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Artikel „Eissenhardt, Johann“ von Heinrich Weizsäcker in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 48 (1904), S. 324–327, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Eissenhardt,_Johann&oldid=- (Version vom 24. November 2024, 03:23 Uhr UTC)
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Eissenhardt: Johann Caspar E., Kupferstecher, geboren in Frankfurt a. M. am 8. November 1824, † ebenda am 11. October 1896. E. verdankt seine künstlerische Ausbildung der Schule des Städel’schen Instituts, in deren Elementarzeichenclasse er in seinem zwölften Jahre Aufnahme fand. Drei Jahre später, 1839, trat er an derselben Anstalt in das Atelier des rühmlich bekannten Kupferstechers Eugen Eduard Schaeffer ein, dessen Schüler er viele Jahre lang gewesen ist. Neben Schaeffer hat er nach seinem eigenen Zeugniß auch seinem um weniges älteren Schwager, dem Kupferstecher und Maler Angilbert Goebel mannichfache Anleitung verdankt. Die Eindrücke seiner Lehrjahre, die ihn im engeren Kreise des Instituts mit einigen der ersten künstlerischen Größen der damaligen Zeit, Männern wie Veit, Rethel, Schwind, von der Launitz, später auch mit Steinle und dessen Schüler, dem nachmaligen Lord Frederick Leighton in nähere persönliche Berührung brachten, hat er daneben noch in späteren Jahren als einen besonderen Gewinn, der ihm zu [325] Theil geworden, anerkannt. Dieselben Einflüsse bekunden auch die ersten Arbeiten seines Grabstichels: eine Reliefgruppe aus Thorwaldsen’s Alexanderzug (1841), das Urtheil Salomonis nach Steinle (1847), die Italia nach Veit’s Fresko im Institutsgebäude (1851). – Zu den Schöpfungen dieser früheren Zeit gehören auch die singenden Chorknaben aus dem Schwind’schen Wandgemälde der Einweihung des Freiburger Münsters in der Karlsruher Kunsthalle, und sodann zwei Blätter, die der Frankfurter Kunstverein herausgab, die „Madonna del Campidoglio“ nach Steinle und eine weibliche Kniefigur nach einem unter dem Namen „la Sonnacchiosa“ dem Paul Veronese zugeschriebenen Gemälde, das damals der Maler Professor Oppenheim in Frankfurt besaß.

Auch prosaischeren Aufgaben, wie sie der von seiner Hände Arbeit lebende Künstler nicht immer von sich zu weisen vermag, lieh E. vorübergehend sein Talent: nachdem er bereits 1857 ein Jahr lang in Darmstadt in staatlichem Auftrag mit der Herstellung von Papiergeld beschäftigt gewesen; folgte er zu gleichem Zwecke 1863 einem Rufe nach St. Petersburg, wo er in der Expedition zur Anfertigung von Staatspapieren Anstellung fand. Unter den hier entstandenen Arbeiten fand namentlich ein Rundbild der Kaiserin Katharina II., das auf den noch heute cursirenden Hundert-Rubelscheinen angebracht ist, Beifall. Ebenda entstanden nebenher verschiedene Porträtstiche, so die Bildnisse der Gelehrten Leteneff und Lenz und das Brustbild des Großfürsten Wladimir Alexandrowitsch. So sehr aber auch dem Künstler seine Petersburger Thätigkeit materiell förderlich war, so wenig fand er sie doch auf die Dauer mit seinen höheren künstlerischen Zielen vereinbar. Nach sechs Jahren kehrte er deßhalb von Petersburg in die Heimath zurück. Aufs neue trat er hier 1873 in ein engeres Verhältniß zum Städel’schen Kunstinstitut, in dessen Räumen ihm behufs Anfertigung von Reproductionen nach Originalen der Städel’schen Gemäldesammlung ein eigenes Atelier eingeräumt wurde. Hier fand er zugleich Gelegenheit, jüngere Künstler in die Technik der Radirung einzuführen, eine Lehrthätigkeit, welche E. von 1882 an auch im officiellen Auftrag der Instituts-Verwaltung ausgeübt hat, bis seine erneute Uebersiedlung nach Petersburg im J. 1889 diese Beziehung dauernd unterbrach. In Petersburg war er bei derselben Behörde wie früher, diesmal jedoch nur für die Dauer von etwas mehr als einem Jahre beschäftigt; er hat, nach Frankfurt zurückgekehrt, diesen Ort nicht mehr verlassen.

Unter den zahlreichen Arbeiten, welche den reiferen Jahren des Künstlers angehören, vermögen wir hier in Kürze nur einige hervorzuheben. Wir nennen außer kleineren Nachbildungen von Erzeugnissen der einheimischen Schule aus Burger’s, Rumpf’s und Dielmann’s Hand: drei im Laufe der siebziger Jahre entstandene Radirungen nach Gemälden der Nationalgalerie in Budapest, eine thronende Madonna nach Crivelli, ein weibliches Bildniß nach Neufchatel und das Porträt der Catharina Cornaro nach Gentile Bellini, ferner „Das Refektorium“ nach G. van Muyden, „Der Liebfrauenberg“ in Frankfurt nach C. G. Schütz, „Der Tuchgaden“ ebenda nach Burger und nach demselben „Der Markt“ in Frankfurt und „Das Jesuitenhöfchen“ in Cronberg. Wir unterlassen außerdem nicht, auf die fruchtbare Thätigkeit hinzuweisen, die E. im Laufe der Jahre in Frankfurt als Porträtstecher entwickelt hat. Seine meist in kleinerem Formate fein und geistvoll ausgeführten Bildnisse bekannter Persönlichkeiten, die im geselligen oder politischen Leben der Stadt eine Rolle gespielt haben, wie die von Dr. Ed. Rüppell, Senator Dr. Usener, den Malern E. v. Steinle und M. Oppenheim, von Freiherr Mayer Carl von Rothschild, Louis Spohr u. A. sind für die einheimische Porträtkunde von [326] bleibendem Werthe. Sein eigenes Bildniß in genreartiger Auffassung, wie er, über eine Platte gebückt, am Arbeitstische sitzt, hat er nach einer von Goebel gemalten Vorlage radirt.

