Zur Morphologie und Systematik des Kornkäfer-Chalcidiers Lariophagus distinguendus Först.

Textdaten
Autor: Franz Ruschka
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Titel: Zur Morphologie und Systematik des Kornkäfer-Chalcidiers Lariophagus distinguendus Först.
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Erscheinungsdatum: 1921
Verlag: Verlagsbuchhandlung Paul Parey
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Erscheinungsort: Berlin
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Originalherkunft:
Quelle: commons, Zeitschrift für Angewandte Entomologie Volume 7 Issue 2
Kurzbeschreibung:
Sonderdruck aus der Zeitschrift für angewandte Entomologie. Seite 463-465
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Sonderdruck aus der Zeitschrift für angewandte Entomologie.


Zur Morphologie und Systematik des Kornkäfer-Chalcidiers Lariophagus distinguendus Först.


Von Dr. F. Ruschka, Weyer (Ober-Österreich).

Die Untersuchungen Prof. Albrecht Hases über die Biologie des Kornkäfer-Chalcidiers machten es zur Notwendigkeit, die Synonymie dieser vielfach verkannten Schlupfwespe festzustellen und eine die wesentlichen Merkmale berücksichtigende Beschreibung zu entwerfen.

Lariophagus distinguendus (Först.) Kurdj.

Synonyme:

! Pteromalus distinguendes Förster 1841. Beitr. Mon. Pter. p. 17.
Meraporus graminicola Curtis 1860. Farm. Ins. p. 322.
Pteromalus oryzinus Rondani 1877. Bull. soc. ent. Ital. IX. p. 195.
? Pteromalus calandrae Howard 1881. Comstock Rep. Ent. U. S. for 1880. p. 273.
! Arthrolytus puncticollis Möller 1882, 1883. Ent. Tidskr. III. p. 180; IV. p. 104, 223.
? Pteromalus oryzae Cameron 1891. Mem. Proc. Manchester Soc. (4) IV. p. 184.
Enpelmus urozonus Vayssière 1900. Ann. fac. sc. Marseille. v. XI. fasc. 3. p. 9.
Meraporus brevicornis Marchal 1900. Ann. Soc. ent. France. LXVIII. p. 105.
Meraporus utibilis Tucker 1910. Canad. Ent. XLII. p. 341.
Lariophagus distinguendus Kurdjumov 1913. Rev. Russe d’Ent. XIII. p. 15.
Lariophagus puncticollis Kurdjumov 1913. l. c. p. 16.
! Lariophagus puncticollis Ruschka 1915. Ztschr. f. angew. Ent. II. S. 401.
Meraporus sp. Zacher 1916. Mitteilgn. d. Kgl. biol. Anst. f. Forst- u. Landwirtschaft. XVI. S. 18.
! Dibrachys sp. Burckhard 1916. Zentralbl. f. Bakt. II. Abt. XLVI. S. 502.
Lariophagus distinguendus Hase 1919. Sitzber. ges. nat. Frd. Berlin. S. 402–432.

♀. Schwärzlich blau oder erzfarben. Schildchen meist kupfrig überlaufen. Hinterleib an der Basis grün, sonst schwärzlich. Schaft, Wendeglied und Ringel rotbraun; Wendeglied häufig oben gebräunt. Geißel fast schwarz. Beine von dem Trochanteren an rotbraun, Schenkel und Schienenbein oft mehr oder weniger gebräunt, Klauenglied dunkel. Flügel wasserhell, Adern gelbbraun.

Kopf, Pro- und Mesonotum samt Schildchen sehr fein genetzt mit ziemlich dichten härchentragenden Punkten. Untergesicht ziemlich stark vorgewölbt, dicht konvergent-streifig; Clypeus nicht getrennt, mitten ausgeschnitten. Rechte Mandibel vierzähnig, linke bald deutlich dreizähnig mit breitem Basalzahn, bald ist dieser ausgerandet, so daß die Mandibel für vierzähnig gehalten werden kann.

Kiefertaster vier-, Lippentaster dreigliedrig mit sehr kurzem Mittelglied. Ozellen in Bogenlinie. Kopf unter den Augen etwas erweitert; Scheitel zuweilen mit Andeutung eines Randes. Fühler etwas unter der Gesichtsmitte. Schaft linear, den vorderen Ozellus fast erreichend. Wendeglied länger als das untere Fadenglied. Die beiden Ringel schmal, das zweite etwas größer. Erstes Fadenglied [464] länger als breit, doch veränderlich meist um die Hälfte, zuweilen nur wenig länger als die beiden Ringel zusammen. Die folgenden Glieder etwas länger als breit, an Dicke wenig zunehmend, das letzte Fadenglied fast quadratisch. Keule spitz, fast so lang wie die drei vorhergehenden Glieder zusammen. Kollare nicht scharf gerandet, Mesonotum und Scutellum ziemlich flach. Parapsiden nur vorne angedeutet. Medialsegment an der Basis fein, gegen das etwas halsartig vorgezogene Ende gröber wabig. Seitenfalten deutlich, Kiel nur vorne deutlich, zuweilen kaum kenntlich oder ganz fehlend. Seitenschwielen schwach beharrt. Hinterleib spitz eiförmig, etwas länger als der Thorax, glatt und glänzend, am Ende mit härchentragenden Punkten. Oberseite trocken nicht eingefallen. Postpetiolus lappig vorgezogen, mitten nicht ausgeschnitten bis zu einem Drittel der Hinterleibslänge reichend. Die folgenden Segmente an Länge abnehmend, Endsegment kurz kegelförmig. Bohrerklappen nicht vorstehend. Längenverhältnis von Costalzelle, Marginal-, Radial- und Postmarginalader wie 34 : 20 : 11 : 15. Radiusknopf ziemlich dick, mit deutlichem Zahn. Subkostalader mit etwa zwölf Borsten, Marginal- und Postmarginalader dicht mit kurzen Borsten besetzt. Der freie Rand der Vorderflügel nur hinten kurz bewimpert. Länge 2–3 mm.

