ADB:Hoym, Karl Georg Heinrich Graf von

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Artikel „Hoym, Karl George Heinrich von“ von Hermann Fechner in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 13 (1881), S. 219–225, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Hoym,_Karl_Georg_Heinrich_Graf_von&oldid=- (Version vom 21. November 2024, 21:49 Uhr UTC)
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Hoym: Karl George Heinrich v. H., wirklicher Geheimer Etats-, Kriegs- und dirigirender Minister von Schlesien, geb. am 20. August 1739 zu Poblotz bei Stolp in Hinterpommern, † am 26. October 1807 zu Dyhernfurth in Schlesien, war der Sohn Hans Bogislaws v. H., Erbherrn auf Poblotz, damals königl. preuß. Lieutenants, und der Frau Auguste Henriette geb. v. Wobeser. Nachdem er seinen Vater schon 1741 im ersten schlesischen Kriege und seine Mutter ein Jahr darauf verloren hatte, nahm ihn Graf Podewils zu Krangen, der, wie seine Eltern, sich zu den Herrnhutern hielt, zu sich und ließ ihn zusammen mit seinen Söhnen von dem Pastor Pauli unterrichten. Dann besuchte er das Collegium Fridericianum zu Königsberg und bezog 1758 die Universität Frankfurt a./O., um Jura zu studiren; er gewann indeß diesem Studium kein Interesse ab und beschäftigte sich hauptsächlich mit der Erlernung fremder Sprachen, zu welchem Zweck er Privatunterricht nahm. Im Juli 1761 als Junker in das Kürassierregiment v. Schlabrendorf zu Breslau eingetreten, nahm er wegen seines schwächlichen Aussehens auf den Rath seines Chefs bald [220] den Abschied und wurde auf Empfehlung ebendesselben von dessen Bruder, dem dirigirenden Minister v. Schlabrendorf, am 8. August 1761 als Auscultator an der Breslauer Kriegs- und Domänenkammer angestellt. Durch sein feines, gewandtes Benehmen, seine Geschicklichkeit und seinen Diensteifer erwarb er sich schnell die Gunst seines Vorgesetzten und wurde auf den Vorschlag desselben am 29. April 1762 zum Kriegs- und Domänenrath, im März 1767 zum Geheimen Rath und Kammerdirector ernannt. In demselben Jahre vermählte er sich mit Antonie Louise Freiin v. Dyhrn und Schönau aus dem Hause Gimmel, Tochter des Freiherrn Anton Ulrich v. Dyhrn, Hofmarschalls und Kammerdirectors in Oels; nach dem 1768 erfolgenden Tode desselben gelangte er durch Erbgang in den Besitz der Herrschaft Dyhernfurth nebst Eichholz, Logau und Haugsdorf. Dies setzte ihn in Stand in vornehmer und glänzender Weise zu repräsentiren, während er von Hause aus nicht reich war; er wurde zwar 1769 nach dem Tode seiner Schwester, die mit einem Landrath v. Massow vermählt gewesen war, alleiniger Besitzer des Gutes Poblotz; jedoch war dasselbe durch vormundschaftliche Verwaltung und durch Kriegsschäden sehr zurückgekommen; seit 1764 war es beständig verpachtet. Am 27. Juni 1768 wurde H. nach Berlin berufen, um mit dem Geh. Finanzrath Flesch und den Kriegsräthen Böhse und Bartsch eine Revision und Umarbeitung der vom Oberpräsidenten v. Domhardt angefertigten, von mehreren Domänenpächtern angefochtenen Domänenanschläge vorzunehmen; dort machte er auch auf den König einen so günstigen Eindruck, daß derselbe ihn schon am 11. Februar 1769 zum Präsidenten der cleveschen Kammer, und als der Minister v. Schlabrendorf, im Kummer über die Anzeichen königlicher Ungnade, im Januar 1770 starb, d. d. 19. Januar 1770 zum dirigirenden Minister von Schlesien ernannte. Die Verwaltung dieser Provinz wurde damals ganz unabhängig vom Generaldirectorium in Berlin geführt und ressortirte unmittelbar von der Person des Souveräns. In dieser einflußreichen Stellung entwickelte