Textdaten
<<< >>>
Autor:
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Zwei neue Schwindel
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 30, S. 512
Herausgeber: Ernst Keil
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1871
Verlag: Verlag von Ernst Keil
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Leipzig
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite


[512] Zwei neue Schwindel. 1) Ein Herr T. G. A. Koerner in Breslau macht neuerdings „die Unterhaltung mit Verstorbenen“ zu einem Marktgeschäfte, d. h. „einem Jeden zugänglich“, der ihm einen seiner neuen Psychographen abkauft, das Stück zu drei Thaler incl. Emballage und unter der Garantie: „daß durch dieselben vollständige Beweise und Aufschlüsse über jenseitiges Fortleben der Seele, Enthüllungen über alle, wenn auch noch so dunkel und verborgen gebliebene Gegenstände durch die Unterhaltung mit den Verstorbenen leicht und einfach erzielt werden.“

Man sieht, der Aberglaube zieht sich nicht mehr in die Winkel zurück, er hat die Scheu abgeworfen, wird frech und speculirt auf die Geldbeutel der noch Zweifelnden. Vielleicht ist einer der für drei Thaler Eingeweihten so freundlich, uns zum allgemeinen Besten ehrliche Mittheilungen zu machen.

2) Die Zeitungen brachten jüngst folgendes Inserat: „Dauernder Nebenverdienst mit fixem monatlichen Honorar, von jedem gebildeten Herrn oder Dame in freien Stunden und an jedem beliebigen Wohnorte leicht zu versehen. Offerten werden unter Angabe der genauen Adresse und Beilage von 10 Kr. in Briefmarken behufs Rückantwort sub R. R. 100 poste restante Salzburg erbeten.“ Spottbillig! Nur 10 Kr. Die werden riskirt – und der kreißende Berg, welch Mäuslein heckt er? Oho! Wir sehen vor uns nichts Geringeres als ein „österreichisches Centralbureau für Kunst und Literatur“ und „in zwei Abtheilungen: 1) Litterarisch-artistische Abtheilung. 2) Comerziele Abtheilung.“ – Buchstäblich so! –

Die Aufgabe von Nr. 1 besteht 1) „in der Herausgabe einer oder mehrerer belletristischen Zeitschriften“; – 2) „in der Uebernahme von Censuren aller Geistesproducte, seien sie politischer, comerzieler, nationalökonomischer oder belletristischer Natur“; – 3) in Vermittelung behufs honorirter Aufnahme derselben in die verbreitesten Journale; – endlich 4) „in der Drucklegung und Verlagsübernahme von Novellen, Romanen, historischen Werken etc. gegen mäßige Provision.“

Die Aufgabe von Nr. 2: 1) „Verwerthung von allen litterarischen Producten und Kunstgegenständen mittelst Lotterie; ferners (!) 2) „Vermittelung des Verkaufs von solchen Gegenständen“; – 3) „ratenweiser Verkauf von allen Gattungen der in Oesterreich erlaubten Lose“; – 4) „Besorgung von allen nur möglichen auf diese Gegenstände Bezug habenden Auskünfte.“

Dieses große „Bureau“ braucht nun vor Allem „Korrespondenten“ und „Agenten“. Erstere müssen offenbar Schriftsteller sein, denn, nach den Statuten, haben sie nicht nur „die in den ihnen zugewiesenen Bezirken vorfallenden Begebenheiten auf das eifrigste zu sammeln“, sondern auch, „je nach Auftrag der Zentralleitung, Zeitungsartikel, Rezensionen, Novellen, Romane, historische Werkeje nach Maßgabe ihrer Befähigung – zu verfassen!“

Und dies Alles sind „Geschäfte“, welche „täglich nur einige Stunden erfordern“ – und ein Honorar eintragen, welches zwar „jede beliebige Höhe erreichen kann, doch monatlich mit fünf bis zehn Gulden östr. Währung garantirt wird“! – –

Ein Nebenverdienst von monatlich fünf bis zehn Gulden durch Verabfassung von Geschichtswerken, Romanen, Novellen! – Das kennzeichnet den Bildungsgrad der Unternehmer so deutlich, daß wir die Orthographie- und Stylfehler ihrer Schriftstücke ganz in der Ordnung finden.

Schließlich fehlt auch nicht der Hase im Pfeffer, denn zu den Aufnahmebedingungen für die Theilnehmer gehört nicht nur „unbeanständetes Vorleben“ etc., sondern auch §. 4: „Bei Annahme obiger Beschäftigungen ist als Aufnahmstaxe und für Ausstellung des Diploms ein Betrag von einem Gulden österreichischer Währung (gleich zwanzig Silbergroschen) zu erlegen, resp. einzusenden.“

Als Tag der Eröffnung dieses merkwürdigen Bureaus ist der fünfzehnte Juli verkündet. Wir brauchen wohl zur Empfehlung des Unternehmens kein Wort weiter zu verlieren.