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Artikel „Burenius, Arnold“ von Josef Bernhard Nordhoff in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 3 (1876), S. 586–588, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Burenius,_Arnold&oldid=- (Version vom 22. November 2024, 08:39 Uhr UTC)
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Burenius: Arnold B., Sohn eines westfälischen Landwirths, geb. gegen Anfang des Februar 1485, † 16. Aug. 1566, führte seinen Namen von dem paderbornischen Städtchen Büren, in dessen Umgegend seine Wiege stand, vielleicht auch von einem gleichnamigen, einige Stunden davon (zu Etteln) gelegenen Bauernhofe, der wol für seine nächste Geburtsstätte angesehen wird. Anscheinend häuslich wohl erzogen, verließ er früh seine Schwester und drei Brüder und begab sich nach Zwoll an die Schule (wahrscheinlich der Fraterherren), von dort nach Münster ans Gymnasium. Die classischen Studien, welche an beiden Orten, zumal in Münster blühten, zogen ihn so an, daß er bei der Berufswahl gern auf die eine behaglichere Zukunft versprechenden Studien der Rechts- und Arzneikunde verzichtete, um sich ganz den idealern Gebieten der Philosophie und Humaniora zu widmen. 1508 bezog er deshalb die junge Universität Wittenberg und erwarb sich hier während eines 15jährigen Aufenthaltes die Zuneigung Luther’s und die Freundschaft Melanchthon’s. Von letzterm empfohlen, folgte er 1524 einem ehrenvollen Rufe des Herzogs von Mecklenburg und übernahm [587] an dessen Hofe die Erziehung des jungen Herzogs Magnus, dem er neben der classischen Ausbildung auch die Lebensweisheit und Regententugend in einem Maße einflößte, daß sein Zögling, später Bischof von Schwerin, zu den bedeutendsten Fürsten seiner Zeit zählte. – Sein Lehrtalent sollte indeß namentlich der Mecklenburger Hochschule zu Gute kommen. Mit der Stadt Rostock 1518 zunächst von einer schrecklichen Pest heimgesucht, sodann von den Schwesteranstalten zu Wittenberg und Frankfurt, wohin die confessionellen Kämpfe aus allen Gegenden die Jugend lockten, überflügelt, war sie an Studirenden immer ärmer, Jahre lang ganz, an Lehrern meistentheils verwaist, der Name des Gelehrten bei ihr verächtlich geworden. Nun B. seine Aufgabe bei Hofe gelöst hatte, bot er zur Hebung der Landesuniversität zunächst seinen Einfluß bei den Herzögen auf und damit die Hofleute keinen Mangel an fähigen Lehrkräften vorschützen könnten, erbot er sich selbst als Lehrer, um die Anstalt aus ihren Trümmern wieder aufbauen zu helfen. 1530 (1531 oder 1532?) im 45. Alterssjahre siedelte der rüstige Mann als „professor oratoriae facultatis“ gegen ein Jahresgehalt von 70 Gulden und einem neuen Kleide nach Rostock über. Und wenn noch nach 1536 die Matrikel zuweilen nur 10, nie über 16 neue Namen im Semester aufzuweisen hatte, so lag die Schuld davon in äußern, städtischen Verhältnissen, nicht an B. Mit unverdrossenem Eifer sammelte er durch private und öffentliche Vorträge und Reden immer mehr Schüler und führte unter denselben, zumal diese vorerst in einem Collegium wohnten, eine Zucht von unerbittlicher Strenge ein; daher besonders die höhern und intelligentern Stände des Adels wie der Bürgerschaft Rostock und B. gern aufsuchten. Er konnte die Ausbildung von der Erziehung nicht trennen – und wie sehr auch Feinde und Studenten klagten, daß seine Grundsätze sich mit der akademischen Freiheit nicht vertrügen, so ließ er doch das Dociren mit strenger Zucht, mit steter Ueberwachung der Tagesarbeiten und mit Anweisungen zum Gehorsam Hand in Hand gehen. Neben den ästhetischen die sittlichenden Einflüsse der classischen Autoren betonend las er vornehmlich über die ethischen Schriften des Aristoteles und Cicero; auch suchte er die Studirenden wieder aus den Bürgerhäusern zu entfernen und wie früher in den Wohnungen der Schule unterzubringen. Das Adler-Collegium leitete er selbst, und dessen Wohlfahrt lag ihm so am Herzen, daß er seinen Freund Heinrich Welp als Collegen darin aufnahm und den Professor der Physik, Joseph Wurzler, nur unter