H. alle Vorzüge seines geschmeidigen und gewinnenden Naturells, indem er einerseits, sich in die Denkweise seiner Souveräne einlebend, ihre Befehle und Wünsche gewandt vollstreckte, andererseits die verschiedenen Klassen der Bevölkerung durch seine persönliche Liebenswürdigkeit und durch eifrige Fürsorge für das Wohlbefinden derselben für sich und die preußische Verwaltung einzunehmen suchte. Letzteres war um so wichtiger, als der schlesische Adel und die katholische Geistlichkeit durch mehrere einschneidende Maßregeln Schlabrendorf’s verstimmt war. H. wußte besonders den ersten an sich zu fesseln, und in Breslau bildete sein Haus den Mittelpunkt eines glänzenden und lebenslustigen, selbst üppigen Treibens der vornehmen Welt. Hoym’s Thätigkeit erstreckte sich auf alle Zweige der Landespflege; besonders fruchtbringend war sie unter Friedrich d. Gr., der der Provinz Schlesien sehr zugethan war und ihr außerordentliche Zuschüsse gewährte, was unter seinen Nachfolgern nicht mehr geschah. Da H. sich nach den Absichten des jedesmaligen Herrschers richtete, so tragen seine Maßregeln auch kein gleichmäßiges Gepräge an sich, was sich besonders in der Behandlung der ländlichen und der Schulverhältnisse zeigte. Die materielle Lage des Adels verbesserte H. am 9. Juli 1770 durch die Begründung des landschaftlichen Creditinstituts für Schlesien; auch wurde am 11. März 1787 die Zertheilung adlicher Güter unter gewissen Bedingungen gestattet, und H. veröffentlichte selbst eine Abhandlung darüber. Das Gedeihen des Bauernstandes förderte er, indem er am 15. April 1771 die Theilung der Gemeinheiten anordnete, das Legen der Bauerngüter verbot und die Ansetzung von Bauern auf Gutsvorwerken betrieb; die Unterthanen auf den königlichen Domänen wurden von allen Diensten befreit. Gegen Bedrückungen der Herrschaften wurden die Bauern von den Behörden unter Friedrich d. Gr. kräftig in Schutz genommen; es verbreitete sich sogar unter jenen [221] die Ansicht, daß sie ganz frei sein sollten, und zahlreiche Processe wurden von den Gemeinden gegen die Gutsangehörigkeit angestrengt; an einigen Orten lehnten sich die Bauern sogar gegen die Herrschaften auf, so daß militärische Hilfe gegen sie in Anspruch genommen werden mußte. Um Ordnung in diese Verhältnisse zu bringen, erhielten am 17. Januar 1780 die Justizbehörden eine Instruction, wie in solchen Streitsachen zu verfahren sei; am 7. August desselben Jahres wurden gewinnsüchtige Advokaten, die die Bauern zu grundlosen Processen aufreizten, mit Strafe bedroht; am 12. December 1784 wurde eine Urbariencommission eingesetzt, welche die Pflichten der Unterthanen regeln sollte. Aber unter Friedrich Wilhelm II. wurde 1787 die Urbariencommission aufgehoben, die Bauernprocesse wurden niedergeschlagen, und ganze Gemeinden, die sich auflehnten, zum Spießruthenlaufen verurtheilt. Friedrich Wilhelm III. dagegen erließ 1799 eine Verordnung zur Regelung der Hofedienste und versprach die Einsetzung einer Commission zur Entgegennahme der Beschwerden der Unterthanen, auch wurde 1801 eine neue Dorfpolizeiordnung erlassen. Dem Landbau wendete H., den Winken Friedrichs d. Gr. folgend, große Sorgfalt zu; die Nothjahre 1770 und 1771 benutzte er, um dem Kartoffelbau Verbreitung zu verschaffen und führte die Kleebrache ein; er förderte Obst- und Seidenzucht und legte in Oppeln, Kupp und Proskau Baumschulen an. Von Friedrich am 26. Januar 1782 ermahnt, mit dem Holze sparsam umzugehen, erließ er eine neue Forstordnung und förderte die Verwendung der Steinkohlen auf Bleichen und Ziegeleien. Um die ländliche Production zu