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Artikel „Dusch, Alexander von“ von Friedrich von Weech in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 5 (1877), S. 492–494, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Dusch,_Alexander_von&oldid=- (Version vom 28. März 2024, 14:24 Uhr UTC)
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Dusch: Alexander v. D., geb. zu Neustadt an der Haardt am 27. Jan. 1789, † zu Heidelberg am 27. Oct. 1876, war der Sohn eines kurpfälzischen Beamten, den seine Dienstverhältnisse später nach Mannheim führten. Dort, in Paris, wo sein Oheim Collini badischer Geschäftsträger war, und in Heidelberg erhielt D. seine gelehrte Bildung. Da sein Geburtsland an Baden gefallen war, ergriff er nach Vollendung seiner Studien die Beamtenlaufbahn dieses Staates und fungirte seit 1813 als Kreisassessor zu Villingen. Aus dieser Stellung ward er sodann zuerst in das Finanzministerium, 1818 als Rath in das Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten berufen, in dessen Geschäftskreis sich von da an 30 Jahre lang seine amtliche Wirksamkeit bewegte. Bei der sehr ernst gemeinten Freisinnigkeit seiner politischen Anschauungen, die ihn schon sehr früh zu einem Wortführer des parlamentarischen Systems machte (vgl. seine Schrift „Ueber das Gewissen eines Deputirten“, Karlsruhe 1822), fand er sich vielfach in ausgesprochenem Gegensatze zu dem Chef seiner Behörde, dem Minister v. Berstett, der bekanntlich einer der eifrigsten Anhänger der durch die Karlsbader Beschlüsse inaugurirten Politik war. Um so lieber nahm er daher 1826 als Geschäftsträger bei der Eidgenossenschaft, erst in Zürich, seit 1829 in Bern seinen Wohnsitz, nachdem er sich schon vorher bei dem Abschlusse eines Zoll- und Handelsvertrags zwischen Baden und der Schweiz, der bis zum Eintritte [493] Badens in den Zollverein in Kraft blieb, das Vertrauen der schweizerischen Staatsmänner erworben hatte. Dieses Vertrauen erhielt sich D. während der ganzen Dauer seiner amtlichen Wirksamkeit in der Schweiz in so hohem Grade, daß sein Rath und Einfluß auch in solchen Fragen begehrt wurde und wirksam war, in denen der Rang, den der Staat, welchen er vertrat, im europäischen Concert einnahm, ihm keine directe amtliche Einwirkung gestattete. Nachdem D. während der J. 1832–34 mehrfach mit Unterhandlungen betraut war, die seine Abwesenheit von Bern bedingten (Rhein- und Neckarzollsachen, Rheingrenzregulirung u. dergl.), und nachdem er mit dem Minister v. Reizenstein zur Zeit der Minister-Conferenzen in Wien anwesend gewesen war, ohne übrigens an diesen selbst Antheil zu nehmen, fand er im J. 1834 noch Anlaß, den Behörden der Eidgenossenschaft seine guten Dienste zu widmen bei den Verwicklungen, zu denen das Betragen der in der Schweiz aufgenommenen polnischen Flüchtlinge Anlaß gegeben hatte. 1835 wurde er, mit Beibehaltung des Postens in der Schweiz, zum badischen Gesandten in München ernannt, wo es galt, mit dem Hofe des Königs Ludwig I., der Baden aus den bekannten Territorialstreitigkeiten (Rückfall der Pfalz, Sponheimische Frage) her unfreundlich gesinnt war, ein besseres Verhältniß herzustellen. Dies wurde wenigstens äußerlich erreicht, wenn auch der König, der sich bei diesen Irrungen im Recht glaubte, den Verlust der rechtsrheinischen Pfalz nie ganz verschmerzen konnte.

