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Artikel „Burchard I., Bischof von Würzburg“ von Heinrich Hahn in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 3 (1876), S. 564–566, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Burghard&oldid=- (Version vom 21. November 2024, 23:02 Uhr UTC)
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Burchard I., (Burghard, Burkhart), der erste Bischof von Würzburg, war ein Genosse des Bonifaz. Dieser, der bedeutendste unter den in Deutschland wirkenden Heidenbekehrern, wollte im Mannesalter das Werk seines Lebens durch feste Formen sichern und lehnte sich dabei an den römischen Stuhl und die fränkische Staatsgewalt. Er richtete, nachdem er in Baiern, an Vorgefundenes anknüpfend, bereits damit begonnen hatte, in den neubekehrten Gegenden einen Amtsverband von Bischöfen ein, den er dem römischen Bischof unterordnete. Hauptsächlich bedurfte es solcher Bischöfe für die Gegend von Hessen, Thüringen und für das östliche Franken. Nach den Kirchenvorschriften mußte er als Sitz derselben große und feste Orte wählen. Für das östliche Franken war daher das Castell Würzburg, die Residenz der alten Volksherzoge, aus diesem wie aus andern Gründen sehr geeignet. Das Verhältniß des Maingebietes, ursprünglich zu Thüringen jenseit des Thüringer Waldes gehörig, zur genannten Landschaft ist ebenso wie die Geschichte von der Trennung beider Gebiete und die vom Untergang der letzten Herzoge wenig aufgehellt; dagegen ist klar, daß der letzte bekannte Herzog im Anfang des 8. Jahrhunderts, Hetan II. und eine letzte Sprossin Immina dem christlichen Glauben angehörten und ihn förderten. Vielleicht war das die Frucht von dem Wirken des heil. Kilian, des ersten Bekehrers in den Maingegenden, der hier seinen Märtyrertod gefunden hatte. Seine Saat war jedenfalls aufgegangen; denn fast in jedem der fränkischen Gaue fand sich beim Antritt Burchards eine christliche Kirche mit dazu gehörigen Besitzungen vor. Auch Bonifaz selbst hatte hier einige Klöster gegründet. Durch diese Vorarbeiten also, die Weihe, die der Boden Würzburgs durch das Blut Kilians empfangen hatte, ferner durch sein Ansehn und seine Festigkeit war Würzburg der geeignete Ort zur Begründung eines Bisthums. Bonifazius fand unter der kleinen Schaar von Mitarbeitern, die er größtentheils aus Britannien herbeigerufen hatte, einen brauchbaren Mann für diesen Sitz an der Grenze der östlichen Franken und Baiern und für die Verwaltung der Kirchen unter den Slaven, die sich bis hierher ausgebreitet hatten. Es war Burchard. Ueber seine Herkunft ist nichts Zuverlässiges bekannt; doch stammt auch er aus Britannien, wie er ausdrücklich bekennt. War es sein Alter, seine Weisheit, Frömmigkeit oder praktische Geschicklichkeit, die ihn dem Bonifazius werth machten, wir wissen es nicht; jedenfalls nimmt er an allen wichtigen Amtshandlungen desselben in erster Reihe Theil. Er empfing die Weihe im Herbst 741 wol durch Bonifaz und wohnte gleich darauf (21. October 741) mit diesem und dem Bischof von Buraburg der Weihe seines neuen Amtsgenossen Willibald von Eichstätt in der Salzburg (bei Neustadt an der fränkischen Saale) bei. Von der Einsetzung dieser drei Bischöfe macht Bonifaz dem eben erwählten Papst Zacharias sofort Mittheilung und verlangt von ihm die Bestätigung derselben in ihren Sitzen, damit sie, durch das päpstliche Ansehn geschützt, vor künftigen Uebergriffen sicher seien. Zacharias willfahrt. Von den übersandten