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Artikel „Carvacchi, Karl“ von Ernst Raßmann in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 4 (1876), S. 38–39, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Carvacchi,_Karl&oldid=- (Version vom 23. November 2024, 14:23 Uhr UTC)
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Carvacchi: Karl C., geb. zu Braunsberg in Ostpreußen 23. Aug. 1791, studirte auf der Universität zu Königsberg Mathematik und Architektur und trat 1810 in die Dienste des Königs von Westfalen als Attaché bei der Oberbaudirection. Im J. 1812 verheirathete er sich mit Margaretha Sattler, Tochter des Kaufmanns Gottlieb Sattler in Cassel. Als das Königreich Westfalen zusammenfiel, lebte er einige Zeit als Privatmann, wurde darauf 1816 Mitglied der cassel’schen Kaufmannszunft und errichtete eine Farbenfabrik aus vaterländischen Erden, wofür ihm 1819 der Kurfürst von Hessen-Cassel, Wilhelm I., die große goldene Medaille verlieh. Darauf legte er bei Cassel eine Torfstecherei an, schrieb mehrere Abhandlungen über Brennmaterialien etc., welche in den cassel’schen Provinzialblättern abgedruckt wurden, und beschäftigte sich überhaupt mit staatswirthschaftlichen Studien. Die von ihm im J. 1831 verfaßte Schrift: „Betrachtungen über den sonstigen Gang und den jetzigen Stand [39] von Deutschlands commerciellen Angelegenheiten in Beziehung auf Kurhessen“ machten die versammelten Landstände zur Grundlage ihrer Discussion über den Anschluß Kurhessens an den preußischen Zollverein. – Im J. 1832 wurde er zum Steuerrath bei der Provinzialsteuerdirection in Münster ernannt, 1833 zum Obersteuerrath, 1834 zum Oberfinanzrath und 1855 zum Geheimen Oberfinanzrath befördert. Auf seinen Dienstreisen hat er mit Ausgrabung altgermanischer Grabstätten sich vielfach beschäftigt und ziemlich alle Formen aufgefunden, welche die Forschung hierüber bisher nachgewiesen hat, sowol in Metall, als in Stein, Knochen und gebrannten Erden. Diese reiche Sammlung hat er dem Verein für Geschichte etc. in Cassel übergeben, wo sie jetzt unter dem Namen: „Die Carvacchische Sammlung“ aufbewahrt wird. Eine zweite Sammlung römischer Alterthümer, welche bei den Festungsbauten in Mainz aufgefunden sind, und welche er von seinem Schwager, dem Obristen Haak, geerbt hatte, hat er dem städtischen Museum zu Mainz geschenkt. Eine besondere Thätigkeit verwandte er auf die Sammlung von Incunabeln und mittelalterlichen Drucken, wobei es ihm gelang, die zweitälteste Handschrift der Berliner Bibliothek aufzufinden. Es ist dies die Eneide von Heinrich von Veldeke aus der letzten Hälfte des 13. Jahrhunderts. In der von Franz Kugler herausgegebenen Schrift: „Die Bilder-Handschrift der Eneide in der königl. Bibliothek zu Berlin“ wird C. als Auffinder und Retter der Handschrift angeführt. Im J. 1855 erschien zu Münster eine kleine Schrift von ihm unter dem Titel: „Biographische Erinnerungen an Joh. Georg Hamann, den Magus im Norden“. Im J. 1865 begab sich C. in den Ruhestand, verließ Münster, lebte bei seinen Verwandten in Cassel, wo er 10. Mai 1869 starb.

Vgl. Nachrichten von dem Leben und den Schriften münsterländischer Schriftsteller des 18. und 19. Jahrhundertes von E. Raßmann, Realschullehrer, Münster 1866.