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Artikel „Engelmann, Georg“ von Ernst Wunschmann in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 48 (1904), S. 376–378, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Engelmann,_Georg&oldid=- (Version vom 18. Dezember 2024, 02:13 Uhr UTC)
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Engelmann: Georg E., Arzt und Botaniker, geboren zu Frankfurt a/M. am 2. Februar 1809, † zu St. Louis in Nordamerika am 4. Februar 1884. E. entstammte einer längere Zeit in Bacharach am Rheine ansässigen Familie, in welcher Generationen hindurch der geistliche Beruf traditionell gewesen war. Auch Engelmann’s Vater war Theologe, übernahm aber später nach seiner Uebersiedlung nach Frankfurt die Leitung einer Erziehungsanstalt. In seiner Vaterstadt absolvirte E. das Gymnasium und bezog darauf 1827 die Universität Heidelberg, um Medicin zu studiren. Die Neigung zu den Naturwissenschaften und vor allem zur Botanik zeigte sich schon auf der Schule und fand ihren Ausdruck in botanischen Excursionen, die er mit gleichstrebenden Mitschülern, wie Ferdinand Lindheimer und Georg Fresenius häufig unternahm. Auch in Heidelberg wirkte der Verkehr mit K. Schimper, Alex. Braun und G. Bischoff in hohem Grade anregend auf diese Neigung und auch auf [377] die zunächst einzuschlagende Richtung. Nachdem E. seine Studien in Berlin und Würzburg fortgesetzt hatte, wurde er von letztgenannter Universität 1831 auf Grund seiner Dissertation: „De Antholysi Prodromus“ zum Dr. med. promovirt. Die Arbeit erregte sogar Goethe’s Aufmerksamkeit noch kurz vor dem Tode des Dichters. Im Frühjahr und Sommer 1832 weilte E. in Paris, speciell zum Besuche der Cholerahospitäler. Daneben aber verfolgte er im Verein mit den Freunden A. Braun und Agassiz auch andere wissenschaftliche Zwecke. Im Herbste 1832 reiste E. nach Nordamerika, zunächst um im Auftrage von Verwandten im Thale des Mississippi Ländereien anzukaufen. Diese Veranlassung führte ihn dann zu ausgedehnten, meist zu Pferde ausgeführten Durchquerungen der Staaten Illinois, Missouri, Arkansas, Texas bis in die Indianerterritorien, wobei er reiche botanische Sammlungen anlegte, die zu einem großen Theile an seine Freunde nach Deutschland, namentlich an A. Braun und an das Berliner botanische Museum übergingen. Im J. 1835 ließ sich E. in dem damals nur 3000 Einwohner zählenden St. Louis als praktischer Arzt nieder und gründete sich hier Haus und Heimath. Seine Berufsthätigkeit, die mit dem schnellen Wachsthum seines Wohnortes gleichen Schritt hielt und ihn bald in glänzende äußere Verhältnisse brachte, hinderte ihn in den ersten Jahren an einer fortgesetzten persönlichen Sammelthätigkeit. Dafür aber wußte er Andere dazu anzuregen. So erforschte, von ihm veranlaßt, Karl A. Geyer die Umgebung von St. Louis, Ferd. Lindheimer das nur wenig besuchte Texas und Aug. Fendler die bis dahin noch unberührt gebliebenen Gebirge von Neu-Mexiko. Später nahm E. seine Forschungsreisen selbst wieder auf und sammelte in den Gebirgen von Nord-Carolina und Tennessee, in den Rocky-Mountains und den Ebenen von Colorado, sowie in den angrenzenden Territorien, die von ihm bearbeiteten Pflanzengruppen, wie Cacteen und Coniferen in natura studirend. Nach Europa kam E. von seinem Adoptiv-Vaterland vier Mal: 1840, als er sich mit seiner Nichte in Kreuznach verheirathete; 1856–58, um in Paris die Ausführung der Tafeln zu seiner Cacteen-Arbeit zu leiten, dann 1868–69 und zum letzten Male 1883 zur Wiederherstellung seiner angegriffenen Gesundheit. Leider war die hierbei gewonnene Erholung nur eine scheinbare. Bald nach seiner Rückkehr nach Amerika starb er an den Folgen eines Herzleidens im Alter von 75 Jahren.

