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Artikel „Hoßfeld, Johann Wilhelm“ von Richard Heß in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 13 (1881), S. 188–190, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Ho%C3%9Ffeld,_Johann_Wilhelm&oldid=- (Version vom 28. März 2024, 11:40 Uhr UTC)
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Hoßfeld: Johann Wilhelm H., Forstmathematiker, geb. am 19. Aug. 1768 zu Oepfershausen, einem Dorfe des meiningenschen Amtes Wasungen, † am 23. Mai 1837 zu Dreißigacker. Sein Vater (Ortsschullehrer), welcher den Knaben zu seinem Amtsnachfolger vorbereitet wissen wollte, unterrichtete ihn in den Anfangsgründen des Rechnens, der Pfarrer Müller in Unterkatz in der lateinischen Sprache. Schon frühzeitig entwickelte sich bei H. ein Drang zu mathematischen Studien. Etwa vom 15. bis zum 18. Jahre war er ganz auf sich angewiesen. Durch Wißbegierde und eifriges Lernen während dieser Zeit brachte er es, trotz der ihm obliegenden vielfachen niedrigen häuslichen Geschäfte, doch dahin, in die Selecta des Meininger Gymnasiums aufgenommen zu werden. Sein Aufenthalt hier war aber nur von kurzer Dauer, weil ihn seine Ueberlegenheit im mathematischen Wissen bei den Lehrern mißliebig machte. Herzog Georg zu Meiningen, welcher auf den jungen Mann ein Auge geworfen hatte, offerirte ihm für den Fall, daß er eine Fakultätswissenschaft studiren wolle, eine Unterstützung, allein H. schlug sie aus, weil es, wie er sagte, zur damaligen Zeit in Meiningen eigentlich nur drei Fakultäten gebe und er „zur Theologie durchaus keine Neigung habe, mit dem menschlichen Elende (der Medicin) nichts zu thun haben wolle, ebenso große Scheu aber auch vor den Advokatenkniffen habe“. Dem väterlichen Wunsche entsprechend, trat er vielmehr in das Schullehrerseminar zu Meiningen ein, aber auch hier war seines Bleibens nicht lange. Im J. 1789 gab ihm der Herzog eine Beschäftigung als Aufseher und Geometer beim Chausséebau. Ein unangenehmer Vorfall mit dem des Faches eigentlich ganz unkundigen Director der Chausséebauten veranlaßte jedoch seinen baldigen Abgang. H. kehrte auf einige Zeit ins elterliche Haus zurück, widmete sich dann beim Pfarrer Heim zu Gumpelstadt drei Monate lang naturwissenschaftlichen, besonders botanischen Studien und nahm 1791, durch äußere Noth bedrängt, eine Lehrerstelle für Mathematik an dem kaufmännischen Institute Heimreich’s für Engländer zu Eisenach an. Hier erwarb er sich die Zuneigung des Institutsleiters in solchem Maße, daß er, als dieser als Pfarrer nach Neustadt (bei Gerstungen) zog, mit dorthin wanderte. Durch Verheirathung mit der Tochter des dortigen Schullehrers Lorenz gründete er sich 1796 hier einen häuslichen Herd. 1798 folgte er einem Rufe H. Cotta’s an das von diesem ins Leben gerufene Privatforstinstitut zu Zillbach (s. Bd. IV. S. 522). Bis [189] 1800 ertheilte er hier den mathematischen Unterricht. Dann trieb ihn der Wille seines altersschwachen Vater’s, welcher sich nach einer Unterstützung im Schulamt durch seinen Sohn sehnte, in die Heimath zurück. Kaum war H. einige Zeit in Oepfershausen, als ihn Herzog Georg am 19. Mai 1801 als Lehrer an die Forstakademie Dreißigacker berief. Da sein Vater kurze Zeit hierauf starb, folgte H. diesem Rufe mit dem Titel „Forstcommissär“. Hier wirkte er, seit dem 23. April 1822 durch das Prädikat „Forstrath“ ausgezeichnet, mit einer kleinen Unterbrechung bis an sein Lebensende, also im ganzen 36 Jahre. Als Bechstein gestorben war, erwartete er nämlich, daß ihm die Directorstelle an der Akademie übertragen werden würde, und da dies nicht geschah, trat er am 5. August 1822 aus dem Dienste. Nachdem sich aber die Verhältnisse bald wieder zu seiner Befriedigung gestaltet hatten, nahm er seine Functionen als Lehrer schon am 29. Januar 1823 wieder auf. Auch in Dreißigacker hatte er die mathematischen Disciplinen (Mathematik und Physik) zu vertreten. H. war ein vielseitiger, scharfsinniger und mathematisch vorzüglich gebildeter Kopf, dabei ein fleißiger, anregender, sogar geistreicher Docent. In beinahe allen Zweigen der Mathematik machte er eigene Forschungen. Die