vermehren, wurden zahlreiche Ansiedler, 1771 allein aus Böhmen 20 000 und ebensoviel aus Sachsen, ins Land gerufen und durch sie 250 neue Dörfer und 2000 neue Häuslerstellen gegründet; indeß verließen viele Colonisten nach Ausnutzung der gewährten Vortheile ihre Stellen, so daß H. die auch in seinen Denkschriften ausgesprochene Ueberzeugung gewann, daß nur mit Kapitalien oder mit Kunstfertigkeiten versehene Colonisten dem Lande wirklich Nutzen schafften. Eine der wichtigsten Sorgen Hoym’s bildete bei dem herrschenden Mercantilsystem die Hebung der Industrie. Zu diesem Zweck verbesserte er den Bergbau, errichtete auch (1788) in Hirschberg ein Oberbergamt, brachte die Eisenwerke in Schwung, gründete eine Stahlfabrik in Königshuld und ließ durch die Raudener Mönche, um das Holz ihrer Gegend nutzbar zu machen, eine Stahl- und Drahtfabrik anlegen; die Mönche in Leubus mußten neben dem Weinbau eine Lederfabrik errichten und die für die schlesischen Ordensleute nöthigen Bekleidungsstoffe anfertigen. Bei den Bleichen und in der Leinenfabrikation führte H. Verbesserungen, in den 90er Jahren insbesondere den Gebrauch der Spinnmaschinen ein; die Dorfspinnschulen organisirte er um dieselbe Zeit besser. In Breslau gründete er unter Friedrich d. Gr., in Hirschberg unter Friedrich Wilhelm II. eine Zuckerraffinerie, zu Anfang des 19. Jahrhunderts in Kunern und in Zessel Rübenzuckerfabriken. Für den Verkehr sorgte er durch Verbesserung der Chausseen, die er auch mit Bäumen bepflanzen ließ, durch den Bau des Klodnitzkanals (1787) und durch Anlegung eines Holzhofs in Breslau. Auf dem Gebiete des Polizei- und Armenwesens erließ er eine Mühlen- und eine Feuerlöschordnung, führte sogenannte Feuerbürgermeister ein und gründete noch unter Friedrich d. Gr. eine städtische Feuersocietät, unter Friedrich Wilhelm II. eine Privat-Feuersocietät des offenen Landes; am 24. März 1779 gründete er in Kreuzburg mit einem Aufwande von 42 000 Rthlrn. ein Armen- und Correctionshaus, dessen Insassen Manufacturen betreiben mußten; auch erließ er ein Armenreglement und rief eine Invalidenanstalt in Rybnik ins Leben. Auch der Gesundheitspflege widmete er seine Fürsorge; er errichtete 1791 Hebammenbildungsanstalten in Glogau und Oppeln, berief Schwimmmeister nach Breslau und gründete dort die ersten Badehäuser; im Bade Landeck gründete er in den [222] letzten Jahren Friedrichs d. Gr. großartige Parkanlagen und Bauten, in Reinerz unter Friedrich Wilhelm III. eine Molkenkuranstalt; Anfang des 19. Jahrhunderts führte er die Kuhpockenimpfung ein. Besondere Sorgfalt wandte er dem Schulwesen zu. Auf Anordnung Friedrich d. Gr. wurde durch H. bei Aufhebung des Jesuitenordens aus den Ordensmitgliedern desselben in Schlesien ein königliches Schuleninstitut geschaffen (6. December 1774), das unter Aufsicht des schlesischen Justizministers v. Carmer durch den Pater Professor Zeplichal unter Mitwirkung des Rectors und des Senats der Universität Breslau geleitet wurde; jedoch mußten die Väter 1776 die Ordenstracht ablegen; 1788 wurden die Güter des Schuleninstituts verkauft und zugleich aus den Einkünften desselben jährlich 15 000 Thaler den evangelischen Universitäten überwiesen; im J. 1800 wurde es gänzlich aufgehoben, das Vermögen desselben für den katholischen Schulfonds eingezogen; der schlesische Finanzminister wurde zum Obercurator des katholischen Schulwesens ernannt. Das gesammte schlesische Schulwesen, nach wie vor unabhängig von der allgemeinen Schulverwaltung, erhielt 1788 in Herrn v. Seydlitz einen Obercurator. In Breslau gründete H. ein Land- und (1789) ein