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Artikel „Frank, Joseph“ von August Hirsch in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 7 (1878), S. 257–258, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Frank,_Joseph&oldid=- (Version vom 20. Dezember 2024, 17:10 Uhr UTC)
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Frank: Joseph F., Sohn von Joh. Peter F., Arzt, ist am 23. Dec. 1771 in Rastatt geboren. Nachdem er zuerst in Göttingen, besonders unter Blumenbach, später in Pavia, an der Seite seines Vaters, Medicin studirt und eben dort 1791 den Doctorgrad erlangt hatte, machte er mit seinem Vater eine größere Reise durch die Schweiz und habilitirte sich dann als Arzt zuerst in Pavia, später in Mailand, kehrte aber schon 1794 nach Pavia zurück, wo er Anfangs die Stelle eines klinischen Assistenten und Repetitors bekleidete, nach Uebersiedelung seines Vaters nach Wien (1795) aber an Stelle desselben als Professor ad interim ernannt wurde. In eben diese Zeit fallen die ersten litterarischen Arbeiten Frank’s. Als 21jähriger Jüngling war er auf der Reise durch die Schweiz mit dem Brownianismus bekannt geworden, er begeisterte sich für dieses System und ohne Zweifel trug der intime Umgang mit Moscati in Mailand, der demselben ebenfalls huldigte, nicht wenig dazu bei, seinen Enthusiasmus für diese Lehre zu steigern. So trat er zuerst in einer kleinen, an Brugnatelli gerichteten Flugschrift („Lettere sulla dottrina di Brown“, Pavia 1794. Deutsch Frankf. 1796) und in einer mit Anmerkungen versehenen Uebersetzung der Schrift von Rob. Jones („Ricerche sullo stato della medicina secondo i principj della filosofia induttiva etc. II Voll.“, Pav. 1795) als Evangelist des Brownianismus auf und er hat demselben nicht nur in der italienischen und deutschen Medicin den Weg geebnet, sondern auch anregend auf seinen Vater, den besonnenen, erfahrenen Praktiker, gewirkt, der sich, wenn auch nicht rückhaltlos, ebenfalls für das System erklärte und eben in seiner Zurückhaltung, wie es scheint, etwas abkühlend auf die Begeisterung seines Sohnes zurückgewirkt hat. – Schon in der nächsten, von F. (dem Sohne) veröffentlichten Flugschrift („Lettere ad un amico sopra diversi punti di medicina etc.“, Pavia 1796, deutsch Heilbronn 1796) und in seinen „Erläuterungen der Brown’schen Arzneilehre“, 1797 (in mehreren Auflagen und in italienischer Uebersetzung erschienen), so wie in dem Berichte über die klinische Thätigkeit seines Vaters im ersten Halbjahre 1795 in Pavia („Ratio inst. clin. Ticinensis etc.“, 1797, deutsch e. a.), in welcher sein Vater in einer Vorrede seine Stellung zum Brownianismus klar gelegt hatte, sprach sich F. über den Werth des Systems reservirter aus, er wies auf mannigfache Irrthümer und Mängel in demselben hin, ohne jedoch die fundamentale Wahrheit der Lehre anzuzweifeln. – Inzwischen hatte er Pavia verlassen und war seinem Vater nach Wien gefolgt, wo ihm eine Stellung als ordinirender Arzt an einer Abtheilung des allgemeinen [258] Krankenhauses übertragen worden war. – In diesem Verhältnisse verblieb F. bis zum J. 1803 und veröffentlichte innerhalb der Zeit noch einige theoretische Schriften („Handbuch der Toxicologie nach den Grundsätzen der Brown’schen Arzeneilehre“ 1800 und „Grundriß der Pathologie nach den Gesetzen der Erregungstheorie“, 1803), in welchen er sich von dem krassen Brownianismus losgesagt und der Röschlaub’schen Erregungstheorie zugewandt zeigte. – Gegen Ende des J. 1802 trat F. eine große wissenschaftliche Reise nach Paris, London und Edinburg an, welche ihn mit den hervorragendsten medicinischen Gelehrten jener Zeit in Verbindung brachte und die offenbar sehr wesentlich zu seiner weitern Ernüchterung beigetragen hat. – Von England ging F. nach Deutschland, erhielt hier im J. 1804 einen Ruf als Professor der Pathologie nach Wilna, wohin auch sein Vater in eben diesem Jahre als klinischer Lehrer übergesiedelt war, und als dieser im folgenden Jahre diese Stellung aufgab und als Leibarzt an den Hof nach Petersburg ging, wurde er zum Professor der Klinik ernannt und hat das Amt bis zum J. 1824 bekleidet. – In dieser Stellung hat sich F. durch Begründung von wissenschaftlichen und Heilanstalten viele Verdienste um den medicinischen Unterricht in Wilna erworben und eben hier hat sich sein vollkommener Bruch mit der Erregungstheorie vollzogen; schon in dem von ihm veröffentlichten Reiseberichte, in welchem er die ihm in Frankreich und England gewordenen Eindrücke und Erfahrungen schildert, tritt F. nicht mehr als Verfechter einer einseitigen Richtung, sondern als unbefangener Beobachter auf, noch entschiedener aber gesteht er in dem ersten Hefte der von ihm herausgegebenen klinischen Berichte („Acta instit. clin. Univ. Vilnensis, Annus primus“, 1808, p. 3) in ehrenvoller Weise die von ihm früher vertheidigten Irrthümer ein. – Außer diesen klinischen Berichten, die jedoch (in 3 Heften, 1808–12 erschienen) nur bis zum Jahre 1811 reichen, und einzelnen kleineren Journalartikeln hat F. während seines Aufenthaltes in Wilna den größeren Theil eines in großartigem Stile angelegten Handbuches der speciellen Pathologie und Therapie unter dem Titel „Praxeos medicae universae praecepta“ (1811 ff.) veröffentlicht, dem allerdings weniger Originalität als der Charakter eines mit Umsicht ausgeführten compilatorischen Werkes zukommt, das jedoch in der Vollständigkeit der litterarischen Nachweise auch heute noch als ein werthvolles Repertorium angesehen werden muß. – Im J. 1824 legte F. sein Amt nieder und ging nach Wien, wo er bis zum J. 1826 lebte, dann siedelte er nach seiner am Comersee gelegenen Villa über und ist hier am 18. December 1842 gestorben. Einzelne Theile seines großen Werkes, das später in deutscher und französischer Uebersetzung erschienen ist, hat er nach seinem Abgange von Wilna theils neu, theils in 2. Auflage bearbeitet, ganz zu Ende hat er es aber nicht geführt, vielmehr sind die beiden letzten Bände von Puchelt (1841 und 1843) verfaßt worden.

Ueber sein Leben vgl. die Eulogien von Salvatore di Renzi (Neapel s. l. e. a.) und Fentonelli, Mailand 1843. Das vollständige Verzeichniß seiner Schriften findet sich in Callisen, Med. Schriftsteller-Lexikon VI. S. 432. XXVIII. S. 101.