ADB:Hipler, Franz
Bischof die Priesterweihe. Nachdem H. sodann gemäß einer bischöflichen Anordnung eine kurze Zeit priesterlicher Thätigkeit obgelegen hatte, ging er im Mai 1859 noch einmal nach Münster und zu Ostern 1860 nach München, wo die für seine damaligen Zwecke überreiche Hofbibliothek seine Thätigkeit ganz besonders in Anspruch nahm; hier wurde er auch im Januar 1861 zum Doctor der Theologie promovirt. Nach zweijähriger Abwesenheit heimgekehrt, war er noch, bevor er endlich eine feste Stellung in Braunsberg erhielt, zwei Jahre als Caplan beschäftigt, davon die allermeiste Zeit in Königsberg, wo er wieder die Bibliothek und ganz besonders das Staatsarchiv in seiner freien Zeit für seine besonderen Zwecke ausbeutete. Im August 1863 wurde H. mit der Leitung des bischöflichen Knabenconvicts in Braunsberg betraut, aber schon im folgenden Frühjahr als Subregens des dortigen Priesterseminars angestellt, wodurch auch seine akademische Lehrthätigkeit am Lyceum Hosianum, an dessen theologischer Facultät er sich inzwischen als Privatdocent habilitirt hatte, vielfach wieder unterbrochen wurde. Kaum war H. zu Ostern 1870 endlich Regens des Seminars und zugleich Professor der Moraltheologie am Lyceum geworden, als die großen Ereignisse der Zeit ihm dauernde Unterbrechungen auflegten. Zunächst begleitete er seinen Bischof auf die vaticanische Kirchenversammlung, wo er sich zuerst im Widerspruch und dann in der Unterwerfung ganz den deutschen Bischöfen anschloß, sodann wurde er nach Berlin berufen, um bei den französischen Gefangenen die Seelsorge auszuüben, und endlich bedrohte der „Kulturkampf“ das Lyceum fast mit der völligen Auflösung. Der letzte große Wandel in seinem Leben trat endlich für H. im Jahre 1886 ein, als der neu gewählte Bischof ihn in seine bisherige eigene Domherrnstelle nach Frauenburg berief, und in dieser verblieb H., nach den verschiedensten Richtungen hin amtlich thätig, bis zu seinem Lebensende. – Dieser einfache Rahmen des äußern Lebenslaufes umschließt ein farbenreiches, wechselvolles, wahrhaft glänzendes [361] Bild geistiger Thätigkeit und Arbeit. Hipler’s sämmtliche schriftstellerischen Arbeiten, die schon mit der Studentenzeit beginnen und unter denen die kleineren wol nach Hunderten zählen, hier aufzureihen verbietet sich von selbst, ist doch z. B. der Inhalt des Pastoralblattes für die Diöcese Ermland, welches H. von 1869 ab bis unmittelbar vor seinem Tode herausgegeben hat, abgesehen von den amtlichen Mittheilungen fast ausschließlich seiner Feder entflossen – kleine Arbeiten aus allen Gebieten und aus allen Zeiten des Bisthums. Dabei erhielten auch andere Zeitschriften, vor allen die Zeitschrift für die Geschichte Ermlands, dann die Mittheilungen des ermländischen Kunstvereins, die Altpreußische Monatsschrift u. a., reiche Beiträge von H., die sich vom Preußenapostel Adalbert bis auf den Fürstbischof Joseph von Hohenzollern (Anfang des 19. Jahrh.) erstrecken. Von selbständigen, größeren Arbeiten Hipler’s seien erwähnt: de b. Dorothea vidua inclusa, die bekannte Klausnerin Dorothea von Montau (in den Acta Bollandiana XIII), die geistlichen Gedichte des Johannes Dantiscus, das Spicilegium Copernicanum (der große ermländische Astronom hat H. immerfort beschäftigt), die gewaltige Arbeit der Briefsammlung des Cardinal-Bischofs Stanislaus Hosius, des Wiederherstellers des Katholicismus im Ermland, welche H. zusammen mit einem polnischen Gelehrten herauszugeben begonnen hat, ein Abriß der ermländischen Litteraturgeschichte; auch ein ermländisches Schriftsteller-Lexikon hat H. geplant und vorbereitet. In seiner frühesten Zeit hatte sich H., von seinen philosophischen, zumal neuplatonischen Forschungen ausgehend, insbesondere der an den Namen Dionysius anknüpfenden „areopagitischen“ Frage zugewendet, nachdem er aber seine fleißigen und tief eindringenden Untersuchungen mit seiner Doctorarbeit „Dionysius der Areopagite“ (1861), deren Hauptresultat der bisherigen Auffassung scharf widerspricht, zum Abschluß gebracht hatte, hat er dieses Problem zwar niemals ganz aus dem Auge verloren, es aber im wesentlichen nicht mehr berührt, seine ersten eigenen Ergebnisse hat er jedoch später in offenem Eingeständniß ihres Irrthums zurückgenommen. – Für die ermländische und die altpreußische Geschichte wird H. immerdar als eine der festesten Stützen bestehen bleiben und allseitig gern anerkannt werden.
Hipler: Franz H., ein hervorragender, selten fruchtbarer und erfolgreicher Historiker Altpreußens, zumal des Ermlandes, geboren zu Allenstein in Ostpreußen am 17. Februar 1836, † als ermländischer Domherr zu Frauenburg am 17. December 1898. Einer wohlhabenden, aber streng kirchlicher Richtung zugeneigten Familie entsprossen, faßte er, dem Beispiele von fünf Schwestern folgend, schon als Knabe den Entschluß, sich dem geistlichen Stande zu widmen. Mit ausgezeichneten Geistesgaben ausgestattet und von einem eisernen, von früh ab auf feste Ziele gerichteten Fleiß getrieben, konnte er die Vorbereitung auf dem Gymnasium (zu Braunsberg) schon in der Mitte des 18. Lebensjahres abschließen. Bei seinen Universitätsstudien, deren erstes Triennium er in Breslau und auf den Lyceen in Münster und in Braunsberg abmachte, beschränkte er sich durchaus nicht auf sein Lebensfach und was diesem zunächst lag, sondern betrieb in ganz erstaunlicher Weise, überall den bedeutendsten und den gelehrtesten Lehrern aufs engste sich anschließend, vorzugsweise philosophische, (alt- und auch neu-) philologische und vor allem historische Studien. Nach Ablegung des theologischen Examens erhielt er im August 1857 zu Frauenburg die niederen Weihen und genau ein Jahr später vom- Dittrich, Dr. Franz Hipler, Domcapitular in Frauenburg. Skizze eines Gelehrtenlebens (Zeitschrift für die Geschichte und Alterthumskunde Ermlands, XII 2, 1898, S. 383–427).