Zur Thermodynamik bewegter Systeme
(Fortsetzung)
von
Dr. Fritz Hasenöhrl.
(Vorgelegt in der Sitzung am 6. Februar 1908.)
[1]
7. Berechnung der Größe H.
Um die Funktion H durch die Variabeln auszudrücken, setzen wir in (13) für p seinen Wert aus (6) ein und erhalten
.
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(15)
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Diese partielle Differentialgleichung nimmt eine einfachere Gestalt an, wenn wir an Stelle von die Größen als independente Variable wählen. Und zwar soll wieder der Wert der Entropie sein, wenn das System adiabatisch zur Ruhe gebracht wird; es ist natürlich . Wir denken uns also durch Entropie und Volumen ausgedrückt; sei etwa
.
Dann ist:
,
da sich nach (7) bei einer adiabatischen Volumsänderung um ändert. Führen wir ferner statt die Variable:
ein, so wird aus (15):
,
oder, wenn von Null verschieden ist:
.
Aus dieser Gleichung folgt, daß eine Funktion von sein muß, welche natürlich außerdem von abhängen wird. Ferner muß H für mit identisch sein. Diesen Forderungen genügen wir, wenn wir
setzen. ist offenbar der Betrag der Energie des ruhenden Systems, wenn dasselbe adiabatisch von v auf expandiert wird; bezeichnen wir diesen Wert der Energie mit , so wird:
.
Nehmen wir nun der Lorentz’schen Hypothese entsprechend an, daß mit der Änderung der Geschwindigkeit eine Änderung des Volumens proportional Hand in Hand geht, so ist die Energie des ruhenden Körpers; wir lassen dann den Akzent weg und setzen also:
.
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(16)
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8. Zusammenfassung der Resultate.
Mit Hilfe der Gleichungen (2) und (10) lassen sich jetzt Bewegungsgröße und Gesamtenergie (U) durch die Zustandsvariabeln des ruhenden Systems ausdrücken. (Wir haben hier zu beachten, daß die Gleichungen (1), (3), (4) und (5) jetzt nicht angewendet werden dürfen; dieselben gelten nur für Geschwindigkeitsänderungen bei konstantem Volumen.) Wir erhalten:
,
woraus sich unter Berücksichtigung der ersten Gleichung (14) ergibt:
.
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(17)
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Endlich ist die Bewegungsgröße nach (10):
.
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(18)
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Fassen wir alles zusammen, so gelangen wir zu dem Resultat:
Wird ein Körper, dessen Zustand in der Ruhe durch die Variabeln gegeben ist, adiabatisch auf die Geschwindigkeit gebracht, so nehmen die Zustandsvariabeln die Werte:
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(14)
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(14)
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(17)
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(16)
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.
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(18)
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an. Diese Gleichungen sind mit den Resultaten der Arbeit des Herrn
Planck[2] in Übereinstimmung. Außer den Sätzen der Thermodynamik hat Herr
Planck das Relativitätsprinzip benützt, während in unserer Darstellung die Aufstellung der Gleichung (10) für die Bewegungsgröße wesentlich ist.
9. Anwendung auf die Hohlraumstrahlung.
Wir legen unseren Berechnungen den relativen Strahlengang zu Grunde. Betrachten wir die Strahlung, deren (relative) Richtung mit der Bewegungsrichtung Winkel zwischen und einschließt; dieselbe trägt in der Zeiteinheit durch die Flächeneinheit einer zur Bewegungsrichtung senkrechten (mitbewegten) Ebene die Energiemenge:
.
Wir nennen J die Intensität der totalen (relativen) Strahlung. Fällt diese Strahlung auf eine absorbierende Fläche, so leistet sie die Druckarbeit:[3]
,
wo der Winkel zwischen der absoluten Strahlungsrichtung und der Bewegungsrichtung ist. Die Differenz:
nennen wir die wahre (relative) Strahlung. Die wahre Strahlungsintensität
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(19)
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ist für den Wärmetransport zwischen Körpern gleicher Geschwindigkeit maßgebend.[4]
Wir stellen uns auf den Standpunkt der Lorentz’schen Kontraktionshypothese und führen den Winkel durch die Gleichung
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(20)
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ein. Es ist dann
der Winkel, den ein mitbewegter Beobachter an einem Transporteur, dessen Dimensionen in der Bewegungsrichtung im Verhältnis
verkürzt sind, an Stelle von
abliest. Setzen wir
,
so ist i’ die wahre Strahlungsintensität, die der mitbewegte Beobachter wahrnimmt, dessen Maßstäbe die erwähnte Verkürzung erfahren haben.
