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Artikel „Dukes, Leopold“ von Carl Gustav Adolf Siegfried in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 48 (1904), S. 142–145, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Dukes,_Leopold&oldid=- (Version vom 19. April 2024, 04:18 Uhr UTC)
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Dukes: Leopold D., geboren zu Preßburg in Ungarn am 2. Februar 1810 (Zeitlin, bibl. hebr. post. Mendelssohniana, Leipzig 1895, S. 69), gehörte zu denjenigen jüdischen Gelehrten, welche im Anschluß an die großen Bahnbrecher auf dem Gebiete der jüdischen Litteratur (den Italiener David Luzzatto aus Triest, den Galizier Sal. Juda Rapoport aus Lemberg und den Deutschen Leopold Zunz, vorzugsweise in Berlin wirkend) es sich angelegen sein ließen, [143] den Juden die im Anfang des 19. Jahrhunderts fast vergessenen Schätze ihrer früheren Litteratur wieder nahe zu rücken. D. führte im Dienste dieser Aufgabe eine Art Wanderleben nach den Orten, die große Bibliotheken bargen (vgl. M. Steinschneider[WS 1], jüd. Litteratur in Ersch und Gruber’s allg. Encykl., 2. Sect., 27. Thl., S. 468). Wir finden ihn in Paris, Prag, Wien, Göttingen, wo er seit 1843 zu Heinrich Ewald in Beziehungen trat, und anderen Orten. Zuletzt ließ er sich, des Wanderlebens überdrüssig, bei Verwandten in Wien nieder, wo er im J. 1891 am 3. August gestorben ist. – Das Erste, was von D. erschien, war eine Ausgabe der fünf Bücher Mose mit dem Commentar des Raschi, letzterer in der sogen. Raschischrift gedruckt. Darunter stand in sog. Weiberdeutsch gedruckt (s. d. Erklärung dieser Schriftzeichen in Strack-Siegfried[WS 2], Lehrbuch der neuhebr. Spr. u. Litt. 1884, § 3, S. 8–10) eine deutsche Uebersetzung des Commentars des Raschi. Das Werk enthielt 5 Theile und erschien in Prag 1833–1838. Vorausgeschickt war eine Einleitung von L. D. (s. den vollst. hebr. Titel bei Strack-Siegfried S. 111). – Danach erschienen „Ehrensäulen u. Denksteine zu e. künftigen Pantheon hebr. Dichter u. Dichtungen“ Wien 1837. Es sind darin theilweise in hebräischer Sprache Dichtungen von Salomo ben Gabirol und Jehuda ben Salomon Alcharisi mitgetheilt. – Im J. 1839 erschienen zu Altona theilweise ebenfalls im hebräischen Original Dichtungen des Mose ben Esra aus Granada. Vgl. über diesen D., rabbin. Blumenlese S. 58, A. 1, 2, S. 87, A. 3, Karpeles, Gesch. der jüd. Litt. 1886, S. 504–511, wo Proben seiner Gedichte gegeben sind. Im J. 1842 erfolgte von D. eine Abhandlung: „Zur Kenntniß der neuhebr. rel. Poesie“ mit Mittheilung von Beispielen, unter denen sich ebenfalls hebr. Originaltexte befanden (vgl. rabbin. Blumenlese S. 11, 36, 253. Steinschneider a. a. O. S. 421, A. 4). Die Verbindung mit Ewald ermöglichte im J. 1844 weiteren litterarhistorischen Studien von D. das Erscheinen. Die von beiden gemeinsam veröffentlichten „Beiträge zur Geschichte der ältesten Auslegung und Spracherklärung des A. T’s.“ brachten im 1. Bande die wesentlich von Ewald bearbeitete Ausgabe der Erklärung der Psalmen und des Job von Saadia u. a., dazu Abhandlungen über älteste hebr. Sprachforscher und Erklärer. D. lieferte hierzu nur S. 160 einen Nachtrag. Dagegen bieten der 2. und 3. Band durchaus Arbeiten von D. – Band 2 enthält „Litteraturhistorische Mittheilungen über die ältesten hebr. Exegeten, Grammatiker und Lexikographen nebst hebr. Beilagen“ und zwar besonders über Saadja hagaon S. 5–115, über Menahem ben Seruck (Sarug) S. 119 bis 148, über Jehuda Chajjug S. 155–163, Jona ben Ganach (Gannach) S. 169–175. Die anderen jüdischen Schriftsteller mußten des mangelnden Raumes wegen kürzer behandelt werden (vgl. Vorwort S. VIII). Der 3. Band enthielt nach einer Münchener Handschrift eine