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Artikel „Hübner, Johann“ von Heinrich Julius Kämmel in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 13 (1881), S. 267–269, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:H%C3%BCbner,_Johann&oldid=- (Version vom 25. November 2024, 03:19 Uhr UTC)
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Hübner: Johann H., ein Schulmann, der durch seine „auserlesenen biblischen Historien“ und seine auf Verbreitung historischer und geographischer Kenntnisse berechneten Schriften in den weitesten Kreisen bekannt geworden ist, geb. den 15. April (nicht 17. März) 1668 zu Türchau in der sächs. Oberlausitz, † den 21. Mai 1731 in Hamburg. – Enkel eines aus Böhmen ausgewanderten Protestanten, der, um den Glauben zu bewahren, viel irdisches Gut verlassen hatte, Sohn eines doch wieder zu Wohlstand gelangten Vaters, wurde er früh für die Studien bestimmt, und am Gymnasium in Zittau gewann er durch den Conrector Mirus und noch mehr durch den Rector Weise jene Vielseitigkeit des Wissens und jene Gewandtheit der Darstellung, die ihn später zu einem so beliebten Schriftsteller machten. Als er dann 1689 nach Leipzig gegangen war, um Theologie zu studiren, verband er bald mit dem, was auf dieser Seite von Männern, wie Ittig, Seligmann, Günther zu lernen war, das eifrige Betreiben von Geschichte und Geographie und wandte sich besonders dem Historiker Otto Menken zu. Bereits 1691 wurde er Magister und begann nun selbst über Poetik, Rhetorik, Geographie und historische Wissenschaften zu lesen, in seinem Vortrage alles Pedantische, Weitschweifige, Unnöthige vermeidend, so daß viele Lernbegierige um seinen Lehrstuhl sich sammelten. So konnte es geschehen, daß er schon 1694 als Rector an das Gymnasium in Merseburg berufen wurde. [268] In dieser Stellung schrieb er die „Fragen aus der Oratorie“, „Kurze Fragen aus der alten und neuen Geographie“, „Kurze Fragen aus der politischen Historie“, „Genealogische Tabellen“, denen später „Genealogische Fragen“ gefolgt sind. Namentlich das an der zweiten Stelle genannte Buch fand den allgemeinsten Beifall; es wurde in das Französische, Holländische, Italienische, Schwedische und Russische übersetzt und öffnete der Geographie in vielen Schulen zum ersten Male den Zugang. Der Ruf, den er als Schriftsteller, wie als Rector sich erworben hatte – Augiae stabuli, quod Merseburgi olet, expurgator strenuissimus nennt ihn eine gegen ihn gerichtete Schrift von 1710 – veranlaßte Anfang 1711 den Rath von Hamburg, H. in das Rectorat des dortigen Johanneums als Nachfolger von J. A. Fabricius zu berufen. H. begann seine Amtsführung mit energischen Anstrengungen, die in der finanziellen Bedrängniß der Schule und in der machtlosen Stellung des Rectors gegenüber den Lehrern beruhenden Hauptschäden der Anstalt zu beseitigen, erreichte aber nur in Bezug auf das erstere durch die Gründung eines „Schul-Fiscus“ einigen Erfolg. Die aus der Zerfahrenheit des Lehrercollegiums hervorgegangenen Mißstände in Unterricht und Zucht abzustellen, gelang ihm bei der Schwierigkeit, das Scholarchat und die Lehrer von der Nothwendigkeit einer Reform zu überzeugen, um so weniger, als er selbst durch seine leidenschaftliche Art manches verdarb, so daß zuletzt das Johanneum in gänzliche Zerrüttung zu gerathen begann. Um so erfreulicher waren für H. die Erfolge, welche er fort und fort als Schriftsteller davon trug. Es erschienen von ihm rasch nach einander das „Poetische Handbuch“ (zuerst Leipzig 1712), die „Zweimal 52 biblischen Historien und Fragen“ (zuerst Leipzig 1714), die mit J. A. Fabricius und Mich. Richey unternommene „Hamburgische Bibliotheca historica“ (Leipzig 1715). Das „Reale Staats-, Zeitungs- und Conversations-Lexikon“ (Leipzig 1704) und das „Curieuse Natur-, Kunst- und Handels-Lexikon“ (Leipzig 1712) sind von ihm eigentlich nur durch die Vorreden eingeführt. Welche außerordentliche Bedeutung die biblischen Historien gewonnen haben, die in künstlerischer Beziehung, d. h. in den beigegebenen Bildern, unter aller Kritik sind, der Sache nach aber unendlichen Segen über die evangelische Familie und Schule Deutschlands ausgegossen haben, das ist bis in die neueste Zeit anerkannt worden; sie sind übrigens auch in das Lateinische, Französische, Italienische, Schwedische und Polnische übersetzt worden. Ein besonderes Verdienst aber erwarb sich H. um den geographischen Unterricht durch die von ihm in Verbindung mit Homann in Nürnberg veranstalteten Schulatlanten und Landkarten, für welche er das Illuminiren mit eigentümlichem Geschick in Anwendung brachte, während er sonst auf große Vereinfachung der Karten bedacht war. Vgl. seine Schrift „Museum geographicum oder Verzeichniß der besten Landcharten und wie daraus große und kleine Atlantes können formiret werden“ (Leipz. 1712); außerdem Riehl, Culturstudien, 3 ff. – Die von H. in Anwendung gebrachte Frage-Methode fand so große Anerkennung, daß sie auch bei mehr wissenschaftlichen Arbeiten, um ihnen eine leichtere Einführung zu sichern, angewandt wurde. Das „Staats-, Zeitungs- und Conversations-Lexikon“ ist selbst in Frankreich von Bruzen de la Martinière bei seinem Grand Dictionnaire géographique et critique (9 Bde.) viel benutzt worden. Als Hübner’s letzte Schrift erschien „Die ganze Historie der Reformation in funfzig kurzen Reden, nebst einem Schauspiele von Bekehrung der Sachsen zum Christenthume“ (Leipz. 1730). Schon im nächsten Jahre starb er. Sein gleichnamiger Sohn, der als Jurist in Hamburg lebte, hat manche Bücher des Vaters fortgesetzt oder neue Auflagen derselben veranstaltet, auch selbst als geographischer und genealogischer Schriftsteller sich versucht.

[269] Ueber Hübner’s pädagogisches Wirken s. Witte, Gesch. des Domgymn. zu Merseburg, II. (1876), S. 12. Calmberg, Gesch. des Johanneums zu Hamburg (1829), 211 ff. Im Allgem. Ersch u. Gruber, Sect. II. Bd. XI. 345 f.