzbach, Biogr. Lex., 13. Bd. (1865), sowie Brümmer’s Dichterlexikon.