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Artikel „Geigy, Karl“ von Hermann Wartmann in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 8 (1878), S. 508–509, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Geigy,_Carl&oldid=- (Version vom 29. Dezember 2024, 08:58 Uhr UTC)
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Geigy: Karl G., Kaufmann, geb. 11. Juni 1798, gest. 27. Jan. 1861 in Basel. Als ältester Sohn einer zahlreichen Familie war Karl G. schon frühe zum dereinstigen Eintritt in das väterliche Drogueriegeschäft bestimmt. Nach sorgfältiger Ausbildung in den öffentlichen Schulen Basels und dem trefflichen Institute des Professors Christoph Bernoulli, das damals den tüchtigsten Köpfen Basels die späteren Realgymnasien ersetzte, machte er die kaufmännische Lehre unter der Leitung seines Vaters durch und erhielt hierauf eine Anstellung in einem Marseiller Hause. Allein zunehmende Kränklichkeit des Vaters nöthigte ihn bald zur Rückkehr, um schon mit 23 Jahren an die Spitze des Geschäftes zu treten. Mit ebenso viel Besonnenheit als Energie führte der junge Mann das Uebernommene zuerst mit geringen Mitteln fort und dehnte mit den wachsenden Kräften seinen Wirkungskreis immer weiter aus. Während der ursprüngliche Handel mit Droguen und Apothekerwaaren nach und nach ausschließlich einem Associé überlassen wurde, warf sich G. selbst mit bestem Erfolg auf den Handel mit Farbwaaren und die Speculation mit Stapelartikeln (Baumwolle und Colonialwaaren) im Großen in Verbindung mit anderen Baseler Häusern. Daneben erkannte er mit merkwürdigem Scharfblick, was immer auf dem Gebiete von Industrie, Handel und Verkehr die Zeit verlangte und suchte diesem Verlangen nach Kräften entgegen- oder zuvorzukommen. So betheiligte er sich lebhaft an der Gründung einer baslerischen Baumwoll-Spinnerei und Weberei im badischen Wiesenthale (1836) und zeigte damit dem Fabrikanten- und Handelsstande der schweizerischen Grenzplätze den Weg, wie er sich über die Nachtheile des so gefürchteten und bis zuletzt bekämpften Anschlusses von Baden an den deutschen Zollverein nicht bloß hinwegsetzen, sondern sie sogar in Vortheile umwandeln konnte. Im Vereine mit Schmidlin und Speiser und andern einsichtigen Kaufleuten rief er die Bank von Basel ins Leben (1845) und wurde zum Präsidenten derselben ernannt, wie auch zum Präsidenten des Kaufhauses in Basel. Dann arbeitete er mit allem Eifer für die Verwirklichung der schweizerischen Centralbahn – von Basel nach Bern und Aarau –, deren Leitung ihm bis zu seinem Tode anvertraut blieb. Welche Einsicht man dem Manne auf diesem Gebiete allgemein zutraute, geht auch daraus hervor, daß der Bundesrath ihn neben dem verdienten Topographen Ziegler [509] in Winterthur im J. 1851 um ein besonderes Gutachten über die Frage: ob Staatsbau, ob Privatbau der schweizerischen Eisenbahnen? ersuchte. G. sprach sich entschieden für den Privatbau aus, ohne Ahnung der Ausschreitungen, deren sich der sonst so nüchterne schweizerische Charakter im Laufe der Zeit bei diesem Systeme fähig erweisen sollte. Neben dem Allen bekleidete G. auch lange Jahre die Stelle eines Mitgliedes des Regierungsrathes von Basel-Stadt und leitete als solcher mit großer Umsicht die Finanzen des Halbkantons und die Thätigkeit des Handelscollegiums oder der officiellen baslerischen Handelskammer. Von der allergrößten Bedeutung für die Seidenindustrie Basels und die neuere Färberei und Druckerei überhaupt sollte ein Unternehmen werden, das G. noch während seiner letzten Krankheit ins Leben rief, indem er einem früheren Angestellten in dem Hause seines Schwagers, dem Herrn Müller-Pack, die nöthigen Capitalien zur Einrichtung der ersten Anilinfabrik zur Verfügung stellte. Die volle Tragweite dieses Unternehmens mochte G. wol ahnen, aber kaum klar vor Augen haben. Dadurch, daß diese zeitlich erste Anilinfabrik der Schweiz bald nach ihrer Gründung an seinen Sohn überging und von diesem auch durch ihre Leistungen auf den ersten Platz in dieser speciellen Fabrication und in derjenigen anderer Farbextracte gehoben und bis heute auf ihm erhalten wurde, dadurch bleibt der Name G. wol für immer mit einer der wichtigsten Perioden der Basler Industriegeschichte verbunden.