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Artikel „Gotthardt, Georg“ von Friedrich Lauchert in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 49 (1904), S. 490–491, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Gotthardt,_Georg&oldid=- (Version vom 7. Dezember 2024, 14:37 Uhr UTC)
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Gotthardt: Georg G., katholischer Polemiker, Domherr in Passau, † am 6. März 1589. Der Name wird von ihm selbst in der Unterschrift deutscher Briefe Gotthardt geschrieben, latinisirt auf den Titeln seiner Werke (Gotthardus und Gothardus. G. wurde zu Ingolstadt als Sohn des Professors an der Artistenfacultät Wolfgang G. († 1564) geboren; das Geburtsjahr ließ sich nicht feststellen. Sein älterer Bruder war der bischöflich passauische Kanzler Johannes G., der zu Speyer während des dortigen Reichstages 1570 starb. G. begab sich, nachdem er schon an der heimischen Universität philosophische Studien gemacht hatte, 1573 nach Rom, studirte hier bis 1576 Philosophie und Theologie und wurde Dr. theol. et phil. Hierauf erhielt er ein Kanonikat im Domcapitel zu Passau, in das er am 19. October 1576 eingeführt wurde. Am 21. April 1577 feierte er seine Primiz. In den ersten Jahren versah er einige Zeit auch die Aemter des Rectors der Domschule und Dombaumeisters. Im März 1584 wurde ihm die Pfarrei Sirning (Sierning) in Oberösterreich übertragen, wo er im Sinne der katholischen Restauration zu wirken suchte, aber nach einem zweimaligen Tumult der protestantischen Partei sich zur Flucht genöthigt sah. Die Pfarrei wurde ihm hierauf vom Bischof und Domcapitel von Passau in einer ihn tief verletzenden Weise wieder entzogen, und diese Angelegenheit hinterließ in ihm eine dauernde Verstimmung gegen den Passauer Bischof Urban von Trennbach, und disponirte ihn dazu, sich bei günstiger Gelegenheit in eine Unternehmung gegen denselben einzulassen. Seit Sommer 1587 finden wir ihn als Vertrauensmann des Herzogs Wilhelm V. von Baiern, in Unterstützung der Bestrebungen des Herzogs, die Nachfolge im Hochstift Passau seinem Sohne, dem Prinzen Ferdinand (dem nachmaligen Kurfürsten von Köln) zu sichern. Es handelte sich zunächst darum, daß G., gegen eine entsprechende Entschädigung von Seiten des Herzogs, zu Gunsten des Prinzen auf sein Kanonikat resigniren sollte, damit diesem, wenn er erst Fuß im Capitel gefaßt, die Würde des Coadjutors verschafft werden könnte. Bei dem Widerstand des Bischofs Urban gegen die Annahme eines Coadjutors aus dem Hause Wittelsbach wurden die Verhandlungen über Abtretung des Kanonikats ganz geheim geführt. Im J. 1588 erhielt G. auch den Titel eines herzoglich bairischen Raths. Vor Weihnachten 1588 kam er nach München, um die Verhandlungen mit dem Herzog zum Abschluß zu bringen. Er seinerseits verband aber mit seiner Thätigkeit für die Interessen des Herzogs in seiner Verbitterung gegen den Bischof Urban noch eine weitere Action gegen diesen, gegen den er die schwersten Anklagen erhob, die er noch von München aus an den Metropoliten des Passauer Bischofs, den Erzbischof von Salzburg, Wolf Dietrich v. Raitenau sandte, dann in derselben schriftlichen Formulirung [491] in Prag, wohin er sich im Januar 1589 von München aus über Regensburg begab, dem dortigen Nuntius einhändigte, der sie nach Rom senden sollte. Inzwischen hatte aber der Erzbischof von Salzburg Gotthardt’s Brief an den Bischof von Passau gesandt, und als G. am 1. Februar nach Passau zurückgekommen war, ließ ihn der Bischof am folgenden Tage verhaften und in dem Schloß Oberhaus gefangen setzen. Die hierauf in seinem Hause vorgenommene Haussuchung und Confiscation seiner Papiere lieferte so reichliches Material über seine „Praktiken“, daß der kanonische Proceß wegen Hochverraths gegen ihn eingeleitet werden konnte. Nachdem er aber, das Gefährliche seiner Lage erkennend, in der Nacht des 12. Februar einen mißlungenen Fluchtversuch gemacht und dabei zu diesem Zwecke seinen Wächter erschlagen hatte, konnte ihm auf Grund dieser That der Proceß gemacht und das Ende beschleunigt werden; am 1. März wurde er degradirt, an den beiden folgenden Tagen nochmals inbezug auf die politischen „Praktiken“ verhört und am 6. März hingerichtet.

Gotthardt’s schriftstellerische Thätigkeit trägt wesentlich apologetisch-polemischen Charakter und umfaßt folgende fünf Schriften: „Controversia de bonorum operum et sacramentorum necessitate, adversus nostrae tempestatis haereticos duabus orationibus comprehensa“ (Ingolstadii 1577); „Tractatus primus de confessione, quae est altera pars sacramenti poenitentiae, in quo praecipuae quaestiones, quae in scholis agitari solent, quam diligentissime explicantur“ (ib. 1579); „Defensio Ecclesiae Catholicae; adversus Jacobi Herbrandi, Doctoris Theologi et Professoris Tubingensis, et aliorum Sectariorum calumnias, qua Ecclesia Catholica ab omnibus conviciis, quibus aspergitur, vindicatur, materia de fidei et operum iustitia totiusque iustificationis negotium discutitur“ (ib. 1586; sein Gegner antwortete darauf mit der „Defensio Jacobi Heerbrandi … Adversus Georgii Gotthardi, Doctoris Theologi, Canonici Pataviensis, calumnias, impietates, et convicia“ … Tubingae 1587; dagegen erschien wieder von G.:) „Pro defensione Ecclesiae Catholicae, adversus Doctorem Jacobum Heerbrandum et reliquos adversarios, Apologiae pars prima“(Ingolst. 1588; die darauf veröffentlichte zweite Gegenschrift Heerbrand’s sah G. nicht mehr); zwischen den beiden Schriften gegen Heerbrand erschien die Sammelschrift: „Orationes, Disputationes, et Praefationes aliquot, una cum aliis exercitationibus“ (ib. 1587).

Vgl. meine größere Arbeit über Gotthardt’s Leben, für das die im kgl. bair. Allgemeinen Reichsarchiv zu München aufbewahrten Acten des Criminalprocesses das meiste Material lieferten, und über seine Schriften: „Der Passauer Domherr Georg Gotthardt. Ein Beitrag zur Geschichte der kathol. Theologie des 16. Jahrhunderts“; Katholik 1904.