Empfohlene Zitierweise:

Artikel „König, Gottlob“ von Richard Heß in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 16 (1882), S. 509–512, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:K%C3%B6nig,_Gottlob&oldid=- (Version vom 13. Oktober 2024, 16:51 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
König, Georg Ludwig
Nächster>>>
König, Gustav
Band 16 (1882), S. 509–512 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Gottlob König in der Wikipedia
Gottlob König in Wikidata
GND-Nummer 117528722
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|16|509|512|König, Gottlob|Richard Heß|ADB:König, Gottlob}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=117528722}}    

König: Gottlob K., Dr. phil., Forstmann, geb. am 18. Juli 1776 zu Hardisleben, einem Dorfe a. d. Lossa im Großherzogthum Sachsen-Weimar; † am 22. October 1849 zu Eisenach. Er war der dritte Sohn des Amtsschreibers Johann Christoph K. und genoß in seiner Jugend auf der Dorfschule seines Geburtsortes einen so dürftigen Unterricht, daß er – nach seinem eigenen Geständniß – wenig mehr, als lesen, rechnen und schreiben lernte. 18 Jahre alt, trat er 1794 bei dem damaligen Förster Cotta (Bd. IV. S. 521) in die forstliche Lehre ein. Hier bot er alles auf, um sich nicht nur in seinem eigentlichen Berufsfache auszubilden, sondern auch sein allgemeines Wissen zu vervollständigen. Nach beendigter Lehrzeit mit dem Zeugniß entlassen, daß er „zwey Jahre die Jägerey und Geometrie erlernet und sich während dieser Zeit durchaus rechtschaffen, gefällig und fleißig verhalten“ (der betreffende Lehrbrief, vom 14. April 1796 datirt, ist in Ratzeburg’s Schriftstellerlexicon, S. 289 und in Bernhardt’s Geschichte des Waldeigenthums III. S. 196 abgedruckt), wurde er 1796 in das Sachsen-Weimar’sche Jäger-Korps aufgenommen und diente daselbst 1 Jahr. Vom Frühjahr 1797 ab fand er zunächst als Forstgehülfe in Isserstedt und Ilmenau unter dem Forstmeister Ottelt Verwendung; im Jahre 1800 begab er sich mit Urlaub auf Reisen, um sich an den Taxationen und Betriebseinrichtungen der preußischen Staatsforste in Westfalen zu betheiligen und hierdurch im Forsteinrichtungswesen zu vervollkommnen. Nach Ablauf seines Urlaubs kehrte er 1802 wieder nach Zillbach zurück, wurde hier als Oberjäger angestellt und als solcher am 16. November des genannten Jahres verpflichtet. Da sein früherer Lehrer und nachmaliger Schwager Cotta (beide hatten Schwestern zu Frauen) seine hervorragende Befähigung, namentlich für Mathematik, schon frühzeitig erkannt hatte, zog er ihn 1803 als Lehrer der Geometrie an seine Forstschule. Schon durch Patent vom 2. Juli 1805 erfolgte aber seine Versetzung nach Ruhla als Förster (d. h. Revierverwalter), wo er sich gleich in den ersten Jahren mit Unterweisung junger Leute im Forst- und Jagdwesen beschäftigte. Bereits 1809 hatte er eine ganze Anzahl von Forstlehrlingen, welche in seinem Hause Wohnung und Beköstigung erhielten, um sich versammelt, und nachdem sein Schwager 1811 nach Tharand übergesiedelt war, errichtete er 1813 ein förmliches Privatforstinstitut, welches die Zillbacher Schule ersetzen sollte. Der ganze Zuschnitt der Anstalt war ein sehr bescheidener. Sie sollte dem Bedürfniß der Inländer dienen und Betriebsförster ausbilden, welchen Zweck sie trefflich erfüllt hat. Am 5. Januar 1813 erfolgte seine Beförderung zum Oberförster; am 27. April 1819 wurde ihm wegen seiner hervorragenden Leistungen das Prädicat als „Forstrath“ zu Theil. 1821 erfolgte seine Berufung zum Vorstande der neu errichteten Großherzoglichen Taxations-Kommission. Im Juli 1829 zum Mitglied des Oberforstamts in Eisenach ernannt, verlegte er seinen Wohnsitz 1830 dahin und nahm sein Privatforstinstitut mit, welches zugleich zur Staatsanstalt erhoben wurde, 1880 – unter großer Betheiligung von nah und fern – das Jubelfest seines 50jährigen Bestehens gefeiert hat und unter Grebe’s verdienstvoller Leitung noch heute blüht. Am 15. August 1837 wurde er durch die Ernennung zum Oberforstrath ausgezeichnet. Als [510] Direktor der Forstlehranstalt und Vorsitzender der Taxations-Kommission für das Großherzogthum Weimar wirkte er bis an sein Lebensende. An Anerkennungen und Ehrenbezeugungen fehlte es ihm schon bei Lebzeiten nicht. Er war Inhaber verschiedener Orden und Mitglied mehrerer gelehrter Vereine, Ehrenbürger der Stadt Eisenach und Ehrendoktor der philosophischen Fakultät der Universität Jena (seit 1840). Bei Gelegenheit seines 50jährigen Dienstjubiläums am 4. September 1846 beschenkte ihn sein Landesfürst, der Großherzog von Sachsen-Weimar, mit einer sehr werthvollen goldenen Dose u. s. w. Seine wahre Bedeutung für die Wissenschaft ist aber doch erst in neuerer Zeit von den mehr rechnenden und weniger formelscheuen Forstwirthen nach Gebühr gewürdigt worden.