Stadtschullehrerseminar, 1790 eine Schule für Judenkinder, 1791 eine Kunstschule, 1800 eine Bauschule. Auch abgesehen vom Schulwesen suchte er den geistigen Bestrebungen förderlich zu sein. Schon 1771 stiftete er mit Carmer gemeinsam eine ökonomisch-patriotische Gesellschaft, die durch Vorträge und Abhandlungen auf die Besserung der wirthschaft1ichen Zustände hinwirken sollte und, nachdem sie 1791 eingegangen war, zu Anfang des neuen Jahrhunderts eine Gesellschaft für Naturkunde und Industrie Schlesiens. Er legte den Grund zu einem Münz- und Naturaliencabinet der Universität und vermehrte die Bibliothek derselben ansehnlich. Aus dem Gebiete der humanitären Bestrebungen verdient es Erwähnung, daß den Juden zu Anfang der 90er Jahre des vorigen Jahrhunderts von H. das Betreiben der Gewerbe gestattet wurde. Ganz besonders hilfreich erwies er sich in Zeiten der Noth. Als 1804 eine große Ueberschwemmung und im Gefolge derselben Hungersnoth eintrat, öffnete er die Magazine, ließ in den Ostseegegenden für 1½ Millionen Thaler Getreide einkaufen, reiste selbst nach Berlin, um die Anstalten zur Herbeischaffung des Getreides besser leiten zu können, ließ 360 000 Scheffel Korn aus Küstrin kommen und erlangte vom Könige 78 000 Thaler zur Unterstützung der Verunglückten. Als zu derselben Zeit in Folge einer vom Minister v. Stein bewirkten Finanzreform Geld- und Creditnoth eintrat, streckte H. besonders den Kaufleuten im Gebirge große Geldsummen vor. Schlesien erfreute sich unter ihm im Allgemeinen einer hohen Blüthe. Die Bevölkerungszahl der Provinz stieg von 1770–1805 von 1 327 678 auf 2 021 059, der Handelsverkehr hatte sich in derselben Zeit verdoppelt, die Einkünfte waren dessenungeachtet von 4½ nur auf 5½ Millionen Thaler erhöht worden. Hoym’s verdienstliches Wirken brachte ihm hohe Anerkennung von Seiten der Herrscher ein. Friedrich d. Gr. sprach ihm seine besondere Zufriedenheit mit seiner Finanzthätigkeit im baierischen Erbfolgekriege aus, nannte ihn ein Jahr vor seinem Tode den Einzigen, der ihn ganz verstehe und trug ihm auf, seinen Nachfolger zu warnen, wenn sich die Zügel der Regierung unter ihm lockern sollten. Friedrich Wilhelm II. erhob ihn 1786 in den Grafenstand, ernannte ihn zum Dompropst von Cammin und verlieh ihm den Schwarzen Adlerorden. Nach der zweiten Theilung Polens 1793 wurde ihm außer seinem schlesischen Amte unter Oberleitung des Ministers v. Voß die Verwaltung der Kammern von Posen und Petrikau übertragen, und als nach der dritten Theilung Voß resignirt hatte, erhielt H. unabhängig vom Generaldirectorium die Verwaltung von ganz Südpreußen, während der Siewierzer und Pilica-Kreis als Neuschlesien mit Schlesien direct verbunden wurden. Die Huldigung für Friedrich Wilhelm III. [223] nahm er als Vertreter der Person des Monarchen ein; dabei geschah es, daß eine Deputation in Polen ihn mit „Ew. Majestät“ anredete. Die Breslauer Münze gab einst an seinem Geburtstage Thaler und Silbergroschen mit seinem Bildniß aus, worüber freilich der König sehr ungehalten war. Aber während H. in der Sorge für das Wohlbefinden der Bevölkerung unermüdlich war, ließ er es im Laufe der Zeit mehr und mehr an der nöthigen Strenge in der Finanzverwaltung fehlen und in dem Bestreben, sich selbst bewundert und geliebt und Alles um sich her beglückt zu sehen, stellte er oft Untüchtige und Unwürdige an, die seine Schwäche zu benutzen wußten, ließ sich von Intriganten mißbrauchen und lockerte allmählich durch sein allzunachsichtiges Walten die Bande des Gehorsams und der Zucht, so daß es zu Unruhen kam, die zum Theil gewaltsam unterdrückt