Wir müssen’s glauben, doch ist’s schwer zu fassen

Textdaten
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Autor: Rudolf Lavant
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Titel: Wir müssen’s glauben, doch ist’s schwer zu fassen
Untertitel:
aus: Eichenlaub und Fichtenreis
Herausgeber: Wilhelm Achilles
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1901
Verlag: Verlag von Wilhelm Achilles
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Erscheinungsort: Leipzig-Eutritzsch
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Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans auf Commons,
S. 93–94
Kurzbeschreibung:
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An Hermann Richter.


26.Januar 1886.


Wir müssen’s glauben, doch ist’s schwer zu fassen
Daß in des einen kurzen Jahres Frist
Der Vierte schon von uns geschieden ist,
Der Vierte schon auf immer uns verlassen;

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Am Schwersten aber wird es, zu verstehen,

Am Schwersten aber geht’s dem Herzen ein,
Daß grade Dich im Weihnachtskerzenschein
Zum letzten Male lebend wir gesehen.

Erschüttert standen wir an Deiner Leiche

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Und manches Freundes Blut gerann zu Eis;

Du warst ja immer für den Freundeskreis,
Was für den grünen deutschen Wald die Eiche.
Um eines Hauptes Länge hat der Starke,
An den sich auch der Kühnste nicht gewagt,

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Die starken Freunde Alle überragt,

Gesund und fest, so schien’s, im tiefsten Marke.

So oft von unsern Eichen wir gesungen,
Den Eichen „frei und unerschütterlich“,
Sah auch ein Jeder frohen Blicks auf Dich

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Und hat bewundernd mit Dir angeklungen.

Wer, wenn nicht Du, bracht’ es zu hohen Jahren?
Doch daß kein Blick im Buch der Zukunft las
Und alle Kraft vergänglich wie das Gras,
Wir haben schmerzlich es an dir erfahren.

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Ein Blitzstrahl warf die Eiche zu den Toten.

Wir sahn den Sturm, der ihre Krone bog,
Und als das schwere Wetter sich verzog,
Lag sie entwurzelt und gefällt am Boden.
Es konnte Nichts aus Deiner Not Dich retten,

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Und was uns Thränen in die Augen treibt,

Ist, daß nur Eins den Freunden übrig bleibt –
Zu Deiner Mutter sorglich Dich zu betten.

Ihr starkes Kind bringt man zu ihr getragen;
Es liegt ein tiefer Sinn in diesem Wort,

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Denn eines Kindes Herz hat fort und fort

In dieses Riesen breiter Brust geschlagen.
Er ist sich gleich von Jugend auf geblieben,
So gut und treu und harmlos wie ein Kind,
Wie es die Stärksten noch am Ersten sind,

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Und die ihn kannten, mußten ihn auch lieben.


Es ist vorbei. Wir nagen mit den Zähnen
Die Lippen wund in unterdrücktem Schmerz;
Es wird uns allen winterlich ums Herz
Und heiß im Auge brennen uns die Thränen.

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Ich kann nicht mehr. Das Wort stockt in der Kehle,

Wenn man in solcher Stunde überdenkt,
Wie Viele wir nun schon hinabgesenkt ...
Schlaf wohl, Du Riese mit der Kinderseele!