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Artikel „Grafenberg, Wirnt von“ von Elias von Steinmeyer in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 9 (1879), S. 562, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Grafenberg,_Wirnt_von&oldid=- (Version vom 24. November 2024, 10:22 Uhr UTC)
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Grafenberg: Wirnt (d. h. Wisunt, Büffel) v. G., fränkischer Ritter, dessen Burg zwischen Nürnberg und Baireuth lag, hat in dem ersten Viertel des 13. Jahrhunderts, um 1212, eine Erzählung aus dem Artuskreise, deren Held Wigalois, der Sohn Gaweins, der Ritter mit dem Rade, ist, in deutschen Versen bearbeitet. Seine Quelle bildete der mündliche Bericht eines Knappen, der seinerseits aus einem französischen Romane schöpfte, zwar nicht aus dem uns erhaltenen „Bel inconnu“ des Renauld de Beaujeu, aber aus dessen Vorlage. Der „Wigalois“ war des deutschen Dichters erstes und wohl auch einziges Werk; denn obschon er am Schlusse desselben eine Darstellung der Thaten des Gawanides, Wigalois’ Sohnes, für die Zukunft in Aussicht stellt, so darf es doch für sicher gelten, daß dieses weitere Gedicht nicht zu Stande kam. Das J. 1206 ist das einzige feste Datum aus Wirnt’s Leben: in diesem wohnte er, wie er mittheilt, der Bestattung Herzog Berthold’s IV. von Meran bei, an dessen Hofe er damals Page gewesen zu sein scheint. Die Art aber, wie Heinrich von dem Türlîn in seiner um 1220 gedichteten Krone V. 2938 ff. auf Wirnt anspielt, macht es glaublich, daß er zu dieser Zeit noch gelebt habe. Jedoch die Sage, er habe später einen Kreuzzug, also den von 1228, aus Reue über das weltliche Treiben seiner Jugend mitgemacht, eine Sage, welche Konrad von Würzburg in seinem Gedichte „Der Welt Lohn“ poetisch behandelte, beruht gewiß nur auf Folgerungen aus der Sinnesart, die sich im „Wigalois“ z. B. V. 11680 ff. ausspricht. Wirnt ist kein originaler Mensch und dessen sich sehr wohl bewußt. In der ersten Hälfte seines Werkes steht er besonders unter dem Einfluß Hartmanns von Aue, den er sowohl im Stil im Ganzen als in einzelnen Wendungen und Ausdrücken nachahmt. Später hat er Wolfram von Eschenbach kennen gelernt und es läßt sich ein ähnlicher Einfluß der sechs ersten Bücher des „Parcival“ auf die Schlußparthie des „Wigalois“ nachweisen. Außerdem zeigt sich intime Vertrautheit mit der geistlichen Dichtung: ihr hat Wirnt u. a. den Brauch entlehnt, den Schluß der ungleich großen Abschnitte, in welche er seine Erzählung gliederte, durch einen Dreireim zu bezeichnen. Aus der Poesie der Spielleute endlich hat er manche Anregung erhalten, ihr manches Sprichwort, manche Formel entlehnt. – Aber gerade diese Anspruchslosigkeit und Einfachheit, verbunden mit einem ernsten, auf das Edle gerichteten Sinne zeichnen Wirnt vor den meisten deutschen Poeten des 13. Jahrhunderts aus und gewinnen ihm unsere Theilnahme, wie sie ihm nach Ausweis der vielen Handschriften, in welchen sein – später in ein prosaisches Volksbuch umgesetzter – „Wigalois“ ganz oder theilweise erhalten ist, den Beifall seiner Zeitgenossen verschafften.

Wigalois, herausgegeben von G. F. Benecke, Berlin 1819; von F. Pfeiffer, Stuttgart 1847. Ueber die Unzulänglichkeit dieser Ausgaben vgl. Heinzel in der Zeitschrift für das deutsche Alterthum, 21, S. 145 ff., und Schönbach, Vorauer Bruchstücke des Wigalois, Graz 1877. Ueber die Quelle vgl. Kölbing in seinen Englischen Studien, 1 (1877) S. 166 ff. F. Pfeiffer im Anzeiger des Germanischen Museums, 1854, Sp. 31. R. Sprenger in der Germania, 20, S. 432 ff.