Bestätigungsschreiben ist das an B. vom 1. April 742 vorhanden. Aber auch der Frankenherrscher Karlmann gibt der Einsetzung Burchards seine Zustimmung und beschenkt seine Kirche nach Urkunden späterer Herrscher, wie Karls des Großen, Ludwigs des Frommen und Arnulfs, ebenso wie nachher sein Bruder König Pippin reichlich mit Besitzungen und Einkünften und zwar mit 28 Kirchen nebst Zubehör innerhalb und außerhalb [565] des neuen Sprengels, so mit der Marienkirche auf dem Schloßberg bei Würzburg, aber auch mit solchen in Ingelheim, Kreuznach, Heilbronn u. a. O. Vielleicht ist auch Michelstadt (Hessen-Darmstadt, Kreis Erbach), Karlsburg an B. persönlich geschenkt, von diesem der Kirche abgetreten und später gegen das Schloß bei Würzburg eingetauscht, wie Homburg (bei Lengfurt in Unterfranken) unter diese Gaben zu rechnen; doch ist wenigstens die angebliche Bestätigungsurkunde Karls des Großen über Homburg gefälscht. Ferner wurde der neuen Kirche auch ein Theil der Strafgelder von solchen Gaugenossen, die sich der Heerpflicht entzogen, zugestanden, außerdem andere Einkünfte des Fiscus, so der zehnte Theil der Osterstufe, einer Naturalabgabe an Honig und Spelt aus dem Gebiete der östlichen Franken und Slaven, so ein Zehnten von 25 königlichen Besitzungen, endlich auch die Immunität oder Befreiung von königlicher Gerichtsbarkeit, kurz eine Fülle von Rechten, die zu dem Glauben an die Uebertragung der herzoglichen Würde verleitete. Unter den Privatpersonen, die sich B. und seinem Bisthum freundlich erwiesen, war nicht blos jene schon genannte Immina, sondern auch ein vornehmer Mann, Namens Gumpert, dessen Klostergründungen wie Schenkungen zwar manchen Zweifeln unterliegen, der aber jedenfalls zu den frommen Männern des Thüringerlandes gehört, die Zacharias ihrer Frömmigkeit wegen lobte. Nach seinem Amtsantritt wirkt B. bei allen hervorragenden Handlungen des Bonifaz mit und tritt dicht hinter ihm an erster Stelle hervor, wird auch zu wichtigen Sendungen verwandt. Zuerst erblicken wir ihn bei dem ersten germanischen Concil 742, das mit Genehmigung des kirchlich gesinnten Majordomus Karlmann abgehalten, in dessen Reichsantheil Austrasien den verfallenen katholischen Glauben wieder herstellt, die Irrlehrer verdrängt und Rechte und Pflichten der Bischöfe, wie der übrigen Geistlichkeit in allgemeinen Zügen festsetzt. Ebenso wenig fehlt er bei der ersten allgemeinen Reichsversammlung von Estinnes 745, wo für das ganze Frankenreich die Hauptlehren der katholischen Kirche angenommen werden, ein scharfer Kampf gegen die Irrgläubigen geführt, die Besitzverhältnisse der fränkischen Kirchen einer Regelung unterzogen und dem Bonifaz Köln als Amtssprengel überwiesen wird. An Freud’ und Leid, besonders an dem religiösen Gedeihen seines Heimathlandes mit patriotischem Eifer theilnehmend, mahnt er von hier aus mit Bonifaz und seinen Landsleuten den angelsächsischen König Aethilbald von Mercia, von seinen Lastern und von der Bedrückung der Kirche abzulassen. Das wichtigste Concil aber, an dem er mitarbeitet, nachdem er noch vorher im Kloster Fulda die Bestätigungsurkunde für dessen Besitzungen mitunterzeichnet hat, ist das vom Jahr 747, wo eine große Zahl von Bischöfen aller Reichstheile dem Papst das schriftliche Glaubensbekenntniß ablegte, den katholischen Glauben und die Einheit mit der römischen Kirche bewahren und dem heil. Petrus sich stets unterwerfen zu wollen. Dieses officielle Bekenntniß der Unterordnung der fränkisch-germanischen