ADB:Elben, Christian Gottfried
Friedrichs des Großen eingereiht zu werden. Er wurde dort dem Regiment Möllendorf zugetheilt und verbrachte nun in dem neumärkischen Städtchen Soldin, wo das zweite Bataillon jenes Regiments lag, als Soldat 4 Jahre, während welcher er bei einem ehrsamen Schuster im Quartiere lag und zugleich den beiden Knaben des Hauses Unterricht im Latein und in der Geographie ertheilte, auch seinem Wirth durch Vorlesen von Zeitungen, die er im Städtchen zusammenbrachte, sich gefällig zeigte. Einmal im Jahre marschirte er mit dem Bataillon zu den Manövern nach Berlin, ohne jedoch mehr als das Aeußere der Stadt kennen zu lernen. Endlich im Spätjahr 1778 gelang es seinem Vater, durch ein schweres Geldopfer ihn frei zu machen. Er trat nun am 1. Oct. 1778 als Hauslehrer in die angesehene Familie des geheimen Secretärs Feuerlein in Stuttgart und, obgleich er auch sonst in der Stadt Unterricht gab, fand er immer noch Zeit zum Selbstunterricht, wodurch es ihm möglich wurde, den 27. Sept. 1779 auf Grund einer Abhandlung aus der neueren Geschichte den Grad eines Magister oder Doctors der Philosophie in Tübingen zu erlangen. Auch eine Anzahl kleinerer Aufsätze für periodische Unterhaltungsschriften zu Mannheim, Frankfurt a/M. etc. ist während der glücklichen Zeit seines Aufenthaltes in der Feuerlein’schen Familie, aus der er später (1789) auch seine würdige Lebensgefährtin holte, entstanden. Im J. 1784 gab er den ersten Theil einer „Geschichte des deutschen Ordens“ bei Grattenauer in Nürnberg heraus, welchem im nächsten Jahre ein Heft mit „Beiträgen zur Geschichte des Hoch- und Deutschmeisterthums (bei Heerbrandt in Tübingen) folgte. [2] Einen Wendepunkt in seinem Leben und zugleich in der Journalistik Würtembergs bildete die Gründung des „Schwäbischen Merkur“, indem er nach dem Aufhören des seit 1731, „über See und Land dahin eilenden, Mercurius oder Stuttgarter Ordinari Chronik“ mit Bewilligung der herzogl. Rentkammer in das Privilegium der Gebrüder Mäntler für dieses Blatt eintrat. Am 3. Oct. 1785 erschien die erste Nummer des neuen, nunmehr Schwäbischen Merkurs, welcher mit einer anderen seit 1751 vom Buchhändler Stoll heraus gegebenen politischen Zeitung (1756 zur Hofzeitung erhoben und von der Cotta’schen Hofbuchdruckerei erworben) zu concurriren hatte. E. gründete gleichzeitig noch ein zweites Blatt. Während der Merkur an zwei Wochentagen in je einem halben Bogen (klein 4) die wichtigeren politischen Nachrichten, wo möglich aus allen Ländern der Erde, liefern sollte, ließ er vom J. 1786 an einen halben Bogen in der Woche unter dem Titel: „Schwäbische Chronik“ mit vaterländischen Nachrichten aus Schwaben und Vorderösterreich in der nahen Reichsstadt Eßlingen drucken, wo er unter der milderen Censur des dortigen Magistrats den Druck und Verlag mehr gesichert hielt. Am 3. Jan. 1787 erneuerte Herzog Karl von Würtemberg das abgelaufene Privilegium des Merkurs auf 20 Jahre unter der Bedingung, daß die Zeitung künftig in der herzogl. Akademie gedruckt werde, und eben diese Bedingung ward im folgenden Jahre auch gestellt hinsichtlich der Schwäbischen Chronik, welche E. jetzt mit dem Merkur vereinigte. Dagegen wurde E. auf seinen Wunsch die Hofcensur erlassen, nachdem er in seiner Eingabe versichert hatte: „Eigener Räsonnements und Declamationen werde ich mich auch in Stuttgart ganz enthalten und, wenn ich Censurfreiheit erhalte, stets nur ächte Artikel aufnehmen.“ Der Intendant der Akademie, Oberst v. Seeger, unterstützte das Gesuch in der Hoffnung, daß es bei E. weniger Gefahr habe, als bei der Schubart’schen vaterländischen Chronik, die gleichfalls in der akademischen Druckerei (zum Vortheil der Theatercasse) erschien. Als jedoch der Kurfürst von Baiern sich im November 1788 über einen verfänglichen Artikel aus München beschwerte und noch dazu im folgenden Jahr ein mißfälliger Artikel über das beklagenswerthe Münzwesen des schwäbischen Kreises erschien, wurde durch eine herzogl. Ordre vom 11. Septbr. 