ADB:Buchser, Frank
Martin Disteli ihm durch seine Werke erschloß. Den Eltern Buchser’s war gerade dieser Künstler ein abschreckendes Beispiel, weshalb sie den Neigungen ihres Sohnes entgegentraten und ihn zu einem Orgelbauer in die Lehre gaben. Nach absolvirter Lehrzeit ging er nach Paris, das aber in künstlerischer Beziehung keinen großen Einfluß auf ihn ausübte. In Italien, und zwar in den Gallerien von Florenz trat die Wendung ein: erst 1847 beschloß B., Maler zu werden. Seine Mutter sagte sich nun von ihm los. Ihr Sohn, eine abenteuerliche Natur, ließ sich in Rom von der päpstlichen Garde anwerben, um dann später, beim Ausbruche der Revolution 1849, „mit der Garibaldischen Büchse über der Schulter auf Wachtposten“ zu stehen. Allein schon vor der Einnahme Roms sah er sich gezwungen, zu fliehen. Er ging nach Paris zurück, wo er von 1849–50 weilte. Immer mehr trat die Kunst jetzt für B. in den Vordergrund. In Belgien und Holländ lernte er die großen Realisten der Vergangenheit kennen. 1852 brach er von Paris nach Spanien auf, wo besonders Velasquez und Ribera seine Aufmerksamkeit erregten. 1853 war sein Atelier in England bereits das „Stelldichein der vornehmen Welt“. Die Rückkehr in die Schweiz 1855 brachte dem Künstler wohl Bestellungen, aber auch herbe Enttäuschungen. Es wurde ihm vom Solothurner Kunstverein der Auftrag zu theil, im Austausch gegen die altdeutsche „Madonna in den Erdbeeren“ von 1420 für die Kirche des St. Josephklosters in Solothurn eine „Heilige Familie“ zu malen. Sie fiel zu weltlich aus, weshalb Deschwanden sie später, besonders das Johannesknäblein, übermalen mußte. Mit Humor berührt B. das Schicksal seiner Heiligen Familie, die die einzige blieb und, wie der Meister äußert, [331] ihm in seiner lieben Vaterstadt von seiten hoher apostolischer Kunstkenner und der frommen Damen von St. Joseph eine harte Kur zuzog.
Buchser: Franz B., Porträt-, Genre- und Landschaftsmaler, geboren am 15. August 1828 in Feldbrunnen im Kanton Solothurn, † daselbst am 22. November 1890. B., ein wohlhabender Bauernsohn, sollte Theologie studiren, fühlte sich jedoch zur Gottesgelahrtheit nicht hingezogen. Früh verrieth er Liebe zur Kunst, die sein Landsmann1857 beginnen die Wanderjahre Buchser’s. Er wendet sich neuerdings Spanien zu, wo besonders Andalusien und Granada einen tiefen Eindruck hinterlassen und zieht dann südwärts, um die Meerenge von Gibraltar zu überschreiten. Es zog ihn in das Innere von Marocco. B. hat später diese Episode in den maroccanischen Bildern geschildert. Er erzählte, wie er von Tanger bis nach Fez vorgedrungen sei und wie sein Fuß sogar die den Christen verbotene Moschee von Muley-Dris betreten habe. Es ist möglich, daß seine Schilderungen in ihrer poetischen Ausschmückung mehr Dichtung als Wahrheit enthalten, es ist aber auch sicher, daß in Marocco der Künstler die Anregung zu seinen hervorragendsten Werken empfing. Als Historienmaler im Dienste Spaniens machte B. 1859 den maroccanischen Krieg mit. 1860 kehrte er nach Spanien zurück, 1861 begab er sich nach England, wo er als Commissar der schweizerischen Ausstellung sich praktisch bethätigte. Krankheit veranlaßte ihn, 1863 vorübergehend in die Schweiz zurückzukehren.