Holzmeßkunst namentlich und die Waldwerthrechnung verdanken ihm so wesentliche Fortschritte, daß man ihn mit zu den Hauptförderern der mathematischen Richtung im Forstwesen rechnen muß. Sogar als Mitbegründer derselben kann er bezeichnet werden, da es damals – wegen der noch geringen mathematischen Kenntnisse der Forstwirthe und deren Abneigung gegen diesfallsige Studien – noch galt, Bahn zu brechen. Alles rein durch sich selbst geworden, war er allerdings auch nicht frei von den Fehlern eines Autodidacten. Er nahm zu wenig Notiz von den Schöpfungen Anderer und den Hülfsmitteln der Litteratur, wollte alles selbst ausfindig machen, gerieth in Folge dessen auf manche eigenthümliche Vorschläge und Abwege, sowie in vielfache Opposition mit der Tagespresse und selbst seinen vorgesetzten Behörden. Hierbei wirkten mit sein offenes, wenig diplomatisches Wesen, sein heftiges, zum Disputiren geneigtes Temperament und seine in mangelhafter Erziehung von Jugend auf begründete Ungeschicklichkeit in den äußeren Lebensformen. H. ist Erfinder eines „Baumhöhenmessers“ (s. die Zeitschrift „Diana“, 3. Bd. 1805) und einer ebenso einfachen, als genauen Formel zur Kubirung runder Baumtheile und ganzer Baumschäfte (s. „Diana“, 1805, und „Stereometrie“, 1812). In Bezug auf Waldwerthrechnungen stellte er wol zuerst(?) den Satz auf, daß der Werth eines Waldes dem Jetztwerth aller von den Productionskosten befreiten Nutzungen gleich sei, und forderte zur Discontirung die Anwendung der Zinseszinsenrechnung (Diana 1805), welche Zinsenberechnungsart nach ihm sogar noch von Männern ersten Ranges (z. B. H. Cotta) verworfen und bekämpft wurde, und erst in neuester Zeit in Theorie und Praxis das Bürgerrecht erlangt hat.

Seine schriftstellerische Thätigkeit war eine ziemlich umfangreiche. Er veröffentlichte, abgesehen von einer Reihe werthvoller, auf selbstgeschaffenen Grundlagen beruhender Aufsätze in der Diana (3. Bd. 1805 und 4. Bd. 1816) folgende selbständige Werke: „Niedere und höhere praktische Stereometrie etc., nebst einer gründlichen Anweisung zur Taxation des Holzgehalts einzelner Bäume und Bestände etc.“ (1812); „Niedere allgemeine Mathematik für alle Stände, besonders für Forstmänner, Cameralisten und Kaufleute“ (2 Bde., 1819 und 1820) und als Fortsetzung „Mathematik für Forstmänner, Oekonomen und Cameralisten“ (3. Bd. 1821, welcher die theoretische und praktische Geometrie, die Theilung der Felder und Wälder und das Nivelliren enthält; 4. Bd. 1822, die Lehre von krummen Linien, Differenzial- und Integralrechnung und die Momentenlehre enthaltend). Diese vier Bände Mathematik sind auch unter dem [190] Titel: „Die Forst- und Jagdwissenschaft nach allen ihren Theilen, herausgegeben von Johann Matth. Bechstein und zwar als 2. Theil, 1. und 2. Bd. und als 6. Theil, 1. und 2. Bd. erschienen. Die Stereometrie und Mathematik sind Hoßfeld’s Hauptwerke. In denselben offenbart sich eine Fülle gründlicher mathematischer Kenntnisse; die Darstellung ist deutlich, leicht faßlich und ausführlich. Weiter sind zu nennen: „Reformation der Forstwissenschaft und der canonischen Lehren derselben, encyklopädisch abgefaßt“ (1820); „Triumph eines abgelebten Dorfschulmeisters über einen rüstigen Oberforstprofessor, in der Forstwissenschaft davongetragen“ – eine zum Theil in recht scharfer Sprache abgefaßte Schmähschrift gegen Pfeil, dem seine Unwissenheit in der Mathematik zum Vorwurf gemacht wird – (1822); „Die Forsttaxation in ihrem ganzen Umfange etc.“ (1823–25); „Werthsbestimmung der einzelnen Waldprodukte, ganzen Wälder und der Waldservituten, nebst Ausgleichung der letzten“ (1825). Nach dem Urtheile von Wedekind’s, eines Schülers von H., steht die „Forsttaxation“ in Bezug auf Anordnung und Faßlichkeit hinter seinen akademischen Vorträgen zurück.

G. W. v. Wedekind, Nekrolog in den Neuen Jahrbüchern der Forstkunde, 14. Heft, S. 163. Frhr. v. Löffelholz-Colberg, Forstl. Chrestom., 3. Bd. 1. Abth., 1871, S. 658, Bem. 709b. Ratzeburg, Forstw. Schriftstellerlex., 1872, S. 33, Note *). Bernhardt, Geschichte d. Waldeigenthums etc., 2. Bd., 1874, S. 360, 384 u. 392; das. 3. Bd. 1875, S. 297 u. 302.