1789 der Merkur nebst Chronik unter einen eigenen Censor gestellt, auf eine Vorstellung Elben’s aber schon am 18. Septbr. wieder hiervon Abstand genommen. Im Sommer 1788 erbot sich E., den Studirenden, welche aus nah und fern in die Akademie aufgenommen wurden, einmal wöchentlich ein Collegium novellisticum zur Erklärung der Zeitungs-Nachrichten zu halten, worauf der Herzog gleichfalls einging, indem er den Dr. E. zum Professor der Geographie an der hohen Karlsschule mit einem Gehalte von 100 fl. für jene Vorlesung ernannte. Nach dem Tode des Herzogs (1793) und Aufhebung der Karlsschule (1794) hörte dieser Nebenberuf auf. Auch eine Art von Gesetzblatt, d. h. eine fortlaufende Sammlung neuer, seit 1790 entstandener Gesetze, Staatsverträge, Hirtenbriefe und anderer Documente Schwabens, welche E. in den J. 1791 und 1792 als Urkundenbuch zur Schwäbischen Chronik herausgegeben hatte, wurde nicht fortgesetzt. In der That nahm die Zeitung selbst, welche jetzt wieder mit Mäntler’schen Schriften gedruckt wurde, die ganze Kraft des unermüdet thätigen und vielseitig unterrichteten Mannes in Anspruch. Trotz der lästigen Censur, welcher sich jetzt auch der vorsichtige Merkur nicht mehr entziehen konnte, und trotz der vermehrten Concurrenz anderer Zeitungen gelang es, das Blatt in den schwierigen Kriegszeiten und während der darauffolgenden würtembergischen Verfassungskämpfe (1815–19) aufrechtzuhalten und in steigende Aufnahme zu bringen. Seit 1818, wo die würtembergische Presse, nach Aufhebung der Censur durch die Verordnung vom 30. Jan. 1817, einen neuen Aufschwung genommen hatte, erschien das Hauptblatt nebst Chronik an 6 (vorher [3] 5) Tagen der Woche in eigener Druckerei, wobei freilich nach dem damaligen Gange der würtembergischen (seit 1819 wieder fürstlich Thurn- und Taxis’schen) Posten die Exemplare in die meisten Landestheile, selbst in die nahe Universitätsstadt Tübingen nur an einigen Post- und Botentagen gelangten. Mit dem Erscheinen der Karlsbader Beschlüsse vom J. 1819, welchen auch Würtemberg beigetreten war, hörte die eben noch in der Verfassung gewährleistete Preßfreiheit des Landes wieder auf und schwer war es auch für die sorgfältigste Redaction, den Censor, die Correspondenten und das Publicum zugleich zufrieden zu stellen, zumal da weder die Censurlücken offen gelassen, noch auch Berichtigungen der Einsender gegen die öfters sinnentstellenden Censurstriche im Blatte aufgenommen werden durften. Indessen setzte der betagte Gründer des Geschäfts, nachdem er 1817 seinen Sohn Karl E. (bisher Kaufmann) und 1823 einen andern der ihm geborenen 8 Söhne Dr. Emil E. zur Redaction herbeigezogen hatte, die obere Leitung bis zu seinem im J. 1829 erfolgten Tode fort. Jetzt übernahm der ältere Sohn Karl die Geschäftsleitung und besonders die Redaction der Chronik, welche er selbst mit manchen Aufsätzen und Berichten, besonders in Betreff der lange in Würtemberg streitigen Fragen über Zolleinigung und Eisenbahnbau bereicherte. Zu den Reformen im Geschäfte, das sich nothwendig den Zeitbedürfnissen anbequemen mußte, gehörte auch die 1830 eingeführte allabendliche Ausgabe des Blattes, welche jedoch 1848 wieder aufgegeben wurde, nachdem auf der deutschen Buchdrucker-Versammlung zu Mainz auf den Antrag des Elben’schen Factors Stänglen die Beseitigung der Sonntagsarbeit beschlossen worden war. „Eine Märzerrungenschaft – sagte später Karl E. – können sie uns nicht nehmen, unsere Sabbatruhe.“ Im J. 1854 starb derselbe, und auch jetzt fanden sich neue Kräfte in und außerhalb der Familie, um das gelesenste politische Blatt Würtembergs (jetzige Auflage 14000 Expl.) auf der Höhe der Zeit zu erhalten. Seit den Ereignissen des J. 1866 ist der Schwäbische Merkur für die nationale und liberale Neugestaltung Deutschlands in entschiedener Weise eingetreten.
Elben: Christian Gottfried E., Gründer und 43jähriger Herausgeber des „Schwäbischen Merkur“ in Stuttgart, geb. 4. Mai 1754, † 3. Febr. 1829, war der Sohn eines würtembergischen Schullehrers in Zuffenhausen, welchem unter 16 Kindern auch dieser strebsame Knabe geboren wurde. Nach der von E. hinterlassenen Familienchronik erhielt er seinen ersten Unterricht in der deutschen Schule des Dorfes, dann in den lateinischen Schulen zu Cannstatt und Güglingen, vom 15. Jahre an im Gymnasium zu Stuttgart, wohin er ebenso, wie früher nach Cannstatt, täglich den einstündigen Weg zu Fuß zurücklegte, bis er durch Privatstunden, die er jüngeren Schülern gab, sich die Mittel zum Dortbleiben verschaffte. Im J. 1771 bezog er die Universität Tübingen, um die Theologie zu studiren; da aber sein Vater nicht immer das nöthige Geld zu rechter Zeit aufzubringen vermochte, so mußte der junge Mann trotz seiner Sparsamkeit öfters die Studien unterbrechen, und im Mai 1774 begegnete ihm gar das Unglück, in der Nähe der Reichsstadt Heilbronn preußischen Werbern in die Hände zu fallen, von welchen er nach Berlin gebracht wurde, um als Rekrut in die Armee