der Bedingung zum Schwiegersohn haben wollte, wenn er dasselbe treu im alten Geiste zu leiten sich verpflichte. Behufs eines stufenweisen Bildungsganges wurden die Studirenden der Philosophie in besondere Classen je mit eigenen Unterrichtsgegenständen getheilt und diese wechselten mit einem regelmäßigen Religionsunterricht. – Die Anstalt erwachte zu neuem Leben und Ansehen: seit 1540 kamen ihr Hamburg und andere Städte mit Subventionen zu Hülfe, angesehene Gelehrte, so David Chyträus, wurden, namentlich auf den Vorschlag oder die Einladung des B., herangezogen und gegen 1551 ermangelte kein Fach seines Vertreters mehr. B. aber erntete bei der Nachwelt den Namen: „alter parens et restaurator academiae felicissimus“. – Die scientifischen und pädagogischen Grundsätze, von denen er sich die Blüthe der Hochschule und tüchtige Männer des thätigen Lebens versprach, hat er ausführlich in einer „Oratio de disciplina scholae Rostochianae“ niedergelegt und Melanchthon sie mit einer Vorrede unter seine Selectae Declamationes (edit. Argentorati tom. IV, 161 ss.) aufgenommen. – Studiren, Unterrichten und Erziehen war Burenius’ einzige Sorge und Melanchthon konnte von ihm aussagen: Ubi Arnoldus ibi schola. Den akademischen Satzungen gerecht zu werden, erwarb er den 26. März 1539 unter dem Decan Engbert Harlem den Grad des Magisters; wo feierliche Gelegenheiten es geboten, wie bei Hochzeiten und [588] Todesfällen der herzoglichen Familie, ließ er es an öffentlichen Reden von classischer Diction nicht fehlen. Dabei unterhielt er wie früher mit Georg Sabinus so stets die anregende Verbindung mit dem Jugendfreunde Melanchthon, der von seinen Arbeiten Ausgaben veranstaltete und ihm sogar seine Moralphilosophie widmete – ja Burenius’ Auge schweifte, um Bildung zu fördern, hinüber nach seiner Heimath und in einer Rede, die angeblich um 1549 zu Wittenberg gedruckt wurde, empfahl er, vielleicht weil die Humanistenschulen Westfalens ihm nicht leistungsfähig genug mehr erschienen, dem Bischof Franz v. Waldeck, der über Münster, Osnabrück und Minden, also über einen großen Theil Westfalens regierte, die Gründung einer wohleingerichteten Universität (schola bene constituta in Angrivariis aperiri [nach Hamelmann: … de ludis aperendis …]), deren Plan und Einrichtung er genauer vorzeichnete. Damit, meinte er, würde der Bischof sich aufs beste um seine Unterthanen verdient machen und einen Ruhm über das Grab hinweg sichern. – Burenius’ Name und Leistungen hoben seine Anstalt und eine Zahl dankbarer Schüler und Collegen umstand sein Grab, als er im 76. Jahre an Altersschwäche, vielleicht auch an Kummer starb; denn eben 1565 hatte wieder eine verheerende Seuche über 8000 Rostocker Bürger, 48 Studenten und 7 Professoren, auch seinen Schwiegersohn Wurzler, hinweggerafft. – Er war ein Mann von mittlerer Größe, gesunder, zäher Constitution, schlichtem Wesen, praktischem Verstande und ernster Frömmigkeit. Verheirathet hat er sich erst, nachdem er seine Jugendkraft den Musen gewidmet, 1539 mit einer Rostockerin, Anna Schroter, und seiner 27jährigen Ehe erblühten noch mehrere Kinder. Eine besondere Stütze des Alters fand er an dem zu Wittenberg promovirten Landsmann, dem Mathematiker Welp aus Lingen. – Seine Schriften, Commentare zu den meisten Reden und andern Schriften Cicero’s, wurden ihm einmal, als er erkrankt war, von einem Schüler mit kostbaren Büchern und den Briefen Melanchthon’s gestohlen. Edirt sind nur mehrere Reden und angeblich ein „Tractatus de reformatione Reipublicae Christianae ad nobilitätem Germanicam“, 1520.

Vgl. Nathanis Chytraei Oratio de vita et obitu Arnoldi Burenii Westphali, habita Rostochii anno MDLXXIIX, XVII kl. Novembr. apud Joh. Goes, Opuscula varia de Westphalia ejusque doctis aliquot viris edita, Helmstadii 1668, p. 136–160. – Hamelmann, Opera genealogico-historica, Lemgoviae 1711, p. 168. 1422. 1447. – G. J. Rosenkranz, in der (Westfäl.) Zeitschrift für Geschichte und Alterthumskunde (1855), XVI, 1 ff. – Mönckeberg, Zeitschrift … für hamburg. Geschichte (1847), II, 501 ff.