Ausgabe der grammatischen Werke des Jehuda Chajjug aus Fez. Doch haben wir seit 1870 eine bessere Ausgabe derselben nach Handschriften der Bodlejana zu Oxford von J. W. Nutt (s. darüber Strack-Siegfried a. a. O. S. 109). – Ebenfalls 1844 erschien von D. die „Rabbinische Blumenlese“, welche Uebersetzung und Erläuterung der hebr. Sprüche des Sirach, talmudischer Sprichwörter und dazu in einem Anhange rabbinische Leichenreden nebst einem Glossar zur Erläuterung der neuhebr. Ausdrücke und Wendungen enthielt. Viele Originalproben in vocalisirten Texten sind beigefügt. Eine Einleitung über die Entwicklung dieser Litteratur in der Bibel und in der nachbiblischen Litteratur ist vorausgeschickt. Die verschiedenen Formen, in denen das Sprichwort im Talmud vorgetragen wird, werden unter Anführung von mancherlei Beispielen dargelegt. In einem zweiten Abschnitt bespricht der Verfasser biblische, apokryphische, talmudische [144] Sammlungen von Sprüchen und schließt daran solche aus der maurisch-spanischen Periode, besonders Musar haskel von Hai Gaon, ben Mischle von Samuel hannagid und Tarschisch von Mose ben Esra, wozu noch ins Hebräische übersetzte Sammlungen von Sentenzen aus arabischen Schriftstellern kommen. Den Abschluß bildet die Besprechung von früheren, derartigen Sammlungen aus der Geschichte der hebr. Litteratur. – Neuerdings sind besonders die Citate des Sirach in der rabbinischen Litteratur auch unter Würdigung der Vorarbeiten von D. (vgl. Blumenlese S. 67–84 und darüber E. König, Einl. in das A. T. 1893, S. 89) mit einem beträchtlich erweiterten Materiale aus Rabbinowitz, Perles und eigenen Collectionen behandelt worden von S. Schechter[WS 3] in der Jew. quarterly review 1891, Juli, S. 682–706, vgl. Theol. Jahresber. 1891, S. 58. – Kleinere Arbeiten waren im Litteraturblatt des Orients (1843 „Vorläufige Notiz über Dunasch b. Labrat“, „Notiz über die äußere Form der Pijutim“, 1844 „Bibliogr. Notiz über versch. Ritualien und besondere Gebetsammlungen“, „Das Schaukeln der Juden bei dem Gebet und bei dem Studium des Talmuds“, „Der Gebrauch einer bestimmten Melodie beim Studium der Bibel und des Talmuds“) mitgetheilt worden. Im J. 1844 erschienen noch zu Stuttgart die „Litterarhistorischen Mittheilungen über die ältesten hebr. Exegeten, Grammatiker und Lexikographen“, welche vieles enthielten, was im 3. Bande des Werkes von Ewald und D. (s. o.) hatte aus Mangel an Raum unterdrückt werden müssen. Es sind im ganzen 14 Namen jüdischer Gelehrten, die hier behandelt werden, unter ihnen Saadja, Jehuda ben Koreisch, Menahem ben Saruk, Dunasch ben Librat, Jehuda Chajjug, Hai Gaon, Isaak Chiquitilla, Jona ben Gannach, Sal. ben Gabirol, Samuel ha Nagid u. a. – Im J. 1846 wurden von D. unter dem Titel „Qobis ăl jad“ Proben lexikalischen, synonymen und grammatikalischen Inhalts aus verschiedenen Haydschriften gesammelt, erläutert und herausgegeben. Dieses erste und einzige Heft brachte Proben aus dem hebr. Wörterbuche eben boḥan des Menahem ben Salomo mit einer hebr. Einleitung (vgl. dazu Steinschneider a. a. O. S. 397, A. 7, 405, A. 5, 419, A. 15 u. a.). – 1847 schrieb D. eine Einleitung zu S. Cahen’s Bibelwerk, Abschnitt Proverbes, in welcher er die Gnomen der Haggada behandelte und eine Tabelle der jüdischen Ausleger von Saadja bis auf Löwenstein mit einer Besprechung von 38 hier in Betracht kommenden Werken gab (bei Steinschneider a. a. O. meist kurz mit Dukes, Mischle citirt, s. S. 392, A. 32, 406, A. 27, 434, A. 49 u. a.). Im J. 1846 veröffentlichte D. die Schrift Qonṭres hammaśśoret „eine Abhandlung über die hebräische Accent- und Vocallehre von Aharon ben Ascher“, „nach einer Luzzatto’schen Handschrift ergänzt, berichtigt und erweitert, mit Vorrede, Anmerkungen