♂. Beine und Wendeglied meist stark gebräunt; Hinterleib an der Basis besonders bei kleinen Stücken zuweilen durchscheinend.

Fühlergeißel länger als beim ♀ und länger behaart. Erstes Fadenglied fast doppelt so lang wie die beiden Ringglieder und kaum kürzer als das Wendeglied, bei kleinen Stücken aber zuweilen nur wenig länger als die beiden Ringel zusammen. Mittlere Fadenglieder um die Hälfte länger als breit, Keule so lang wie die 2½ vorhergehenden Glieder. Hinterleib trocken kürzer als der Thorax. Verhältnis von Kostalzelle, Marginal-, Radial-, und Postmarginalader wie 30 : 17 : 10 : 16. Im übrigen dem ♀ ähnlich. Länge 1,1–2 mm.

Als Wirte dieser Schlupfwespe wurden bisher Calandra (Sitophilus) granaria L. und oryzae L. und Sitodrepa (Anobium) panicea L. bekannt. Das Verbreitungsgebiet dürfte gleich wie das der Wirte die ganze Erde umspannen.

Trotz mancher Abweichungen in den Beschreibungen halte ich alle in der Synonymenliste angeführten Namen für zusammengehörig. Ein Rufzeichen vor dem Namen bedeutet, daß ich die betreffende Type oder Originale eingesehen habe. Die Typen von Pteromalus distinguendus Först. und Arthrolytus puncticollis Möll. sind im Wiener naturhistorischen Museum verwahrt. Meroporus graminicola Curtis ist ein mit unentfalteten Flügeln aus einem Getreidekorn geschnittenes Stück unserer Art.

In betreff der Gattungszugehörigkeit bin ich Kurdjumov gefolgt, der im Nationalmuseum zu Washington den Gattungstypus L. texanus Crawf. zu vergleichen Gelegenheit hatte, obwohl manches dagegen spricht. So besonders, daß Crawford seine Gattung zu denen mit fehlender Nucha stellt, während Kurdjumov das Gegenteil behauptet. Sicher ist, daß L. distinguendus zwar eine deutliche Nucha hat, die aber gegen das übrige Medialsegment nicht scharf abgegrenzt ist.

Nach Ashmeads „Classification of the Chalcid flies“ würde unsere Art unter der Annahme beiderseits vierzähniger Mandibeln wohl zu Meraporus gehören. Diese Walkersche Gattung wurde aber von Ashmead nicht richtig gedeutet, so daß die hieher beschriebenen amerikanischen Arten mit der europäischen Gattung Meraporus im Sinne Walkers und Thomsons nichts zu tun haben. Nun ist aber die Frage, ob die linke Mandibel drei- oder vierzähnig sei, auf welchen Unterschied hin allein Ashmead die beiden Tribus Rhaphitelini und Pteromalini getrennt hat, durchaus nicht immer leicht zu lösen. Bei den meisten dieser Formen ist die linke Mandibel in der Anlage stets vierzähnig, aber die beiden stumpfen Basalzähne haben die Neigung, miteinander mehr oder weniger zu [465] verschmelzen, so daß häufig Übergänge und sogar bei derselben Art verschiedene Bildungen auftreten können, wie Kurdjumov für Eupteromalus nidulans Thoms. (syn. Pteromalus egregius Howard und Fiske) nachgewiesen hat1). Unter der Annahme, daß die linke Mandibel als dreizähnig zu betrachten sei, führt ein Bestimmungsversuch nach Ashmeads Tabellen zur Gattung Mormoniella Ashm., deren Typus M. brevicoruis Ashm. auf der nächsten Seite auch als Typus der Gattung Nasonia in der Tribus Entelini aufgestellt wird.

Nun verwickelt sich die Frage noch weiter. Die typische Art der beiden letztgenannten Gattungen, die von A. A. Girault aus den Tönnchen von Musca domestica und Phormia regina zahlreich erzogen und unter dem Namen Nasonia brevicornis Ashm. sehr ausführlich behandelt wurde2), ist völlig identisch mit Pteromalus abnormis Boheman, der auch im Wiener Museum vertreten ist, und zwar aus Fliegentönnchen in Schwalbennestern erzogen. Kurdjumov, der diese Art im Wiener Museum sah, zählt sie ebenfalls zur Gattung Lariophagus (allerdings mit dem Vorbehalte, daß sie einen Übergang zu Mormoniella bilde), so daß diese nach der Priorität eigentlich Mormoniella heißen sollte. Trotz vielfacher Übereinstimmung und naher Verwandtschaft halte ich aber doch die Trennung beider Gattungen für gerechtfertigt; beide sind wegen des vorgewölbten Untergesichtes, der teilweise fehlenden Bewimperung der Vorderflügel und der Punktierung des Medialsegmentes in die Nähe von Coelopisthia Först. einzureihen.

Von den übrigen Arten, die Kurdjumov zu Lariophagus stellt, ist Pteromalus vitripennis Först., dessen Typen nur vorliegen, sicherlich auszuscheiden. Die anderen drei Arten, Pt. hilaris Först., Klugii Ratzbg. und muscarum Ratzbg. sind mir unbekannt.