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Titel: „Aus der Jugendzeit“
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aus: Die Gartenlaube, Heft 40, S. 680
Herausgeber: Ernst Keil
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Erscheinungsdatum: 1871
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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[680] „Aus der Jugendzeit!“ Das war in dem fröhlichen Jahr 1836, wo man den Vierunddreißiger so gern trank. Da hatten sich unterschiedliche Cadetten im Darmstädter Hofe zu Rüdesheim am Rhein zusammengefunden und genossen die liebe Gottesgabe mit großer Entschiedenheit. Während sie mitten im Treiben waren, trat auch ein Referendar heran, ein junger schlanker Mann, dem die muntere Gesellschaft gefiel und der deshalb sich die Anfrage erlaubte, ob er sich ihr anschließen dürfe. Bereitwilligst wurde das angenommen, und der neue Mann war nicht der schlechteste Trinker unter ihnen.

So zechte denn die wackere Runde und ließ die richtigen Lieder dazu erschallen, bis die Köpfe heiß waren und die Sehnsucht nach den „Bettzipfeln“ ihr Recht behauptete. Alle schlichen zufrieden dem dienstbaren Geist mit dem Leuchter zu den Schlafstätten nach, nur Einer war anderer Meinung als Alle, und das war der lange Referendar. Dieser behauptete, daß jetzt ein kühles Bad im freien deutschen Rhein angezeigt sei, und er spannte alle Segel eines unbeuglichen Willens auf, seinen Zweck zu erreichen, wie eifrig auch der Nüchternste von der Gesellschaft sich dagegen sperrte. Es begreift’s kein Mensch, wie das zuging, daß, während man den Badeschwärmer endlich in seinem Zimmer beruhigt glaubte, derselbe plötzlich durch ein Fenster in der untern Etage entschlüpfte, und zwar in einem so leichten Costüme, wie es sich für einen schickt, der in’s Bad gehen will. Allein ebenso rasch sprang der Nüchterne ihm nach, Beide kamen fast zugleich auf den Kähnen am Ufer an und jagten sich nun von Kahn zu Kahn, der Schlanke zwar immer voraus, aber der Nüchterne wacker hintennach. Ohne Schreien, Fluchen, Lachen und Krachen ist das natürlich nicht abgegangen, und so kam wirklich der Nachtwächter herbei und machte der Sache ein Ende. Der Schlanke mußte durch dasselbe Fenster wieder zurückwandern, zu dem er herausgesprungen war. Die Hatz mag die Stelle des gewünschten Bades ersetzt haben, Alles streckte die Glieder und Rüdesheim war ruhig.

Am andern Morgen fuhr die Gesellschaft von Rüdesheim nach Bingen, und da verrieth der Herr Referendar noch einen so grimmigen innern Brand, daß er auf der ganzen Fahrt fortwährend mit der hohlen Hand Rheinwasser schöpfte und zur Kühlung trank.

So erzählte der alte Wirth mir die Geschichte. Und was ist denn Besonderes daran? Dasselbe kann ja schon Tausenden an dem weinseligen Rhein widerfahren sein. Ja, der Unterschied liegt in den Personen selbst. Von Hinz und Kunz wird’s leicht vergessen; ganz anders sehen wir’s an, wenn wir erfahren, daß der Nüchterne noch heute als Oberst Sterzing in Wiesbaden lebt, und auch der Referendar hat später noch einigermaßen von sich reden gemacht, denn es ist kein Anderer gewesen, als Fürst Bismarck.