K. gehört mit zu den bahnbrechenden Geistern, wie sie nur von Zeit zu Zeit auftauchen, um den nachfolgenden Generationen gleichsam die Wege anzudeuten, welche sie wandeln sollen. Sein hauptsächlichstes Feld war das der forstlichen Mathematik; das Rüstzeug dieser exacten Wissenschaft stand ihm, obschon er vollständiger Autodidakt war, in hervorragendem Maße zu Gebote. Von Jugend auf mit einem äußerst klaren Kopfe und scharfem Auge zu Beobachtungen im Walde ausgestattet, hat er auf forstmathematischem Gebiete größere Erfolge aufzuweisen, als alle seine Vorgänger in der mathematischen Schule, und die Epigonen haben neidlos anerkannt, daß er überall die Fundamente für die neueren Theorien gelegt hat. Zunächst bereicherte er die Holzmeßkunst. 1813 erschien als sein Erstlingswerk eine „Anleitung zur Holztaxation“, als zweiter Theil einer Forstorganisationslehre angekündigt. Das Buch repräsentirt im ersten Haupttheil eine einfach gehaltene, auf das praktische Bedürfniß der Forstverwaltung berechnete, aber für damals vollständige Lehre von der Holzmeßkunst. Der zweite Haupttheil enthält werthvolle Beiträge zur Waldwerthrechnung. Noch in demselben Jahre folgten: „Zuverlässige und allgemein brauchbare Holztaxationstafeln etc.“, welche 1842 unter dem Titel; „Forsttafeln zur Ausmessung, Gehalts- und Werthschätzung aufbereiteter Hölzer, stehender Bäume und ganzer Waldbestände“ neu herausgegeben wurden und später noch einige Auflagen erlebten (5. Aufl. 1864). Erst nach Verlauf von mehr als 2 Jahrzehnten erschien 1835 sein Epoche machendes Werk: „Die Forstmathematik in den Grenzen wirthschaftlicher Anwendung nebst Hülfstafeln für die Forstabschätzung und den täglichen Forstdienst“, welches 5 Auflagen erlebte (1842, 1846, 1854 und 1864; die beiden letzten von seinem Amtsnachfolger Dr. Grebe herausgegeben). Im knappen Gewande, aber gleichwohl in ächt wissenschaftlicher Weise werden in diesem ausgezeichneten Buche, einer wahren Fundgrube, alle Gebiete der Mathematik soweit abgehandelt, als deren Kenntniß für den Forstmann nothwendig ist. Das Werk entsprach seiner Zeit einem tief empfundenen Bedürfniß. Zwar lag aus dem 18. Jahrhundert eine Schrift des Prediger’s Johann Ehrenfried Vierenklee zu Ploßig als erstes Werk auf diesem Gebiete vor (Mathematische Anfangsgründe der Arithmetik und Geometrie, insofern solche denjenigen, die sich dem höchstnöthigen Forstwesen auf eine vernünftige und gründliche Weise widmen wollen, zu wissen nöthig sind, zu Leipzig 1767 erschienen); allein diese Schrift stammte von einem Nicht-Techniker, und inzwischen hatte sich im Forstwesen der Uebergang von der Empirie zur Wissenschaft vollzogen. Den gesteigerten Anforderungen der neueren Zeit konnte daher dieses Werk nicht mehr genügen. König’s Darstellung ist zudem durch und durch originell, enthält eine Fülle neuer Ideen und gibt hundertfache Anregung zu deren weiterer Verfolgung. Von ihm rühren insbesondere her: die Erfindung eines Höhenmesser’s (Meßbrettchen), die Aufstellung von Brusthöhenformzahlen je nach Formklassen behufs Ermittelung des Massengehalts stehender Bäume, die Ausbildung des Verfahrens der Berechnung der Schaftmassengehalte nach der [511] „Gehaltshöhe“, die Idee der „Abstandszahl“, wobei der Erfinder zugleich die Anwendung dieser Zahl auf Holzanlagen, Durchforstungen und Schlagstellungen erläuterte, eine eigenartige Holzzuwachsermittelungsmethode u. drgl. m. Auch stellte er, auf Veranlassung der Kaiserlich russischen Gesellschaft zur Beförderung der Waldwirthschaft, 1840 Waldmassentafeln, richtiger Ertragstafeln auf, aus welchen zu jeder Bestandeshöhe und Stammform alsbald die kubische Masse pro Morgen, je nach den Schlußverhältnissen ersehen werden konnte. Zur Waldwerthrechnung lieferte er (schon 1813) die erste und zwar richtige Berechnung des Bodenerwartungswerthes (für den aussetzenden Betrieb), ferner einen Ausdruck für den Bestandeserwartungswerth, Beiträge zur Ermittelung des Bestandeskostenwerthes und zu verschiedenen Problemen der forstlichen Statik, deren weiterer Ausbau erst in neuester Zeit erfolgt ist. Kurz allenthalben arbeitete er in scharfsinnigster Weise auf forstmathematischem Felde vor. Daß sich seine Forstmathematik bis auf unsere Tage als Lehrbuch erhalten hat, ist mit in dem Umstande begründet, daß der Verfasser sein Werk erst zum Drucke bearbeitete, „nachdem er dessen Gegenstände während einer langen Reihe von Jahren genügend geübt, geprüft und gelehrt hatte“ (Vorrede zur zweiten Ausgabe im August 1841). Leider entbehrt nur die ganze Darstellungsweise des Buches, wenigstens in den ersten Auflagen, hinsichtlich der Form jener durchsichtigen Klarheit, wie sie namentlich für mathematische Deduktionen erwünscht ist. Seine Schreibweise ist etwas mystisch und schwülstig, wenigstens in keinem Falle gewandt. Die schwere Kost wird nicht verdaulich genug gemacht. Hierzu kommt, daß der Verfasser dazu neigt, neue Kunstausdrücke zu bilden, welche das Verständniß noch mehr erschweren. Gerne übersieht jedoch der mit Ernst in die Materie sich vertiefende Leser diese Mängel, welche sich aus dem ganzen Ausbildungsgange des Autors erklären.

