Zedler:Weingarten, eine kleine Stadt im Algöw in Schwaben


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Weingarten, eine Stadt in der Unter-Pfaltz im Amte Bretten

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Weingarten, ein Dorf in Thüringen

Band: 54 (1747), Spalte: 743–746. (Scan)

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Weingarten, Lat. Wingarta, eine kleine Stadt im Algöw in Schwaben, eine halbe Meile von Ravensburg, an der Schuß. Es befindet sich daselbst ene ungefürstete Reichs-Abtey, Benedictiner-Ordens, so anfänglich Altomünster geheissen. Mit ihrer Stifftung hat es folgende Bewandniß: Im Jahr 743 nach Mabillons, oder im Jahr 720 nach der meisten Deutschen Scribenten Meynung, soll der H. Alto, aus dem Königl. Schottischen Geschlechte entsprossen, durch Vorschub des Groß-Hofmeisters und nachmahligen Königs Pipinus in Franckreich, in Bayern angekommen seyn, und hierauf im Nordgau, in einer Wildniß, zwischen den Flüssen Paar und Blone, eine Zelle erbauet haben, die hernach gedachter Pipinus 748 oder 750 erweitert und zu einem Kloster gemacht, auch ihr den Nahmen Altomünster gegeben, und den gottseligen Alto zum ersten Abt in selbiges gesetzet. Dieses hat hierauf Isenbard, Hertzog im Nortgau und Graf zu Altorf, vortreflich begabet, auch selbst in dem Flecken Altorf ein Frauen-Kloster, Benedictiner-Ordens, 776 gestifftet, welches sein Sohn Guelpho I, dotiret. Ethico, Guelpho I, Sohn, hatte einen Sohn Heinrichen, welcher sich dem Kayser unterwarf, worüber sich der Vater Ethico dermassen grämte, daß er seine Regierung quittirte, und zu Ammergau in Ober-Bayern ein Kloster erbauete, solches mit gnugsamen Einkünfften versahe, und sich mit 12 seiner besten Freunde in selbiges begab. Dieses vereinigte 879 vorgedachter Heinrich mit Altomünster, und erbauete hernach das von den Ungarn gäntzlich verwüstete Frauen-Kloster zu Altorf wieder auf. Endlich traf Guelpho II, um das Jahr 1047 einen Tausch, und brachte die Kloster-Frauen von Altorf nach Altomünster, die Religiosen aber von hier nach Altorf. Weil aber dieses 1053 im Feuer aufgieng, so legte solches Guelpho III, auf den nahe dabey gelegenen St. Martinsberg, und erbauete es allhier dem H. Martin und Oswalden zu Ehren, gab ihm den Nahmen Weingarten, und begabte dasselbe mit herrlichen Gerechtsamen und vielen Gütern, setzte es auch zu seinem Universal-Erben ein, womit aber des Testators Schwester Cuniza, eine Marggräfin von Este, nicht zu frieden war, sondern die Erbschafft ihres Bruders, mit Hülffe Kaysers Heinrichs III, vor ihren Sohn Guelphen IV erhielt. Gedachter Kayser nahm jedoch zu einiger Ergötzlichkeit vor diesen Verlust das Kloster Weingarten in seinen und des Römischen Reichs besondern Schutz, Heinrich IV aber 1153 zu einem unmittelbaren Reichs-Stand auf, und Guelpho IV, ließ es auch nach der Zeit seine Gnade so reichlich geniessen, daß es billig Ursache hat, ihn vor einen seiner grösten Wohlthäter zu halten. Im Jahr 1158 zog der Prälat zu Weingarten mit dem Kayser Friedrichen I, wider die rebellischen Mayländer, und gerieth dadurch bey gedachtem Kayser in grosse Gnade, sein Stift aber nach der Zeit in solches Ansehen, daß Kayser und Könige vor mehr als 200 Jahren dem Abte zu Weingarten den Titul: Unserm Fürsten und lieben andächtigen gegeben, auch er in den Reichs-Abschieden von 1555 und 1559 zum beständigen Deputirten unter den ungefürsteten Reichs-Prälaten ernennet worden. Es besitzt übrigens die Abtey Weingarten, nebst ihren Stiffts-Gütern, auch die Maltheser Commenthurey in der Stadt Feldkirch, welche es um 60000 Gülden von dem Maltheser-Orden erkaufft, ingleichen die vormahls denen Grafen von Sultz zugehörig gewesene Herrschafft Blumeneck, die es von Graf Rudolphen um 150000 Gulden erkaufft hat. In dem 30jährigen Kriege wurde Weingarten 1632 und 1634 von den Schweden eingenommen, welche nicht zum besten darinnen haushielten. Von den Reliquien oder Heiligthümern, so allhier gewiesen werden, kan man P. Gabr. Bucelinum, in Aquila Imperii Benedictina p. 374 u. ff. und Part. II. Germ. Sacrae p. 93 nachsehen; an welchem letztern Ort er also sagt: Asservatur in eodem coenobio insignis omnino S. S. Reliquiarum thesaurus, e quo incomparabilis ille Sacro Sanctus Lateris Dominici, exceptus Longino centurione, sangvis, summa Historiae celebritate, Testium sanctitate, Pontificum Romanorum auctoritate, miraculorum perpetuitate, comprobatissimus. Sed & plures aliae SS. Sangvinis commixti cum terra portiones, minus tamen certa Historiae fide, collectae sub cruce; quin & alius Sacramentalis e Sacra profluens Hostia ibidem ostenditur. Die Aebte, so viel ihrer bekannt sind, heissen, wie folget:

1. St Alto, des Königs in Schottland Sohn, welcher Bischoff und Heyden Bekehrer auch der erste Abt in dieser von ihm errichteten Zelle worden, starb in hohem Alter um 755.
2. St. Marin, des Alto Schüler.
3. B. Etho, um 780.
4. Gebzo. Nach ihm werden die Nahmen einiger Aebte vermisset.
5. Rudolph, aus der Gvelphischen Familie, 952.
6. Eberhard, um 970.
7. Heinrich 985 er zog samt seinen Mönchen von Altmünster nach Altorff.
8. Luithold, um 994.
9. Brandiso, Branzo oder Brandis, vermuthlich aus dem Freyherrl. Geschlechte dieses Nahmens, um 1030.
10. Beringer, zog mit seinem Convente 1055 von Altorff nach Weingarten.
11. Adelhelm, ein Lützelburgischer Printz, starb 1095.
12. Heinrich Graf von Beienburg.
13. Walchio oder Walicho, um 1100.
14. Chuno, Truchseß von Waldpurg, Graf von Thann, lebte noch 1114. Unter diesem hat sich eine grosse Anzahl von Fürsten, Grafen, und Freyherren, und aufs wenigste allein achte aus dem Geschlechte der Grafen von Thann, aufgehalten.
15. Gottfried Herr von Venningen, um 1130 wird vor den andern Stiffter dieses Klosters gehalten. Er wurde nachgehends nach Admont beruffen.
16. Gebhard Graf von Thann, Truchseß von Waldpurg 1143.
17. Burchard, Graf von Matsch, wurde vom Kayser Friedrich I. in Fürsten-Stand erhoben, und florirte 1150 auch noch 1160.
18. Arnold, Freyherr von Kuppingen, 1167.
19. Dietmar, Graf von Triberg, um 1170.
20. Marqvard, Freyherr von Dorndorff, um 1179.
21. Wernher, Freyherr von Marckdorff, 1182.
22. Meingosus, Graf von Lechsgmund, war wegen vieler Wunder berühmt, und starb den 22 April 1200.
23. Berthold, Graf von Haimburg, starb, 1231.
24. Hugo, Graf von Montfort, starb 1242.
25. Conrad von Wagenbach, starb 1266.
26. Hermann von Biechtenweiler, welcher das Tertiarien-Kloster in Altorf gestifftet, starb 1299.
27. Friedrich Heller von Hellerstein, starb 1315.
28. Conrad von Ibach, welcher die Abtey wieder in guten Stand gebracht, starb 1336.
29. Conrad von Uberlingen, starb 1346.
30. Heinrich von Ibach, starb 1363.
31. Ludwig von Ibach, Freyherr von Haldenberg, starb 1393.
32. Johann von Essendorff, wohnte dem Costnitzer Concilio bey, und starb 1416.
33. Johann Blaater von Güttingen und Wartenser, starb 1437.
34. Erhard von Frydang, starb 1462.
35. Jodocus von Ravenspurg, mit dem Zunahmen Bentelin starb 1477.
36. Caspar, dessen Geschlechts-Nahme unbekannt, starb 1491.
37. Hartmann von Knötingen, starb 1520.
38. Gervich Blaarer von Gißperg, der bey Kaysern und Königen wohl gelitten gewesen, starb 1567.
39. Johann Hablizel, starb 1575.
40. Johann Christoph Raitner von Zellerberg, resignirte 1586.
41. Georg, resignirte 1627. und starb noch in eben dem Jahre.
42. Frantz Dietrich, des vorigen Bruder, starb 1637.
4z. Dominicus Laymann von Liebenau.
44. Alphonsus.
Der heutige Abt ist Sebastian Hyller, gebürtig von Pfullendorf, gebohren den 5 Februar 1665, erwehlet den 20 Junius 1697.

Es giebt diese Abtey monatlich zum Reich 4 zu Roß und 18 zu Fuß, oder 120 fl. zur Cammer jährlich 50, oder cum augmento 83 fl. Unter andern heiligen Reliquien befindet sich auch allhier etwas von dem Blute aus der Seite Christi, welches der Hauptmann Longinus bey der Creutzigung aufgefangen. Bucelin Germania Sacra. Imhofs Not. S. R. I. G. Proc. L. III, c. 29. §. 3. p. 217. Lünigs Spicileg. eccles. des Reichs-Archivs T. III. n. XVI p. 681. Bilderbecks Teutsch. Reichs-Staat. Brusch in Chron. Monast. p. 199. Crusius ann. Svev. P. I. Lib. XII. c. 10. p. 337. Chronicon Weingartense, so zuerst Canisius T. I. antiqvit. lection. herausgegeben, hernach aber von dem Herrn von Leibnitz unter die Scriptor. rerum Brunsvicens. Tom. I. p. 78l u. f. mit eingerücket worden. Fellers Geneal. Histor. des Braunschw. Lüneburg. Hauses p. 6. 9. 16. 122. 124 und 161. Zeilers Beschreib. der X Kreysse p. 583 und 721. Genealogiophili ietztlebende Häupter Deutschlandes, Th. II p. 1. Siehe auch den Artickel: Weingartisches Land-Gerichte.