B. hatte den Ehrgeiz, der Held dreier Welten zu werden, 1866 begab er sich deshalb nach Amerika. Mit Empfehlungen des schweizerischen Bundesrathes versehen, fand er dort bald sein gutes Auskommen. Besonders als Porträtmaler. Aus dieser Zeit stammen die Bildnisse der Generale Lee, Sherman und Joh. August Sutter, des Entdeckers der Goldminen von Californien. Land und Leute lernte er gründlich kennen. Er ging nach dem Westen, sah Virginien, die Goldminen der Rocky Mountains, besuchte die Urwälder und das Shenandoahthal. Waren es hier Negerstudien, die ihn reizten, so widmete er an den Rapids of St. Mary am Lake superior seinen Stift den Indianern. Ein anderes Mal reiste er nach dem östlichen Virginien, über den Alleghany nach Charlotteville. Den Winter brachte er jeweilen in New-York und Washington zu. So trieb er es bis 1871, wo er, mit Studien und Skizzen beladen, nach Europa zurückkehrte. Nun folgten in der Heimath sieben Jahre der Sammlung, in denen er das Gesehene verarbeitete. Auf die Dauer vermochte er allerdings nicht stille zu sitzen. 1878, 1884 und 1885 zog es ihn wieder nach Italien, 1883 und 1886 war es ihm vergönnt, Dalmatien, Corfu und Griechenland zu sehen, woher er Studien von seltener Naturtreue heimbrachte. Jetzt stand B. auf der Höhe seiner Kunst. Es wäre ihm zu gönnen gewesen, die Früchte der strengen Arbeit zu genießen, dem sollte aber nicht so sein. Den Keim des Todes in sich fühlend, wehrte er sich tapfer gegen das Schicksal, allein umsonst. Seine letzten Bestrebungen waren der Besserung der Kunstzustände in seinem Vaterlande gewidmet. Schon 1864 auf 1865 hatte er mit Gesinnungsgenossen die „Vereinigung schweizerischer Künstler“ gestiftet, durch die er dem Schweiz. Kunstvereine Schach bieten wollte. Am Ende seines Lebens gründete er die „Kunstliga“ und veranlaßte den Bundesrath und die schweizerischen Parlamente, in das Jahresbudget zur Hebung der schweizerischen Kunst einen Credit von 100 000 frc. zu setzen; sterbend erlebte B. 1890 in Bern noch den ersten schweizerischen Salon, dessen Hauptförderer er gewesen war.
In Buchser’s Werken spiegeln sich die Irrfahrten seines Lebens wieder. Als im J. 1900 im Museum der Stadt Solothurn der Nachlaß des Meisters öffentlich ausgestellt war, schied sich deutlich vor eines jeden Augen die Studienzeit von der spanischen und maroccanischen Periode, die englische Epoche von der amerikanischen. Auch die Zeit, die der Künstler in Italien, Corfu, Griechenland, Albanien, Montenegro und Dalmatien verlebte, war durch Belege gut vertreten. Die sieben schönsten von den 65 ausgestellten Gemälden („Am [332] Meereesstrande von Scarborough“, „The song of Mary Blaine“, „Banditenbraut“, „Albanese auf der Lauer“, „Erwartung am Strande von Corfu“, „Markt von Marocco“, „Arabisches Dorf“) gingen in den Besitz der Gottfried Keller-Stiftung über und wurden dem neuen Solothurner Museum übergeben. B. war vorwiegend Genremaler. Vor den Genrebildern treten die Porträts zurück, wenn auch unter ihnen sich manch gutes befindet, wie das Selbstbildniß und das mit Pietät gemalte Bildniß seiner alten Mutter. Ungleich in der Composition wie in der Ausführung, erscheint B. da, wo er vor der Kritik stand hält, wie in dem griechischen „Olivenhain“, als ein Meister ersten Ranges. Er steht der Natur mit seiner Empfindung gegenüber und weiß sie wie wenige wiederzugeben. Die Schweiz hat im 19. Jahrhundert überdies nicht viele aufzuweisen, die wie er Maler im eigentlichen Sinne des Wortes gewesen sind. Auch in den Skizzenbüchern im Museum zu Basel tritt das malerische Moment durchaus in den Vordergrund. Als Zeichner hatte der Meister eine leichte Hand, weshalb es uns Wunder nimmt, daß er nicht mehr mit der Radirnadel arbeitete. Das einzige radirte Blatt „Eléonore au bain“, von dem ein Abdruck in der Kupferstichsammlung des Polytechnikums liegt, entstand 1853 in London. Auf den Studienreisen kam B. die sichere Beobachtungsgabe sehr zu Gute. Treue Wiedergabe des Gesehenen war sein Streben, ihm entsprangen die zwei Haupteigenschaften seiner Werke: die unmittelbare Wahrheit und die ihnen eigene Lebendigkeit. B. ist in den meisten Gemäldesammlungen der Schweiz vertreten. Das Künstlergut in Zürich besitzt zwei Bilder: ein „Italienisches Schäferidyll“ und „Die Versuchung des Koranlesers“. In der Neuenburger Gallerie hängt „Der spanische Insurgent“, im Museum am Brühl in St. Gallen ein „Spanischer Bettelmönch“. Ein Hauptwerk enthält das Kunstmuseum in Bern, nämlich die stimmungsreiche Darstellung eines von der Fluth umfangenen irischen Fischermädchens, welches das Eintreten der Ebbe abwartet.
- Vgl. Helvetia von 1891, XIV, 182–187. – Illustrirte Ztg. von 1867. – Zeitschr. f. bild. Kunst. Beibl. VII, 313; XIV, 605; XVI, 85, 657; XIX, 231, 233. – Jahresbericht der Eidg. Commission der G. Keller-Stiftung von 1896, 7–8. – Schweiz von 1900, Bd. IV, 202, 210. – Maroccanische Bilder. Nach des Malers Franz Buchser’s Reiseskizzen ausgeführt von Abraham Roth. Berlin 1861.