Von 1838–42 vertrat D. sein Heimathland im Bundestage und auch hier war er bestrebt, seine freisinnigen Ansichten, die ja dort nicht durch eine eingreifende Thätigkeit zur Geltung gebracht werden konnten, wenigstens durch Abwehr schlimmster Einflüsse zu bewähren. Mehr Gelegenheit zur Geltendmachung seiner constitutionellen Gesinnung fand D., als er, nach Blittersdorff’s Rücktritt, 1842 zum Minister des großherzogl. Hauses und der auswärtigen Angelegenheiten ernannt wurde, eine Stellung, in welcher er, seit 1846 mit seinem Freunde und Collegen Bekk zusammenwirkend, nach besten Kräften bestrebt war, die traurigen Folgen des Blittersdorff’schen Systems zu beseitigen. Doch war einerseits die radicale Partei in Baden damals schon zu sehr verbreitet und zu weit fortgeschritten, um wieder auf die Bahn einer Verständigung mit der Regierung zurückgeführt zu werden, andererseits wirkten hemmend und schädigend die von Frankfurt aus eifrig fortgesetzten Intriguen und Hetzereien seines Amtsvorgängers, endlich trat durch die Bewegung von 1848 unerwartet ein Element in die kleinstaatlichen Verhältnisse ein, welches, rasch zu revolutionären Ausschreitungen führend, die Männer der Ausgleichung und Versöhnung unmöglich machte. Das Ministerium, das die Mittel nicht besaß, den Maiaufstand von 1849 niederzuwerfen, mußte vor der nun hereinbrechenden Reaction (Juni 1849) zurücktreten.

In den deutschen Verfassungsfragen aber, deren Scheitern diesen Aufstand hervorgerufen, nahm D. eine ganz bedeutende Stellung ein. Von jeher gut deutsch gesinnt, vermochte er im Januar 1849 den Großherzog Leopold zu der Erklärung an die provisorische Centralgewalt: daß er bereit sei, sich einem einzigen, ja selbst einem erblichen Oberhaupt des deutschen Bundesstaates verfassungsmäßig unterzuordnen, eine Erklärung, der sich bekanntlich die Mehrzahl der kleineren Staaten anschloß.

Dem abgetretenen Minister blieb Haß und Verdächtigung von beiden großen Parteien nicht erspart. Er ertrug diese Producte vorübergehender Strömungen mit Gelassenheit in der Stille des Privatlebens, der er sich, nachdem er noch 1850 im Staatenhause zu Erfurt sich an den vergeblichen Bemühungen um eine bundesstaatliche Verfassung betheiligt hatte, noch 25 Jahre lang erfreuen durfte. Bis wenige Jahre vor seinem Tode in der vollen Kraft des Geistes, und bei [494] seiner gediegenen und vielseitigen Bildung auf den Gebieten der Litteratur und der Musik stets in einer ihn befriedigenden Thätigkeit, nahm er auch an den Vorgängen im Staatsleben seiner Heimath und des deutschen Vaterlandes den lebhaftesten Antheil. Eng befreundet mit L. Häußer, blieb er, ohne je wieder in die öffentliche Arena herauszutreten, in vielfacher Beziehung mit der liberalen Partei des Landes und war wol auch an dem Sturze des Concordats und an den Errungenschaften der neuen Aera unter dem Ministerium Lamey-Roggenbach nicht ohne Antheil. Als Schriftsteller hat er in den Schriften „Zur Pathologie der Revolutionen“ (1852) und „Das Reich Gottes und Staat und Kirche“ (1854) mit den in ihm zur unerschütterlichen Ueberzeugung ausgebildeten freisinnigen Grundsätzen der damals herrschenden Reaction in Staat und Kirche wirksam entgegengearbeitet. Es war die höchste Freude seines Alters, die Wünsche und Ideale seiner Jugend in der Neugründung des deutschen Reiches und in der aufrichtig verfassungstreuen Haltung seines Heimathlandes verwirklicht zu sehen.

Von seinen drei Söhnen war der eine Präsident des badischen Handelsministeriums, der zweite, lange Jahre Gesandter in Würtemberg und der Schweiz, ist jetzt als Geh. Rath im badischen Staatsministerium thätig, der dritte ist Professor der Medicin an der Universität Heidelberg.

Bad. Biographieen I. 197–204.