ADB:Fahrenkrüger, Johann Anton

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Fahrenkrüger, Johann Anton“ von Otto Beneke in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 6 (1877), S. 536–537, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Fahrenkr%C3%BCger,_Johann_Anton&oldid=- (Version vom 4. November 2024, 22:12 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Nächster>>>
Fähse, Gottfried
Band 6 (1877), S. 536–537 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Kein Wikipedia-Artikel
(Stand Mai 2015, suchen)
Johann Anton Fahrenkrüger in Wikidata
GND-Nummer 115360867
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|6|536|537|Fahrenkrüger, Johann Anton|Otto Beneke|ADB:Fahrenkrüger, Johann Anton}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=115360867}}    

Fahrenkrüger: Johann Anton F., Gelehrter, Schulmann, Litterat, geboren zu Hamburg den 23. October 1759, Sohn eines Artilleristen im Stadtdienste und späteren Detailhändlers. Das äußere Leben dieses ebenso anspruchslosen, als orginellen Mannes verfloß ohne große Momente, desto bedeutender aber war der Einfluß seiner Innerlichkeit auf kleinere und größere Kreise der Heimath. – Nachdem er in Leipzig Theologie studirt und den Grad eines Dr. phil. erworben hatte, lebte er glücklich, wenn auch kinderlos, verheirathet in seiner Vaterstadt als Lehrer und Schriftsteller, da er auf eine Anstellung im Dienste der Kirche, mit deren Glaubenslehren seine Anschauungen nicht stimmten, gleich anfangs freiwillig verzichtet hatte. Die von ihm im J. 1793 errichtete Schul- und Erziehungsanstalt, so erfolgreich sie sich auch gestaltete, gab er 1805 wieder auf, um als Privatgelehrter in Jena zu leben, woselbst er Vorlesungen hielt, unter andern auch über Shakespeare’sche Dramen, und im J. 1810 als außerordentlicher Professor der Philosophie eine Anstellung fand. Aber schon 1812 rief ihn die Gefährdung seines unter dem auf Hamburg lastenden Druck der französischen Herrschaft leidenden Vermögens dahin zurück, wo er dann vier Jahre später in Frieden starb. – Als Schriftsteller mag er am bekanntesten geworden sein durch seine, vormals in 2 Auflagen in vielen Händen befindliche „Englische Grammatik“, eine gründliche Umarbeitung der alten Arnold’schen, sowie durch sein „Englisch-deutsches Wörterbuch“ (3 Auflagen) und ähnliche Werke. Im übrigen betheiligte er sich an den „Beiträgen zur Poesie der Niedersachsen“ (1782), an dem „Journal aller Journale“ des Herrn v. Heß (1786–88), sowie an der „Hamburger Monatsschrift“ (1791), und lieferte für manche andere Zeitschriften Beiträge in Poesie und Prosa. – Er war nach dem Urtheil seiner Zeitgenossen, selbst abgesehen von seiner makellosen Ehrenhaftigkeit, von seinem Talent, Verstand, Scharfsinn und umfassenden Wissen, ein seltener Mann, dessen lebendiger Geist, dessen immer sprudelnder Witz, dessen scharfschneidiger Haß gegen das Böse und Gemeine in jeder Form, ohne Ansehen der Person, dessen gerader Sinn für das Gute, Wahre und Schöne ihn zu einem echten Charaktermenschen im besten Sinne des Wortes machten. Den Ruf eines Originals aber verschaffte ihm vorzüglich die Aeußerungsweise seines Freimuths, seiner rücksichtslosen Aufrichtigkeit und Wahrheitsliebe, die bei ihm als eine edelste Art der Grobheit erschien und von Jedermann, selbst von dem Betroffenen, hier lächelnd, dort seufzend, respectirt wurde. In einem von den bedeutendsten Männern des damaligen Hamburg gebildeten, halb wissenschaftlichen, halb geselligen Kreise, dessen geehrtes Mitglied F. war, erschien es mitunter zweifelhaft, ob er mehr grobkörnig genial oder mehr grobes Kraftgenie sei; gewiß aber war es, daß er oftmals recht genial, noch häufiger sehr witzig, immer aber sehr grob sich auszudrücken verstand. Wenn in diesem Kreise Leonhard Wächter, als Dichter Veit Weber genannt, bei guter Laune war, so ließ seine Rede an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig; des Syndicus Gries kritisches Wesen war entschieden gröblich, was ihm aber als Witz gutgeschrieben wurde; beide aber gewahrten an F. mit einer Art Scheu: daß grob noch gröber als gröblich sei. Kein Wunder, wenn man diesen Kreis geistvoller jovialer Männer auch wol die Hamburger Akademie der göttlichen Grobheit nannte. Als F. im J. 1812 nach Hamburg heimgekehrt war, fanden seine Freunde den trefflichen Mann äußerlich wie innerlich unverändert. Ein um diese Zeit von ihm verfaßtes „Sittengemälde von Hamburg“, welches er seinem Vertrauten, dem Dr. v. Heß, widmete, ist leider ungedruckt geblieben, sonst würde es beweisen, wie fein derselbe Mann [537] die Feder zu führen verstand, der sonst kein Blatt vor den Mund zu nehmen pflegte. – Er erlebte noch die Befreiung Deutschlands, die Wiederherstellung der Unabhängigkeit seiner geliebten Vaterstadt, deren neues Aufblühen er freudig begrüßte, – aber bald darauf, am 23. April 1816, schied dieser kernhafte Originalcharakter aus dem irdischen Dasein.

Nach Aufzeichnungen eines Zeitgenossen. – Vgl. Hamb. Schriftstellerlexikon Bd. II. S. 264.