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Artikel „Christmann, Jakob“ von Moritz Cantor in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 4 (1876), S. 222, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Christmann,_Jakob&oldid=- (Version vom 2. November 2024, 22:51 Uhr UTC)
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Christmann: Jakob Ch., Orientalist und Astronom, geb. zu Johannisberg im Rheingau im November 1554, † zu Heidelberg 16. Juni 1613. Er wurde auf Kosten von Konrad Marius, der die Fähigkeiten des Knaben frühzeitig erkannte, in Neuhausen erzogen und setzte seine vorwiegend orientalistischen Studien in Heidelberg an dem Collegium Sapientiae fort, war auch ebenda 1580 Lehrer an dem sogenannten Dionysianum. Er schloß sich eng an den berühmten Professor der Medicin Thomas Erast an und folgte demselben nach Basel, als beide wegen ihres reformirten Glaubens sich weigerten die am 31. Juli 1579 von Kurfürst Ludwig VI. erlassene Concordienformel zu unterschreiben und sonach die lutherisch purificirte Universität Heidelberg verlassen mußten. In Neustadt an der Hardt war inzwischen eine reformirte gelehrte Schule, das Casimirianum entstanden, und dort fand Ch. eine Anstellung, als er von der unfreiwillig begonnenen mehrjährigen Studienreise, die sich über Basel bis nach Breslau, Wien und Prag ausgedehnt hatte, zurückkehrte. Als Ludwig VI. am 12. Oct. 1583 gestorben war, erfolgten unter Johann Casimir wieder Anstellungen reformirter Professoren in Heidelberg. Darunter erscheint Ch. seit dem 18. Juni 1584 als Professor der hebräischen Sprache, seit 1591 als Professor der Logik. Während der großen Pest, welche vom Juli 1596 bis zum März 1597 Heidelberg verödete, blieb Ch. furchtlos an seinem Posten. 1602 war er Rector der Universität. 1608 ernannte ihn Friedrich IV. zum Professor der arabischen Sprache. Zur Gründung dieser Professur, der ersten ihres Faches in Europa, hatte Ch. selbst in der Vorrede seiner Ausgabe von der Chronologie und Astronomie des Alfraganus (1590) aufgefordert, damit Philosophie und Arzneikunde quellenmäßig vorgetragen würden, und als befähigtsten Inhaber der neuen Lehrstelle hatte er sich durch sein „Alphabetum arabicum cum isagoge arabice legendi ac scribendi“ erwiesen. 1595 folgte eine Abhandlung über die Quadratur des Kreises, über welche Kästner in seiner Geschichte der Mathematik (Bd. I. S. 497) berichtet und in welcher die der Wahrheit entsprechende Auffassung sich findet, der Raum des Kreises könne nicht genau, sondern nur annähernd einer gradlinigen Figur gleichgesetzt werden. 1601 erschienen Christmann’s „Observationum solarium libri tres“. Seit dem 19. Sept. 1603 war er im Besitze der Originalhandschrift des Werkes von Copernicus über das Weltsystem. Das Studium derselben ist auch aus Spuren in der „Theoria lunae ex novis hypothesibus et observationibus demonstrata“ (1611) erwiesen. Noch andere Schriften Christmann’s beziehen sich hauptsächlich auf Chronologie.

Vgl. Schwab, Quatuor seculorum syllabus rectorum etc. Tom. I. p. 201. Heidelberg 1786. Jubiläumsausgabe des Copernicus, Vorrede S. X, Thorn 1873. Hautz, Geschichte der Universität Heidelberg, Mannheim 1862-64. Häusser, Geschichte der rheinischen Pfalz, Bd. II. Heidelberg 1845.