Die morphologische Richtung, welche E. in seiner Dissertation eingeschlagen hatte, wurde sehr bald infolge der Wendung, die seine Lebensschicksale erfuhren, in die beschreibende, systematische übergelenkt. Obwol nur Producte seiner Mußestunden, sind seine litterarischen Arbeiten dennoch wissenschaftlich recht werthvoll geworden. Eine seltene Arbeitskraft und große geistige Regsamkeit machte es dem vielbeschäftigten Arzte möglich, recht schwierige descriptive Capitel, wie die amerikanischen Coniferen, Cupuliferen, die Gattungen Cuscuta und Yucca und vor allem die Cacteen in mustergültiger Weise monographisch zu bearbeiten. Die in seinen Arbeiten bewiesene Sorgfalt der Beobachtung, die Klarheit und Unbefangenheit der Beurtheilung lassen die treffliche Heidelberger Schulung und den Einfluß seiner Freunde, besonders A. Braun’s erkennen, mit dem er bis zu dessen Tode in regem Briefwechsel stand. Engelmann’s wissenschaftliche Arbeiten sind fast sämmtlich in Amerika und in englischer Sprache erschienen. Sie sind zusammengefaßt herausgegeben worden von Henry Shaw, dem Gründer des botanischen Gartens in Missouri, in einem Quartbande von 508 Seiten mit 103 Tafeln unter dem Titel: „The Botanical Works of George Engelmann“ (Cambridge Mass. 1887). Die Anzahl der einzelnen Abhandlungen und Aufsätze beträgt nahezu 100. Man findet sie aufgezählt von Sargent in Coulter's Botanical Gazette (May [378] 1884). Das gesammte Herbarium Engelmann’s, 100 000 Species umfassend, und seine Bibliothek sind in den Besitz des botanischen Gartens in Missouri übergegangen. Unter seinen Schriften sind folgende die bedeutendsten. Eine Abhandlung über die Gattung Cuscuta, von welcher er eine systematische im 1. Bande der St. Louis Acad. of Science 1859 veröffentlichte, kam, von P. Ascherson ins Lateinische übersetzt, als „Generis Cuscutae species“ 1860 heraus. Ferner bearbeitete er die Cacteen in: „Synopsis of the Cacteae of the territory of the United States and adjacent regions“ (Proc. Amer. Acad. III. 1856, in: „Report on the Botany of the expedition of Lieut. A. W. Whipple“ (Washington 1858) und in „United States and Mexican Boundary Survey, under the order of Lieutenant Colonel W. H. Emory“ (ibid. 1858). Diese Arbeiten sind grundlegend für die Systematik jener schwierigen Pflanzengruppe geworden, weil hier zum ersten Male eine natürliche Anordnung der Arten auf Grund der Blüthen- und Fruchtcharaktere versucht wurde. Unter dem bescheidenen Titel: „Notes on the genus Yucca“ (Trans. St. Louis Acad. 1873) und „Notes on Agave“ (ibid. 1875) behandelte er aufs genaueste zwei ebenfalls nur auf Amerika beschränkte Pflanzengattungen, die bis dahin nur ganz unvollkommene Bearbeitung gefunden hatten. Von besonderer Wichtigkeit sind ferner Engelmann’s ausgezeichnete Arbeiten über die amerikanischen Eichen und Coniferen, in den Transactions der Akademie von St. Louis veröffentlicht, und über nordamerikanische Vitis–Arten, deren genaue Kenntniß ihm fast ganz allein zu verdanken ist. Endlich sind noch zu erwähnen die Bearbeitungen ganzer Sammlungen, von welchen er die eine: „Plantae Lindheimerianae“, Pflanzen aus Texas betreffend, zusammen mit Asa Gray (Theil I 1845; Theil II 1847. Boston Journal of nat. hist. Vol. V-VI), die andere in Wislicenus’ Memoir of a Tour to Northern Mexico 1848 allein herausgab.

Nachrufe: J. Urban in Ber. d. Deutsch. botan. Gesellsch. II. 1884. – de Bary in Botan. Zeitung 1884. – Charles A. White, Memoir of G. Engelmann. Washington 1896.