„Der Panther unseres Continents“
[219] „Der Panther unseres Continents“. (Vergleiche Abbildung, Seite 213.) Der unfreundliche Geselle, welchen Friedrich Specht in unserer Illustration so mordgierig auf dem Eichenast lauern läßt, das Auge stechend, die furchtbaren Glieder zum Sprunge bereit, während unter ihm in dem anscheinlich so friedlichen Walde Ricke und Kitzchen in aller Harmlosigkeit als Todescandidaten lustwandeln, dieser wilde Gast, der Luchs, ist unseren Lesern schon durch zwei andere Meister der Thiermalerei, Guido Hammer und Ludwig Beckmann, vorgestellt und von jenem und Karl Müller geschildert worden. Guido Hammer läßt (Jahrgang 1872, Nr. 30) vorzugsweise seinen Waidmannszorn über die „zähe Höllenkatze“, das „funkeläugige Mordgeschöpf“, den „pardelgefleckten Satan“ aus, aber auch in Karl Müller kann (Jahrgang 1880, Nr. 10) der Naturforscher den Jägergeist nicht ganz bannen; auch er hält dem Uebelthäter alle seine Sünden vor, ehe er uns dann mit Art und Wesen dieser höheren Wildkatze, die besonders in den Karpathen und den skandinavischen und russischen Urwäldern zu Hause ist, bekannt macht. Während aber Hammer uns den unersättlichen Raubmörder schon siegreich auf dem Nacken seines unglücklichen Opfers darstellt, zeigt Specht uns ihn noch auf der Lauer, aber ohne uns das Gefühl zu ersparen, daß die armen Rehe doch verloren sind, und nur Beckmann gewährt uns die Freude, daß der Mordsprung des Unthiers sein Ziel verfehlt und der flüchtige Schneehase diesmal mit dem Leben davon kommt.
Haben wir nach den bisherigen Mittheilungen in der „Gartenlaube“, den Luchs betreffend, über dieses Raubthier somit nichts Neues zu berichten, so giebt uns eine Kunde über dasselbe einen großen allgemeinen Trost: der Luchs befindet sich, wie alle Seinesgleichen, vor der Cultur mehr und mehr auf der Flucht. Je weiter der Mensch mit seiner die Elemente beherrschenden Kraft auf der Erde vordringt, je weiter weichen die wilden, zerstörenden Thiergeschlechter zurück.