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Artikel „Cloß, Gustav“ von Friedrich Pecht in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 4 (1876), S. 342–343, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Clo%C3%9F,_Gustav&oldid=- (Version vom 26. Dezember 2024, 07:39 Uhr UTC)
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Cloß: Gustav C., Landschaftsmaler, geb. in Stuttgart am 14. November 1840, † am 14. August 1870 in Prien am Chiemsee, gehörte zu den talentvollsten Künstlern seines Faches in der großen neueren Münchener Schule, innerhalb deren er eine ganz selbständige mehr idealisirende und stilisirende Richtung vertrat, so weit sich dieselbe mit dem gründlichsten realistischen Naturstudium verbinden läßt. In Stuttgart als Sohn eines Buchbinders und zur Uebernahme von dessen blühendem Gewerbe erzogen, erhielt er den ersten Unterricht in der dortigen Gewerbeschule, vertauschte ihn und die Buchbinderei aber bald mit dem des bekannten Landschafters Funk an der dortigen Kunstschule, wo er rasch die glänzendsten Fortschritte im Malen machte, und sich dabei besonders bald durch seinen glänzenden Vortrag, in der Kunstfertigkeit im Bogenzeichnen, durch die schöne Handschrift, hervorthat. Dies gab Veranlassung, daß er, angeregt durch seinen Zwillingsbruder, den bekannten Holzschneider C., sich auch bald im Illustriren für den Holzschnitt versuchte, dem er begünstigt von entschiedenem Formensinn und einem ungewöhnlichen technischen Geschick bald ganz neue Seiten, vor allem einen in Schatten und Licht wirkungsvollen Stil abgewann, wie er in gleicher Vortrefflichkeit bis dahin in Deutschland noch nicht erreicht worden war. Er trug damit nicht wenig zu jenem Vertauschen der altdeutschen mit einer mehr sich der niederländischen Radirung und ihrer malerischen Freiheit anschließenden Behandlung des Holzschnittes bei, die um diese Zeit in Deutschland immer vollkommener durchdrang. Im Jahre 1860 kam er zuerst an den Chiemsee und das baierische Gebirg, denen er fortan eine Menge Motive entnahm, die sich immer durch ein phantastisch-poetisches meist auch melancholisches Element nach Art des Lenau, den er auch oft illustrirte, auszeichnen. – In Folge seiner raschen Fortschritte erhielt er ein Staatsstipendium nach Italien, wohin er 1863 kam. Die stilvollen Formen dieser Natur fesselten ihn fortan fast ausschließlich und er benützte seine überaus reichen Studien, als er sich nach der Rückkehr in München niederließ, um sich bei seinen Bildern ein eigenes italienisches Genre zu schaffen, welches man das der stimmungsvollen Vedute nennen könnte, wie sie Rottmann zuerst eingeführt, mit dem C. übrigens sonst wenig gemein hat. – Diese Gatttung prägte er fortan auch ganz besonders in seinen zahlreichen Holzschnitt-Illustrationen aus, welche durch die eigenthümliche Art, wie er eine gewisse stilvolle Größe der Formanschauung mit vollständiger Naturwahrheit und feinster Auffassung des specifisch-charakteristischen einer jeden Natur zu verbinden weiß, zum werthvollsten gehören, was bei uns nach dieser Seite hin geleistet worden. Das bedeutendste, was er selber darin geschaffen, findet man in „Natur und Dichtung“, einer Reihe von in vollster malerischer Wirkung in Holzschnitt ausgeführten Landschaften, zu denen ihm deutsche Dichter wie Heine, Scheffel, Lenau, Annette Droste u. a. m. den Stoff geliefert. Er versteht dabei sich jedesmal in den Charakter der geschilderten Landschaft mit so viel malerischem Talent und so merkwürdiger Feinheit hineinzuleben, daß man dies Werk wol das beste nennen kann, was die landschaftliche Illustration im Holzschnitt bis jetzt bei uns geliefert. – Auch Uhland’s Gedichte hat er illustrirt, ebenso Wieland’s Oberon im Vereine mit Gabriel Max, unzähliger anderer Compositionen zu allen möglichen Werken nicht zu gedenken. – Von seinen Oelbildern sind die italienischen die werthvollsten, so eine herrliche Cypressengruppe aus der Villa des Hadrian bei Tivoli, andere aus Sorrent, Capri, vom Monte Pincio u. a. m. Immer ist daran die eigenthümliche Vereinigung von hochpoetischer Auffassung, großer Form und breiter meisterhafter Technik mit feiner Naturbeobachtung zu bewundern, besonders gelingt ihm vortrefflich die Darstellung der Baumnatur, dann jene Verbindung derselben mit der Architektur, welche den italienischen Villen einen so unwiderstehlich träumerisch-melancholischen [343] Reiz gibt. Letztere Stimmung ist überhaupt die, zu welcher er wol im Vorgefühl des frühen Todes am meisten neigt. Derselbe ereilte ihn schon im dreißigsten Jahre in Folge eines Bades in seinem geliebten Chiemsee, dessen zauberische Einsamkeit er oft so glücklich dargestellt.