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Artikel „Roeschlaub, Andreas“ von Julius Pagel in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 29 (1889), S. 166–167, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:R%C3%B6schlaub,_Andreas&oldid=- (Version vom 26. April 2024, 05:23 Uhr UTC)
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Roeschlaub: Andreas R., Arzt, ist am 21. October 1768 zu Lichtenfels im Bambergischen geboren. Er erhielt seit 1779 seine Gymnasialbildung in Bamberg und widmete sich nach Beendigung derselben (Herbst 1786) dem Studium der Theologie ebendaselbst, ging aber 1787 zur Medicin über, deren Studium er auf der Würzburger Universität fortsetzte. 1795 promovirte er in Bamberg mit einer Abhandlung: „De febri fragmentum“ und wurde hier bereits im folgenden Jahre zum außerordentlichen Professor der Medicin und 1797 zum Beisitzer der med. Facultät ernannt. 1798 erlangte er die ordentliche Professur der speciellen Pathologie und Klinik, sowie eine Stellung als zweiter Hospitalarzt am allgemeinen Krankenhause. Diese Aemter vertauschte er 1802 mit der ordentlichen Professur der med. Klinik zu Landshut, wo er gleichfalls Hospitalarzt und Director der med. Schule, sowie Beisitzer der Facultät und 1804 Medicinalrath wurde. 1824 mußte er aus äußeren Gründen in den Ruhestand treten, wurde jedoch 1826 bei der Aufhebung der Landshuter Universität und Versetzung derselben nach München am letztgenannten Orte wieder als ordentlicher Professor der Medicin mit dem Titel eines Hofraths angestellt. Dieses Amt verwaltete er seit 1830 auch als Beisitzer des Obermedicinalausschusses, bis zu seinem Lebensende, das am 7. Juli 1835 auf einer Erholungsreise nach Ulm im Schlosse des Grafen Schenk-Castell zu Oberdischingen eintrat. – In der Geschichte der Medicin hat sich R. als Begründer eines besonderen Systems bekannt gemacht, das auf den Grundsätzen der berüchtigten Brown’schen Lehre beruhte, zu deren geistvollsten wie fanatischsten Anhängern R. anfangs gehörte. Diese Modification des Brown’schen Systems, das in der großen Masse der Aerzte tiefe Wurzeln geschlagen hatte und 10 Jahre lang wol die beliebteste Kurmethode in Deutschland gewesen war, publicirte er als „Erregungstheorie“ zuerst in Weickard’s Magazin der Arzneikunst (Band I, Heft 2), später aber hauptsächlich in einem eigenen Werke: „Untersuchungen über die Pathogenie“ (2 Bde., 1798–1800; 2. Aufl. 1800–1803) und in dem von ihm redigirten „Magazin zur Vervollkommnung der Heilkunde“ (10 Bde. und 1 Heft 1799 bis 1809). Die darin niedergelegten Lehren unterscheiden sich von der originalen Brown’s durch den Fundamentalsatz, daß das Bestehen des Lebens nicht bloß von dem inneren Lebensprincip, von der sog. Irritabilität, abhängig sei, sondern daß es auch abhänge von den äußeren Verhältnissen, der äußeren Organisation. Ferner wird nachzuweisen gesucht, daß der lebendige Organismus auch die Eigenschaft habe, dem empfangenen Eindrucke eine Wirkung gegenüber zu setzen, eine Eigenschaft, die er „Incitabilität“ nennt. Das System fand anfangs ungeheuren Anklang. Sprengel, Horn, Hecker, Marcus u. A. waren eifrige Anhänger desselben. Seine Gegner griff er heftig an, doch artete diese ganze Lehre schließlich in hohle Abstractionen, in ein bloßes Formelwesen aus und R. ging sogar so weit, daß er 30 Axiome aufstellte und erklärte, wenn der Arzt diese festhalte, so sei er im Stande, jede Krankheit zu heilen, wenn sie noch heilbar sei. Später gelangte R. bei nüchternerer Auffassung der Dinge zu einem vollständigen Umschwunge, erklärte selbst einen Theil seiner bisherigen Ansichten für Irrthümer und wandte sich mehr der damals gerade in Deutschland zur Geltung gelangenden „Naturphilosophie“ zu, wovon der im J. 1804 erschienene „Entwurf eines Lehrbuches [167] der allgemeinen Jaterie und ihrer Propädeutik“, noch mehr aber das „Lehrbuch der besonderen Nosologie, Jatreusiologie und Jaterie“ (Frankfurt a. M. 1807 bis 1810) Zeugniß ablegen. In seinen letzten Lebensjahren machte sich R. aber auch von dieser Richtung los und wurde Anhänger der neueren, jeder Mystik abholden, rationell-empirischen Medicin und gestand mit großer Offenheit in dem von ihm publicirten „Neuen Magazin für klinische Medicin“ (4 Stücke 1816–17) ein, daß der ganze Brownianisms eine Schwindellehre, eine Pseudo-Medicin sei.

Vgl. A. Hirsch in Biogr. Lexicon hervorragender Aerzte etc. Bd. V, S. 58.