Kirche unter das römische Oberhaupt, also des Abschlusses der Hierarchie auch in unserem Vaterlande, wird nicht durch einen gewöhnlichen Boten, sondern durch Bischof B., den Zacharias selbst als eine ihm angenehme Person bezeichnet, übersandt und vom Papst mit Freuden begrüßt. Eine zweite, nicht minder wichtige, aber staatliche Sendung soll er 749 oder 751 im Auftrag des Majordomus Pippin übernommen haben, nämlich dem Papst die Ohnmacht der letzten Merowinger und die Nothwendigkeit eines Thronwechsels darzulegen und ihn um seine Unterstützung dabei zu bitten. Ob das auf Verwechselung mit obiger Sendung beruht oder schon damals ein derartiger Auftrag mitgegeben oder wirklich eine zweite Mission vollführt wurde, ist nicht auszumachen. Im Juni 753 ist er zu Attigny Zeuge der Bestätigung, die Pippin dem Kloster Fulda ertheilt. Vielleicht fanden hier die Berathungen über seines Meisters Abdankung und seine [566] eigne statt, von denen die über seine Ersetzung durch Megingoz nach der irrthumsreichen Erzählung seines Biographen Egilward mit Kaiser Karl und dem Erzbischof Lul durch einen Präfecten Liutfried geführt sein soll; denn in der That finden sich hier die betheiligten Personen B., Lul, Megingoz und Liutfried zusammen, der in einem päpstlichen Schreiben mit dem obenerwähnten Gumpert zusammen als Förderer der Kirche gerühmt wird. Eine weniger scharf zu controlirende und weniger bedeutende locale Thätigkeit entfaltet B. in Würzburg selbst. In der Marienkirche auf dem von Immina eingetauschten Schloßberge, wo er seinen ersten Sitz gründet, setzt er die Gebeine des heil. Kilian bei, überträgt sie aber nach drei Jahren wegen der ungünstigen Lage jener ersten Stätte in die Kilians- oder Salvator-Kirche, die er an der angeblichen Todesstätte der Märtyrer, zuerst von Holz, dann von Stein erbaute und zur Kathedrale bestimmte, die aber 855 durch den Blitz zerstört worden ist. An ihrem Platze erhebt sich das jetzige Neumünster. Endlich gründet er auch am Abhange des Schloßberges am linken Mainufer das Andreaskloster, später nach ihm Burchardkloster genannt, bestimmt es für 12 Mönche und stattet es mit Gütern reich aus. In diesem, das sich nachher der Pflege der Wissenschaft hingab, lebte auch wahrscheinlich sein Biograph Egilward. Auch Bücher soll B. verfaßt haben und unter seinem Namen sind Homilien (Eckhart, Franc. Or. 1, 837), welche die noch sehr lebendige Neigung zu heidnischen Gebräuchen scharf verdammen, vorhanden. Angeblich ist er nach seiner durch Altersschwäche herbeigeführten Abdankung mit 6 Mönchen und mitgenommenen Büchern zu Schiff nach Homburg übergesiedelt, um hier ein beschauliches Leben zu führen. Seinen Plan, sich in Michelstadt ein Kloster zu erbauen, führte er nicht mehr aus, da er am 2. Febr. 754, nicht 791 nach Egilward, noch vor Bonifaz starb. Seine Gebeine, zuerst von seinem Nachfolger Megingoz im Kiliansmünster zu Würzburg beigesetzt, wurden 984 von Bischof Hugo nach dem Burchardskloster übertragen. Schon kurz nach seinem Tode genoß er den Ruf der Heiligkeit. Sein Namenstag wird am 14. October gefeiert. Von zwei Lebensbeschreibungen über ihn ist die eine, vor 984 abgefaßt, völlig werthlos, die andere, von Egilward auf Grund einiger Geschichtsquellen, hauptsächlich aber legendenhafter Traditionen im 12. Jahrhundert geschrieben, von geringem Werth.

S. Acta SS. Oct. VI, 557–94. Mabill. III, 1, 700. Vgl. Rettberg, Kirch. Deutschl. 2, 313 u. 328 ff. Hahn, Jahrbücher d. fränk. Reichs. 25 ff.