K. war aber keineswegs bloß Forstmathematiker, sondern auch ein mit eminent praktischem Blick begabter, durch eine reiche Schule der Erfahrung gegangener Wirthschafter, wie sich aus seinen späteren literarischen Produktionen zur Evidenz ergibt. Er lieferte 1846: „Grundzüge der Buchenerziehung, rein aus der Natur und Erfahrung gegriffen“, welche in der That aus dem Wesen dieser Holzart hergeleitet sind, veröffentlichte wenige Monate vor seinem Tode, im Mai 1849: „Die Waldpflege aus der Natur und Erfahrung neu aufgefaßt“ und hinterließ ein Manuscript über „die Forstbenutzung“, welches Dr. Grebe 1851 herausgegeben hat. Außerdem schrieb er auch Abhandlungen in forstwissenschaftliche Zeitschriften, z. B. in André’s ökonomische Neuigkeiten. Die hervorragendste von diesen Leistungen ist die Waldpflege, in welcher der Autor die Pflege der Waldbodengüte, des Waldwuchses und der Waldschönheit in ganz eigenartiger Weise abhandelt. Es ist bewunderungswürdig, daß und wie ein Mann, der noch dazu Alles aus und durch sich selbst geworden war, auf so verschiedenen Gebieten eine solche Meisterschaft bethätigen konnte. Sein ganzes Leben war allerdings bloß dem Walde und der Arbeit gewidmet. Strenge und ernsten Sinnes, von unbeugsamer Willenskraft erfüllt, zurückhaltend, fast mißtrauisch in seinem Wesen, sogar zu Schroffheit geneigt, forderte er von sich selbst am meisten. Auf „Bücherweisheit“ gab er nichts, duldete auch durchaus nicht, daß man die von ihm gemachten Erfahrungen veröffentlichte. Als Lehrer wirkte er weder durch glänzende Systematik im Vortrag, noch durch fesselnde Diction; wohl aber bestrickte er förmlich durch neue und anregende Gesichtspunkte, welche sich ihm bei Besprechung wirthschaftlicher Fragen aufdrängten. Endlich ist noch seiner reformatorischen Wirksamkeit im Großherzogthum Sachsen-Weimar zu gedenken. Er führte nicht nur die Vermessung und wirthschaftliche Einrichtung der dasigen Forste durch, sondern schuf auch eine neue Organisation der Forstverwaltung, welche im Gegensatze zur früheren Jagdjunker- und Adelswirthschaft [512] – lediglich die Berufstüchtigkeit bei Anstellungen und Beförderungen zur Basis nahm.

Allgemeine Forst- und Jagdzeitung 1850, S. 29 (Tod). – Fr. von Löffelholz-Colberg, Forstliche Chrestomathie II. S. 377, Nr. 679a; III. 1. S. 672, Bemerkg. 745a; S. 780, Nr. 986; IV. S. 135, Nr. 2673; S. 227, Nr. 2830; S. 233, Nr. 2844. – Ratzeburg, Forstwissenschaftliches Schriftstellerlexicon, S. 288 (enthält einige Unrichtigkeiten). – Bernhardt, Geschichte des Waldeigenthums etc. II. S. 385; III. S. 152, 194 (Biographie), 284, 287, 292, 297, 299 und 376. – Grebe, die Großherzogl. Sächsische Forstlehranstalt zu Eisenach, 1880, S. 20.