Zedler:Wein, (Ratschdorffer-)

Grosses vollständiges Universal-Lexicon Aller Wissenschafften und Künste
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Wein, (Rhein-) Rheinischer Wein

Band: 54 (1747), Spalte: 589. (Scan)

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Wein, (Ratschdorffer-) Lat. Vinum Retsense, ein Ungarischer Wein, welcher in der Gegend eines Fieckens wächst, welcher in dem Bezirck von Presburg liegt, und auf Deutsch Ratschdorffer, gemeiniglich Ratschischdorffer, auf Ungarisch Retsei-Bor genennet wird. Er wird anjetzo sehr hoch geachtet, und theuer bezahlet, und soll zwar dieses daher gekommen seyn. Carl Rayger, der ältere, ein fleißiger und glücklicher Medicus zu Presburg, wurde von denen Ausländern, die als Soldaten in Ungarn dienen musten, öfters befragt, was er wohl vor einen Wein ihnen am dienlichsten erachtete; da er ihnen denn diesen zu Retsei Bor gemeiniglich anrieth, weil er sowohl dünne wäre und keinen Schwefel bey sich führte, als auch, wenn man ihn mit Wasser vermischte, dem Rhein-Weine fast ähnlich wäre. Sie liessen sich diesen Rath gefallen; ja in kurtzer Zeit tranck man nicht nur in dem Lager dieser Art Wein, sondern auch in den Städten und fürnemlich zu Wien wurde die Mahlzeit vor sehr nüchtern gehalten, bey welcher man nicht seinem Gast mit diesem Wein eins zutranck. Man hat von gewisser Hand erfahren, daß der Graf Nicol Palfy, Palatinus des Königreichs Ungarn, seinen Nachbarn, die sich beklagten, daß ihre Weine so wohlfeil verkaufft würden, da hingegen der zu Retsei-Bor aufs theuerste käme, geantwortet habe: Diese Glückseligkeit kostete ihm 100. Stück Ducaten. Sie solten ein gleiches thun und ihn in der Freygebigkeit gegen die Aertzte nachahmen; ihre Weine würden bald durch dieser ihre Recommendation einen höhern Werth erlangen. Doch es hat sich dieser Wein in seinen Ruhm erhalten, und wird auch von den grösten Lecker-Mäulern sowohl seiner Lieblichkeit als auch Gesundheit wegen getruncken. Und derjenige müste sehr neidisch seyn, der ihn sein billiges Lob nicht gönnen wolte, fürnemlich alsdenn, wenn er in einem guten Wein-Jahre hervorgekommen ist. Er hat einen gelinden Geschmack, angenehmen Geruch, und bekommt, wenn er etliche Jahre alt ist, eine Goldähnliche Farbe. Wenn man ihn getruncken, so empfindet man weder Kopff-Schmertzen, noch Spannung der Nerven; sondern er geht sogleich, nachdem er seine Hitze dem Magen mitgetheilet, in die Blase, welche letztere Tugend die Aertzte bey dem Wein fürnemlich hoch schätzen. Jetzo braucht man zu Vermeidung des Betrugs die Vorsorge, daß man ein gewisses Zeichen auf die Gefässe, worinnen er anderwertshin verführet wird, einbrennt. Belii Notit. Hung. T. I. p. 31 u. f.