Zweihundert deutsche Männer in Bildnissen und Lebensbeschreibungen/Hans Joachim von Ziethen
Wie ein makelloses Denkmal aus Erzguß steht der
alte Ziethen im Bewußtsein der deutschen Nation,
ein Heldenbild von unverwüstlicher Dauer, voll Urkräftigkeit
und fortlebiger Frische. Geboren zu Wustrau,
einem Gute seiner Aeltern in der Grafschaft
Ruppin, bestimmte der junge von Ziethen sich früh
dem Dienst der vaterländischen Waffen, und trat schon
im vierzehnten Jahre ein – fand aber leider nicht
den gehofften Fortschritt in der begonnenen Laufbahn,
sah sich vielmehr zurückgesetzt und bewogen, wieder zur
Heimath zurückzukehren. Die Kriegsgöttin schien ihm
nicht zu winken, denn nachdem Ziethen im Jahre 1726
abermals in das Heer getreten war, wo er als Oberlieutenant
beim Dragonerregiment Wuthenow befehligte,
sah er sich in schlimme Händel verwickelt, denen die
harte Strafe auf dem Fuße folgte: ein Jahr Festungshaft
und dann sogar Cassation. Wieder verflossen vier
Jahre, bis endlich Ziethen bei einer neuerrichteten Husarencompagnie
Eintritt fand, mit der er dann als
Rittmeister 1735 unter General Baronay den ersten
Feldzug gegen Frankreich mitmachte. Später fand
Ziethen Gelegenheit, sich im ersten schlesischen Kriege
auszuzeichnen, es war im Gefecht bei Rothschloß; er
wurde zum Obrist ernannt, und statt der Husarencompagnie
befehligte Ziethen nun als Chef ein Husarenregiment,
das unter ihm sich die schönsten Siegeslorbeern
pflückte. Im zweiten schlesischen Kriege wurde
Ziethen Generalmajor und ging nun eine Zeitlang
ruhmvollen Siegesgang. Mitten durch die österreichische
Armee führte er sein Regiment nach Jägerndorf, hatte
den wesentlichsten Antheil am berühmten Siege bei
Hohenfriedberg am 4. Jun. 1745, den sein König
mit 70,000 Mann gegen 95,000 Oesterreichs errang,
und wobei 3000 gefallene Preußen und 15000 Oesterreichs
das blutige Schlachtfeld bedeckten – besiegte
nicht minder den Feind im Gefecht bei Hennersdorf
am 23. Nov. 1745, empfing aber in demselben eine
Wunde. Ungleich tiefere Wunden schlugen dem tapfern
Kriegeshelden Unglücksfälle, die ihn Schlag auf Schlag
trafen. Ziethen verlor eine geliebte Gattin, verlor den
einzigen Sohn durch den Tod, wurde bei seinem König
verläumdet und von diesem zurückgesetzt, bis der Ausbruch
[Ξ] des siebenjährigen Krieges den durch Schmerz
geprüften und gestählten Mann wieder auf das Feld
der Ehre rief, nachdem der König ihm seine Gnade
aufs neue zugewendet. Ziethen befehligte jetzt als
Generallieutenant, empfing den schwarzen Adlerorden
zum Lohne seiner Tapferkeit im Gefecht bei Reichenbach,
gab den Ausschlag in den Schlachten bei Prag wie bei
Leuthen, warf dort das Nadastische Corps zurück und
half den preußischen Waffen zum Siege, wie er nicht
minder in Verfolgung des fliehenden Feindes die größte
Umsicht bewies. Einen nach Ollmütz bestimmten Transportzug
von 3000 Wagen deckte Ziethen mit 5000
Mann, und trotzdem, daß er von dem an Heldenmuth
ihm ebenbürtigen Laudon mit einer fünfmal so starken
Uebermacht angegriffen wurde, rettete er einen nicht
geringen Theil jener Wagen. Bei der Schlacht von
Liegnitz warf er sich der österreichischen Hauptmacht
entgegen und nöthigte Laudon mit zu dem berühmten
Rückzug, von welchem der große Kriegsherr, König
Friedrich II., selbst äußerte: »Von Laudon muß man
retiriren lernen.« Ziethen wurde gleich nach diesem
Siege zum General der Kavallerie des preußischen
Heeres ernannt, und als er in der Schlacht bei Torgau
dem großen Fabius Cunctator des siebenjährigen
Krieges, Feldmarschall von Daun, den schon in
Händen habenden Sieg entriß, flog aufs neue der
Ruhm des alten Husaren über alle Zungen. Als
endlich der Friede von Hubertusburg 1763 abgeschlossen
wurde und der siebenjährige Krieg endete, war Ziethen
schon ein Mann von 64 Jahren, blieb aber auch in
der ihm fortan vergönnten Ruhe noch voll Kriegslust,
und hätte, als er 79 Jahre zählte, gern noch den
Krieg in Baiern, wegen der bairischen Erbfolge, mitgemacht,
doch der König gab dieß nicht zu. 87 Lebensjahre
waren dem in Wahrheit alten Ziethen vergönnt.
Er starb in Berlin und wurde mit hohen
militairischen Ehren bestattet. Mehr als ein Denkmal
ward ihm errichtet, auch am neuesten Denkmal seines
Königs und Freundes ist seine Heldengestalt in lebensgroßer
Treue zu erblicken, aber weiter als der Monumente
Pracht glänzt das Denkmal des greisen Helden
im Herzen des deutschen Volkes.