ADB:Fischer von Waldheim, Gotthelf

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Artikel „Fischer von Waldheim, Gotthelf“ von Wilhelm von Gümbel in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 7 (1878), S. 84–85, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Fischer_von_Waldheim,_Gotthelf&oldid=- (Version vom 25. Dezember 2024, 18:55 Uhr UTC)
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Fischer: Gotthelf F. v. Waldheim , Dr. med., k. russischer Staatsrath, ein vielseitig gebildeter Naturforscher, besonders Geologe, geboren am 15. October 1771 zu Waldheim in Hessen, gestorben am 6. (18.) October 1853 in Moskau. F. besuchte zuerst die Schulen in Mainz, bezog dann die Universität Leipzig, wo er sich den Doctorgrad in der Medicin 1798 erwarb. Nach Mainz zurückgekehrt, erhielt er eine Anstellung als Lehrer der Naturgeschichte und Bibliothekar an der Centralschule (früher Universität); auch betheiligte er sich unter der damals französischen Herrschaft als Gemeinderathsmitglied eifrig an den Stadtangelegenheiten. In wissenschaftlichen Dingen beschäftigte sich F. zunächst mit zoologischen Untersuchungen und veröffentlichte mehrere dahin einschlägige Abhandlungen, z. B. „Versuch über die Schwimmblase der Fische“ (1795), „Ueber Respiration der Thiere“ (Mémoire pour servir d’introduction à un ouvrage sur la respiration des animaux etc., Paris 1798), „Ueber verschiedene Formen des Intermaxillarknochens der Thiere“; „Naturhistorische Fragmente“ (1801), „Das Nationalmuseum zu Paris“ (1802), eine Uebersetzung von Cuvier’s Vorlesungen über vergleichende Anatomie (1804), „Lettre au Cit. Geoffroy“ (1804); besonders wichtig und von dauerndem Werthe: „Anatomie der Maki“ (1804). Auch befaßte sich F. viel mit Studien über die Buchdruckerkunst und schrieb hierüber mehrere Abhandlungen. Seine zoologischen Arbeiten fanden in weiten Kreisen Anerkennung und verschafften ihm einen Ruf als Professor der Naturgeschichte und Director des naturhistorischen Cabinets in Moskau mit dem Titel eines kaiserl. russischen Hofraths, 1804. Hier entfaltete F. eine energische und erfolgreiche Thätigkeit, gründete die naturforschende Gesellschaft in Moskau, deren Vicepräsident er eine lange Zeit hindurch blieb, und wendete sich ganz speciell geologischen Forschungen zu. F. kann als der erste bezeichnet werden, welcher in Rußland geologische Untersuchungen in größerem Maßstabe und mit gehörigem Verständnisse anstellte. F. hat sich in dieser Richtung wesentliche Verdienste für die Erweiterung der geologischen Wissenschaft erworben, wie seine zahlreichen Publicationen zur Genüge beweisen. Es erschienen der Reihe nach: „Museum d’histoire natur. de l’Univ. de Moscau“ (1806); „Museum Demidoff“ (1806); „Notices sur les fossiles de Moscau“ (1809–11); „Notices d’un animal fossile de Sibérie“ (1811); „Onomasticon du Système d’Oryctognosie“ (1811). Da ereignete sich der große Brand, der Moskau und alle Sammlungen zerstörte. F. begann sofort mit verstärkter Energie 1812 das Museum neu zu gründen und zu erweitern und setzte auch bald wieder seine wissenschaftliche Thätigkeit fort („Entomographie de la Russie“, 1820–28, und eine Uebersetzung des Katalogs der von Freiesleben in Freiberg angekauften großen Mineraliensammlung 1827). Von besonderer Bedeutung ist sein Werk: „Oryctographie du Gouv. de Moscau“ (1830–37), in dem er die Ergebnisse [85] seiner ausgedehnten geologischen und paläontologischen Forschungen niederlegte. Das Werk ist mit einer geognostischen Karte, zahlreichen Profilen und vielen guten Abbildungen von Versteinerungen reichlich ausgestattet. Wenn auch der eigentliche geognostische Theil manches zu wünschen übrig läßt, so zeichnet sich doch die Beschreibung der Versteinerungen, besonders jener aus höheren Thierklassen, durch Gründlichkeit aus. Wir finden hier das merkwürdige, dem Kohlenkalk eigenthümliche Foraminiferengeschlecht Fusulina zuerst ausführlich beschrieben und gut abgebildet. Die „Bibliographia palaeontologica anim. syst.“ (1834) ist eine wegen Vollständigkeit schätzenswerthe Arbeit. Kleinere Abhandlungen hat F. überdies noch in großer Anzahl geliefert. Wegen seiner vielfachen Verdienste um die naturwissenschaftliche Erforschung Rußlands wurde F. zum Staatsrathe ernannt, mit dem Beinamen v. Waldheim in den Adelsstand erhoben und mit dem Commandeurkreuz des St. Wladimirordens belohnt. Ein Mineral wurde von Hermann ihm zu Ehren Fischerit benannt.

Scriba, Die Schriftst. v. Hessen, II. 223. Poggendorff, Biogr., I. 753.