Textdaten
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Titel: Was sollen wir lesen
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aus: Die Gartenlaube, Heft 44, S. 755
Herausgeber: Adolf Kröner
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1888
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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[755] Was sollen wir lesen? Eine wohl aufzuwerfende Frage bei der Ueberfülle der alljährlich veröffentlichten Erscheinungen des Buchhandels, bei der großen Menge der Zeitungen, Tages- und Wochenblätter, der Monatszeitschriften. Diese Frage zu beantworten, wenigstens im Hinblick auf die im Buchhandel erschienenen Werke, ist schon oft versucht worden, indem man kleine Kataloge der Weltliteratur oder der neuesten vaterländischen Litteratur zusammengestellt hat, um alles Lesenswerthe dem Publikum, das in Bezug auf Lektüre einen Rathgeber vermißt, zu empfehlen.

Dies hat auch neuerdings Anton E. Schönbach in seiner kleinen Schrift „Ueber Lesen und Bildung“ gethan. Natürlich sind alle derartige Verzeichnisse lückenhaft und auch in denjenigen Schönbachs fehlen namhafte Schriftsteller und Dichter, die in allen Litteraturgeschichten der Gegenwart eine eingehende Würdigung gefunden. Auch wird mit einer solchen trocknen Aufzählung, welche trotzdem die Geschmacksrichtung des Autors schwerlich verleugnen kann, dem Bedürfniß des Lesepublikums weit weniger gedient, als grade durch jene Litteraturgeschichten, aus denen ja die Leser zugleich das Charakterbild der Autoren und den Inhalt ihrer Werke kennen lernen. Ein Spaziergang auf blumenreicher Wiese ist jedenfalls dem Durchblättern eines trockenen Herbariums vorzuziehen. Was ein solches Verzeichniß wie auch dasjenige von Schönbach empfiehlt, mag großentheils empfehlenswerth sein, aber in den Auslassungen liegt eine stillschweigende Kritik, die man oft verwerfen muß, oder eine Unkenntniß, die bei dem zu tadeln ist, welcher sich zum Führer der andern aufwirft.

Im übrigen enthält das Schriftchen über den Bücherkauf in Deutschland und über das Bibliothekwesen viele treffende Bemerkungen. An sich kaufen die Deutschen nicht gern Bücher, und Leute, welche ohne Bedenken ein gutes Stück Geld ihres Jahresetats dem Amüsement einräumen, feilschen mit sich selbst um einige Pfennige, wenn sie dieselben auf ein Buch wenden wollen, und entschließen sich im letzten Augenblicke am liebsten dazu, es jemand abzuborgen. Bei der Lektüre selbst überwiegt der stoffartige Reiz.

Wir zweifeln nicht, daß es damit von Tag zu Tag besser werden wird, und namentlich was den Ankauf von Büchern, was den Werth betrifft, den man auf eine kleinere oder größere Privatbibliothek zu legen hat, wird sich gewiß auch bei uns in Deutschland allmählich eine Wendung zum Besseren zeigen, so daß wir jener Schwarzseherei nicht länger Recht zu geben brauchen.
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