Als die Frucht seiner 1878 im Städel’schen Institut begonnenen Arbeiten veröffentlichte E. unter dem Titel: „Die Städel’sche Galerie zu Frankfurt am Main in ihren Meisterwerken älterer Malerei. Zwei und dreißig Radirungen von Johann Eissenhardt“ u. s. w., Leipzig 1877, ein Galeriewerk, das in einer Zeit, der unsere heutigen photomechanischen Vervielfältigungsmittel noch nicht zu Gebote standen, nützliche Dienste zu leisten berufen war und das als einer der ersten Versuche in der, inzwischen allerdings zu höherer Vervollkommnung entwickelten Technik der reproducirenden Radirung neben den bahnbrechenden Schöpfungen eines William Unger immer mit Ehren zu nennen sein wird. In kleinerem Umfange hatte sich E. an einer verwandten Aufgabe schon bedeutend früher versucht. Schon 1859 hatte er in kleinerem Format eine Serie: „Zwölf Blätter nach einer Auswahl der zur Verloosung von 1858 bestimmten Oelgemälde“, für den Frankfurter Kunstverein radirt, der bis einschließlich 1862 vier Fortsetzungen zu je sechs Blättern gefolgt sind. In diesem Zusammenhange dürfte auch der mannichfachen Arbeiten des Künstlers für Buchillustrationen zu gedenken sein; zum bedeutendsten gehören darunter einige Beiträge zu Duller’s „Erzherzog Karl“ nach Zeichnungen von Schwind und eine Reihe von Vignetten mit Initialen, die er nach Vorlagen des Frankfurter Bildhauers und Malers J. B. Scholl angefertigt hat. Diese letzten waren für eine Sammlung „Deutsche Dichtungen in Bild und Wort“ bestimmt, wovon nicht mehr als ein erstes Heft (Mainz o. J.) erschienen ist, darin zwei der von E. gestochenen Randzeichnungen.

Unter den letzten umfänglicheren Schöpfungen Eissenhardt’s ist neben zwei nach Madonnenbildern der Berliner Galerie von Raffaellino del Garbo und Lorenzo di Credi ausgeführten Blättern (1887) sein Stich nach Botticelli’s Madonna mit den leuchtertragenden Engeln in derselben Sammlung diejenige gewesen, auf welche er selbst das meiste Gewicht gelegt hat. Den Auftrag dazu erhielt er 1883. Bei dieser Arbeit ist der Künstler zu der vorzugsweise in seiner ersten Jugend von ihm gepflegten Manier des reinen Linienstiches zurückgekehrt, von der er sich im Laufe der Zeit mehr und mehr entfernt hatte. Zusammen mit der allgemeinen Geschmacksrichtung des Publicums, die sich von den Erzeugnissen des früher beliebten Brillantstiches ab- und der, einer rein malerischen Ausdrucksweise günstigeren Radirung zuwandte, hatte sich bei dem Künstler diese Entwicklung vollzogen. Er war zuletzt vorzugsweise Radirer geworden oder er gab doch einer aus Radirung und Stichelarbeit gemischten Manier den Vorzug. Die Originalradirung hat E. nie geübt, in der nachbildenden Thätigkeit lag zugleich die Grenze wie die eigenthümliche Stärke seines künstlerischen Vermögens, das mit einem leichten, oft etwas weich gehaltenen Vortrage die Gabe der Anempfindung wie der Interpretation in nicht gewöhnlichem Umfange verband. Erwähnt sei noch, daß E. von der kgl. preußischen Regierung 1889 den Professortitel erhielt und daß ihn 1890 die kais. Akademie der Künste in St. Petersburg zu ihrem Ehrenmitgliede ernannte.

Acten und Schülerlisten des Städel’schen Kunstinstituts. – Periodische Berichte über das Städel’sche Kunstinstitut, durch die Administration veröffentlicht, 1879, 1883 u. 1888. – Frankf. Reform 1864, Nr. 103, S. 410 (Bericht von F. Rittweger). – Mittheilungen der Gesellsch. f. vervielfält. Kunst, I. Jahrg. (Wien 1873), Nr. 3, Sp. 45. – Eissenhardt’s Gesammtwerk in nahezu lückenloser Vollständigkeit in der Sammlung des Städelschen [327] Instituts. – Dankenswerther persönlicher Mittheilungen hat sich der Verf. außerdem von Seiten der Wittwe des Künstlers, Frau Th. Eissenhardt in Frankfurt zu erfreuen gehabt.