werden mußten. Schon oben wurde der Bauernaufstände und ihrer Unterdrückung gedacht. Im J. 1793 tumultuirten die Weber auf den Märkten der Gebirgsstädte, da sie sich von ihren Arbeitgebern und den Lebensmittelverkäufern bedrückt glaubten. H. bestrafte sie nicht, sondern beschwichtigte sie mit Zureden, drohte den Kaufleuten, die sich Bedrückungen erlauben würden, mit Ausstoßung aus ihrem Stande, ließ die Lebensmittelverkäufer auf dem Lande durch die Gutsherrschaften überwachen, kaufte selbst Leinwand auf, gab zinsfreie Vorschüsse, errichtete eine Gebirgshandlungscommission in Hirschberg, verbot aber auch das „Raisonniren“ in den Dörfern, bedrohte die Verbreiter revolutionärer Ideen mit dem Tode und ließ selbst die Leihbibliotheken und Lesegesellschaften durch die Bürgermeister überwachen. Bald darauf, am 25. April 1793, brach ein Aufstand der Handwerksgesellen in Breslau auf Anlaß der Ausweisung eines ungarischen Schneiders aus, wobei die Gebäude des Rathdirectors Werner verwüstet wurden; da der Uebermuth der Aufrührer in Folge der Nachsicht der Behörden zunahm, mußte endlich mit Waffengewalt gegen sie eingeschritten werden; als aber durch Kartätschen 37 Personen getödtet, 41 schwer verwundet waren, ließ H., erschrocken, das Feuern einstellen, den Ungar zurückholen, den Referendar Grafen Kameke in den Herbergen herumgehen, um die Gesellen zu beschwichtigen, die Beerdigung der Getödteten auf öffentliche Unkosten mit großem Pompe feiern und den Hinterbliebenen Pensionen auszahlen; die Ruhestörer gingen straflos aus. Am 6. October 1796 entspann sich ein neuer Tumult wegen Mißhandlung eines Fischers durch einen Officier bei Verfolgung zweier Deserteure; beim Einschreiten des Militärs wurde ein Mann aus dem Volke getödtet, der Commandant vom Pferde gerissen. H. entfernte, um das Volk zu beruhigen, das Regiment v. Dolffs aus der Stadt und ließ die Wache am Rathhause durch die Schützengilde beziehen, bestrafte jedoch diesmal vier Tumultuanten mit körperlicher Züchtigung und Festungsstrafe. Die schwersten Vorwürfe zog sich H. durch sein Verfahren bei der Verwaltung Südpreußens zu; er ließ die königlichen Starosteien einziehen und, zu ganz niedrigen Preisen abgeschätzt, an herbeiströmende Speculanten, Abenteurer und Günstlinge verkaufen, die sie sofort mit enormem Vortheil losschlugen; zu diesen Operationen wurde er hauptsächlich durch den Forstrath v. Triebenfeld verleitet, der auch dabei die Dienste eines Agenten versah und die Gelegenheit zu seiner Bereicherung ausbeutete. Dieses Treiben griff der Kriegsrath Zerboni in Petrikau in einem an H. gerichteten Schreiben heftig an; er wurde dafür verhaftet, und als sich in seinen Papieren die Pläne eines Geheimbundes zur Besserung der preußischen Staatszustände vorfanden, machte H. davon dem Könige Anzeige, der die Theilnehmer des im Entstehen begriffenen Bundes, nämlich Zerboni, seinen Bruder, einen Kaufmann in Breslau, den Hauptmann v. Leipziger in Schweidnitz und den Kaufmann Salice-Contessa in Hirschberg zu Festungsstrafe verurtheilte; auch der schuldlose Stiefschwager Zerboni’s, Dr. Kausch in Militsch, wurde zuerst nach Spandau gebracht, [224] dann Landes verwiesen. Als Friedrich Wilhelm III. zur Regierung kam, setzte er die Gefangenen, außer v. Leipziger, in Freiheit und entließ den Kanzler Goldbeck, gegen den Hans v. Held in seiner Schrift: „Die wahren Jacobiner im preußischen Staate“ heftige Anklagen geschleudert hatte; H. dagegen, der darin nicht minder angegriffen war, behauptete sich in der Gunst auch des neuen Monarchen; jedoch gab er 1798 die Verwaltung Südpreußens