Die Größe i’ muß konstant, d. h. vom Winkel unabhängig sein, d. h. die wahre Strahlung ist im verkürzten System nach allen Richtungen gleichmäßig verteilt; sie befolgt das Lambert’sche cos-Gesetz. Dann strahlen sich zwei beliebig orientierte, gleichbewegte Flächenelemente gleich viel Wärme zu. Ein in den Hohlraum gebrachter Spiegel ändert die Verteilung der Strahlung nicht, da für den relativen Strahlengang im verkürzten System die gewöhnlichen Reflexionsgesetze gelten. (Es wurde dies in allgemeinsterweise von H. A. Lorentz gezeigt[5] und läßt sich auch in diesem Falle direkt beweisen.)
Aus (20) folgt leicht:
,
also ist:
.[6]
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(21)
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Der Energieinhalt des Hohlraumes ist:
,
wo c’ die Relativgeschwindigkeit bedeutet:
.
Setzen wir in obigem Integral entsprechend (19):
,
so wird:
.
Der zweite Summand ist gleich:
,
wie man am leichtesten durch Vergleich mit der vorletzten Gleichung p. 11 meiner ersten Mitteilung erkennt. Entsprechend (2) ist daher:
.
Die Größe H ist also mit der Energie der wahren Strahlung identisch, was ja zu erwarten war. Führen wir mittels (20) und (21) i’ und ein, so wird
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Nun ist aber nach (16):
,
wo die Strahlungsintensität im ruhenden Hohlraume bedeutet. Es muß also
sein; oder, da :
.
Es stimmt dies mit den allgemein gültigen Sätzen der Theorie von H. A. Lorentz überein.[7]
Setzen wir nach dem Stefan-Boltzmann’schen Gesetze
,
so wird (vergl. (14)):
.
Die Konstante des Stefan-Boltzmann’schen Gesetzes ist also durch zu dividieren.
Die Energiedichte der wahren Strahlung ist:
;
sie hat also denselben Wert wie im ruhenden Hohlraume.
Die gesamte Energie ergibt sich aus (17); sie hat den Wert:
. Ich habe in früheren, bereits mehrfach zitierten Arbeiten Energieinhalt und scheinbare Masse eines bewegten Hohlraumes zu berechnen versucht. Ich ging dabei von der Annahme einer (nach allen Richtungen) isotropen Verteilung der wahren Strahlung aus. Ein sich dabei ergebender scheinbarer Widerspruch mit dem zweiten Hauptsatze konnte durch zwei verschiedene Hypothesen gelöst werden. Entweder durch die Annahme einer Änderung des Emissionsvermögens des schwarzen Körpers oder durch die Hypothese einer Änderung der Dimensionen der Materie infolge der Bewegung. Ich habe mich auf das Studium der letzteren Hypothese beschränkt, jedoch ausdrücklich auch die Möglichkeit der ersteren Annahme hervorgehoben.
[8] Die Isotropie der Verteilung der wahren Strahlung nahm ich an, damit die gegenseitige Zustrahlung zweier Elemente einander gleich sei. Stellt man sich, wie ich es tat, auf den Standpunkt der Lorentz’schen Kontraktionshypothese, so muß diese Annahme natürlich so modifiziert werden, daß die Isotropie der wahren Strahlung auf das verkürzte System Bezug hat. Ich habe diese Modifikation angedeutet,
[9] mich jedoch darauf beschränkt, zu erwähnen, daß das von der Geschwindigkeit unabhängige Glied der scheinbaren Masse dadurch nicht berührt wird. Es geschah dies aus dem Grunde, daß mir damals kein Weg zur Berechnung des Emissionsvermögens des schwarzen Körpers als Funktion der Geschwindigkeit bekannt war, ich mich also auf das erste Glied der betreffenden Entwicklungen beschränken mußte. Diese Lücke ist seither durch die Arbeit des Herrn
v. Mosengeil ausgefüllt worden. Dadurch und durch den glücklichen Gedanken desselben Autors, eine Änderung der Temperatur mit der Geschwindigkeit anzunehmen, ist es möglich geworden, die Vorgänge im bewegten Hohlraum eindeutig festzustellen. Ich habe dies im § 9 der vorliegenden Arbeit, vom Begriffe der wahren Strahlung ausgehend, getan; man kommt dann auch so zu denselben Resultaten wie Herr
v. Mosengeil.
Die absprechende Kritik meiner früheren Arbeit durch Herrn
v. Mosengeil ist demnach nicht berechtigt. Ich habe die Gelegenheit benützt, dies hier ausführlicher zu besprechen, da meine erste Erwiderung
[10] bei einer neuen Herausgabe der Arbeit des Herrn
v. Mosengeil unberücksichtigt geblieben ist.
Jedenfalls ist auch in meinen früheren Arbeiten zuerst der Begriff einer von der inneren Strahlung und damit von der Temperatur abhängigen Masse aufgestellt und das von der Geschwindigkeit unabhängige Glied derselben für den Hohlraum berechnet worden. Es ist mir demnach unverständlich, warum Herr Planck, der diese Dinge in der Einleitung zu seiner letzten Publikation[11] über diesen Gegenstand ausführlich erörtert, dabei meine Arbeiten mit keinem Worte erwähnt.