ADB:Hottinger, Johann Heinrich (der Ältere)

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Artikel „Hottinger, Johann Heinrich“ von Wilhelm Gaß in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 13 (1881), S. 192–193, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Hottinger,_Johann_Heinrich_(der_%C3%84ltere)&oldid=- (Version vom 5. Dezember 2024, 14:20 Uhr UTC)
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Hottinger: Johann Heinrich H., einer der Gründer orientalischer Sprachwissenschaft, Archäologie und Litteraturgeschichte, geb. in Zürich am 10. März 1620, zeigte schon als Knabe und dann als Studirender der Theologie daselbst ungewöhnliche gelehrte Wißbegierde und Befähigung, welche sich auf mehrjährigen Reisen noch bedeutender entwickeln sollte. Sein Sprachtalent war hervorragend, deutsche Predigten soll er sofort griechisch niedergeschrieben haben. Mit öffentlicher Unterstützung begab er sich 1638 nach Genf und in die Niederlande, besuchte England und Frankreich, verweilte in Leyden, wo er von Golius in die arabische Litteratur eingeweiht wurde, und in Gröningen, befestigte sich im Hebräischen und lernte Türkisch; auch gelang es ihm, mit Gelehrten, wie Grotius und Pococke, freundschaftliche Verbindungen anzuknüpfen. Statt als Gesandtschaftsprediger nach Constantinopel zu gehen, was ihm angetragen wurde, folgte er 1642 einem Rufe nach der Universität seiner Vaterstadt. Hier hat er nach einander die verschiedensten Fächer übernommen, zuerst die Kirchengeschichte, dann die Katechetik, die hebräische Sprache, die Logik und Rhetorik, das Alte Testament und sogar die Controverslehren. Doch blieben die Orientalia sein eigentliches Studium, und diesem hat er vom 24. Jahre an, obgleich durch Nebengeschäfte, gelehrte Besuche und Anfragen vielfach abgezogen, eine eminente schriftstellerische Fruchtbarkeit gewidmet. Den theologischen Doctorgrad erhielt er in Basel. Während der J. 1655–61 finden wir ihn als Professor des Alten Testaments und der Orientalia und Ephorus des Sapienz-Collegiums in Heidelberg, wo er ebenfalls neben Spanheim glücklich wirkte. Im November 1661 nach Zürich zurückgekehrt, übernahm er den Vorsitz bei einer daselbst projectirten Revision der deutschen Bibelübersetzung und leitete seit 1662 als Rector die dortige Hochschule Jahre lang und unter schwierigen Verhältnissen. Von Amsterdam und Deventer, Bremen und Marburg, waren inzwischen ehrenvolle Anträge an ihn ergangen, er lehnte sie ab; aber einer Berufung nach Leyden, wo 1666 Hoornbeck gestorben war, konnte er nicht widerstehen. Ungern entließ ihn die Stadt, der Entschluß wurde verhängnißvoll, denn er sollte seinem Leben ein frühzeitiges Ziel setzen. Am 5. Juni 1667 begab sich H. mit seiner Familie zu Schiff, mitten im Strome der Limmat schlug das Boot um, er selbst mit 3 Kindern und einem Freunde ertrank, während seine Frau und eine Magd gerettet wurden. Es wird erzählt, daß 8 Tage vorher auf einer Tafel neben seinem Katheder der Vers zu lesen war: „Carmina jam moriens canit exequialia cygnus“. Allein schon dieses kurze Leben reichte hin, um ihm innerhalb dieser ersten Epoche der orientalischen Wissenschaft eine höchst ehrenvolle Stelle zu sichern. Seine zahlreichen Werke sind theils grammatischen und lexikalischen Inhalts, theils betreffen sie hebräische Alterthümer und mosaisches Recht, dazu kommen Quellensammlungen und Verzeichnisse als Grundlage einer „orientalischen Bibliothek“. Auszuzeichnen sind: „Thesaurus philologicus“, Tig. 1649, „Juris Hebraerorum leges 261“, 1655, „Etymologicum orientale“, Francof. 1661. Als Exeget hat er den richtigen Weg schon bezeichnet, der aber erst später mit Glück verfolgt werden konnte. Sein dogmatisches Werk: „Wegweiser“, Zürich 1647–49, 3 Bde., beweist neben einigen anderen Schriften, daß er in religiös-theologischer Beziehung dem System des strengen Calvinismus treu [193] bleiben wollte. Die Universität Zürich bewahrt noch jetzt den vielbändigen handschriftlichen Nachlaß seiner Sammlungen als „Thesaurus Hottingerianus“.

Hirzel’s Artikel bei Ersch und Gruber. L. Meister, Berühmte Züricher, II. S. 10 ff. Dazu der Artikel in Herzog’s Encyklopädie.