ab. – An den Aufgaben, die einem patriotischen Minister durch die französische Invasion 1806 gestellt wurden, scheiterte H. vollständig. Ohne Vertrauen in den Patriotismus der Bevölkerung, versäumte er es nicht nur Maßregeln zur Abwehr des Feindes zu treffen, sondern legte auch den patriotischen Männern, wie dem Grafen Pückler und den Brüdern Freiherren v. Lüttwitz, die eine Landesbewaffnung herstellen wollten, Schwierigkeiten in den Weg; als der König von Osterode aus den Fürsten von Pleß zum Generalgouverneur von Schlesien ernannte, begab sich H. mit dem größten Theil der Kasse nach Liegnitz, während Pleß Befehl gab ihn anzuhalten, übersandte das Geld dem Könige, der sehr unwillig darüber war, daß H. davon keinen Gebrauch für die Landesvertheidigung gemacht hatte, und kam um Suspension ein, die ihm auch d. d. 22. December 1806 gewährt wurde. Er begab sich darauf nach Dessau, hoffte indeß nach dem Frieden wieder in sein Amt eingesetzt zu werden und arbeitete sogar einen im Breslauer Staatsarchiv befindlichen Entwurf zu einer Reorganisation des Staates und Heeres, betitelt: „Ueber das Unglück des preußischen Staats“, aus; er erhielt jedoch am 30. August 1807 seine definitive Entlassung. Durch den Gram hierüber wurde seine schon seit einigen Jahren durch einen Schlaganfall geschwächte Gesundheit schwer erschüttert; vergeblich suchte er sie durch Badekuren in Landeck und Reinerz wiederherzustellen; Nach seinem Landsitz Dyhernfurth zurückgekehrt, verfiel er in ein Nervenfieber, das ihn binnen vier Tagen am 22. October 1807 dahin raffte. Sein Körper ist im Ruhetempel des Parks zu Dyhernfurth beigesetzt. H. hinterließ zwei Töchter; die ältere, Antoinette Wilhelmine Caroline, war mit dem Grafen Casimir Alexander v. Maltzan, Herrn v. Lissa, Freiherrn v. Wartenberg, die jüngere, Friderike Sophie Amalie Henriette, mit Hans Gottlieb Baron v. Stosch auf Löwen vermählt. Im Breslauer Staatsarchiv befinden sich zwei handschriftliche Abhandlungen Hoym’s: „Aphorismen der allgemeinen Staatswirthschaftslehre“ (E 22 a 4) und die schon erwähnte „Ueber das Unglück des preußischen Staats“, letztere in 2 Exemplaren (E 22 ab), sowie eine von seiner Hand corrigirte mit der Unterschrift optime versehene Abhandlung über Staatsökonomie und Kameralwesen insbesondere. H. gehörte der sentimentalen und philanthropischen Richtung des 18. Jahrhunderts an; als Zweck der bürgerlichen Gesellschaft setzte er das höchstmögliche extensive und intensive Glück aller Individuen bei der möglichst geringen Aufopferung natürlicher Rechte. Ein intelligenter Verwaltungsbeamter, bewies er sich unter kraftvoller Oberleitung tüchtig, war aber nicht charaktervoll genug, um eine Stellung, die ihm volle Selbständigkeit im Regieren gewährte, in schwierigen Zeiten ausfüllen zu können; zu schöpferischen Organisationen war er nicht befähigt. Eine Marmorbüste von ihm, welche früher im Senatszimmer der Universität zu Breslau stand, befindet sich jetzt im Ständehause daselbst.

Schles. Provinzialblätter 1806 Maiheft S. 396 ff., 1807 Januarheft S. 46 ff., Decemberheft S. 490 ff., 1833 Juniheft S. 539; K. A. Menzel, Gesch. Schles., III. S. 625 ff.; Ders., Zwanzig Jahre preuß. Gesch., S. 419 ff., 547 ff.; Manso, Gesch. d. pr. St., I. a. v. O.; Zeitschr. des Vereins f. Gesch. u. Alterth. Schles., I. S. 130 ff. II. S. 94 ff. V. S. 310 ff., VI. S. 135 ff., X. S. 3 ff.; Abhandlungen der schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur, [225] phil.-hist. Abth. 1866, S. 80 ff.; Schlesien, wie es ist und war, Berl. 1806 I. S. 24, 41, 48, 96, 110 u. a.; v. Schön, Tagebücher.