und anderweitigen Beigaben versehen“ (vgl. dazu Steinschneider a. a. O. S. 399, A. 27, S. 414, A. 27, 29, 31 u. a.). S. Baer und H. Struck, Die dikduke ha te amim … Leipzig 1879, VI, VII, haben eine neue Ausgabe mit Benutzung zahlreicher alter Handschriften veranstaltet. In demselben Jahre (1846) erschienen auch die litteraturhistorischen Mittheilungen im Litteraturblatte des Orients, welche die Gnomologen Isaak ben Elasar, Jehuda ben Balam, Schirka-Jichud u. a. betrafen (vgl. dazu Diestel, Gesch. des A. T’s. in der christl. Kirche 1869, S. 571 und neuerdings S. Poznanski, Beitr. z. Gesch. der hebr. Sprachwissensch. I, 1894, bes. S. 6, A. 1, S. 7 f., 18. – Besonders ist auch die Abhandlung von D. über Saadia Gaon in der Zeitschr. f. Kunde des Morgenlandes Bd. 5, H. 1, S. 115 ff. zu beachten, in der 70 hebräische Worterklärungen von Saadia besprochen sind. D. hat zugleich diese kleine Schrift Saadia’s nach einer Handschrift der Bodlejana zu Oxford edirt. – Ebenfalls 1846 erschien die Abhandlung über „Die Sprache der [145] Mischnah lexikographisch und grammatisch betrachtet“ (vgl. dazu Steinschneider a. a. O. s. 364, A. 21. – Karpeles a. a. O. S. 1120). Im J. 1853 ließ D. 2 Hefte unter dem Titel naḥal qe dumim (vgl. dazu im A. T. Richter 5, 21; die dunklen Worte waren von D. wohl = „Buch der Vorzeit“ gedeutet worden) ein Büchlein erscheinen, welches Beiträge zur Geschichte der jüdischen Poesie des Mittelalters enthielt. – 1855 gab H. Filipowski, criticae vocum recensiones Douasch ben Librat (Dunasch b. Labrat) cum animadversionibus Jacobi ben Mejer Tam (London) heraus, wozu auch D. und R. Kirchheim exegetische Anmerkungen geliefert hatten (vgl. über diesen jüdischen Lexikographen Strack-Siegfried a. a. O. S. 109; außerdem s. Ewald-Dukes a. a. O. Bd. 2, S. 149–154). – 1858 veröffentlichte D. 2 Hefte schire Scholomoh hebr. Gedichte, aus Handschriften gesammelt, erläutert und herausgegeben (Hannover), d. h. Gedichte des Salomo Gabirol (vgl. Strack-Siegfried a. a. O. S. 119, Karpeles a. a. O. S. 1148, Steinschneider a. a. O. S. 428, A. 32, wozu auch Dukes’ Artikel im Litterturbl. d. Orients V u. VI gehören). – 1860 gab D. ein ersten (und einziges) Heft heraus über „Salomo ben Gabirol aus Malaga und die ethischen Werke desselben“ (Hannover). Es behandelte besonders G’s Mibar ha-peninim (Auslese der Perlen), eine poetische Chrestomathie arabischer Dichtungen (vgl. dazu rabbin. Blumenlese S. 59 und G’s. Tiqqun middot ha-nefeš, Verbesserung der Eigenschaften der Seele), eine Sammlung von Sentenzen griechischer und arabischer Weisen (vgl. Blumenlese S. 60). Sonst siehe J. Fürst, bibliotheca Judaica, 1. Theil 1849, S. 214, 215. J. M. Jost, neuere Geschichte der Israeliten, 3. Abth. Breslau 1846, S. 112 f., 165. Karpeles a. a. O. S. 1123, 1131. Mit 1860 schließen die Spuren der litterarischen Thätigkeit von D. ab. Er lebte noch 30 Jahre in Wien in einem otium cum dignitate. Die Zeit war inzwischen fortgeschritten; man stellte strengere kritische Anforderungen an Veröffentlichungen jüdischer Quellen als dieser immerhin verdienstliche Sammler befriedigen konnte (vgl. o. zu Jeh. Chajjug, zu Schechter über Sirach u. a.). Immerhin bleibt ihm das Verdienst, seiner Zeit Interesse an jüdischer Litteratur und Werthschätzung derselben vermittelt zu haben.

Sonst vgl. Reich, Ehrentempel verdienter ungarischer Israeliten. 2. Aufl. 1878. – M. Roest, Catal. d. Hebr. u. Jud. der L. Rosenthal’schen Bibl. Amsterd. 1875, S. 313–315.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Moritz Steinschneider (1816–1907)
  2. Hermann Leberecht Strack (1848–1922) und Karl Siegfried, Autor dieses Artikels
  3. Solomon Schechter (auch: Salomon Schechter; 1847−1915), rumänischer Rabbiner