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Titel: Was sind Narren auf Bäumen?
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aus: Die Gartenlaube, Heft 31, S. 520
Herausgeber: Ernst Ziel
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Erscheinungsdatum: 1881
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
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[520] Was sind Narren auf Bäumen? Zur Beantwortung dieser vielfach an uns gerichteten Frage geben wir im Nachstehenden unserm langjährigen Mitarbeiter Herrn Hofgärtner H. Jäger[WS 1] das Wort. Derselbe schreibt uns: „Die sogenannten Narren oder Taschen der Pflaumen- oder Zwetschenbäume, welche in manchen Jahren statt genießbarer Früchte wachsen und die erhoffte Ernte vernichten, sind Gebilde von bis 25 bis 40 Millimeter Länge und 25 Millimeter Breite, zusammengedrückt gleichsam gepreßt, wachsartig von Ansehen, gelblich mit rostfarbigen Flecken. Ueber die Entstehung derselben giebt es verschiedene Ansichten. Früher nahm man an, daß die Taschen Zellenbildungen wären, wie Galläpfel, durch den Stich eines gewissen Insects hervorgebracht. Man meinte ferner, daß die Insectenbrut den sich ausbildenden Fruchtknoten verzehrte, sodaß nur die Fleischumhüllung, welche im normalen Verlaufe den eßbaren Theil der Frucht bildet, fortwachse, aber, weil die eigentliche Frucht (der Kern) fehlt, jene abnorme Form annehme. Gewiß ist indessen, daß in den Taschen nur ein verkümmerter Ansatz vom Kerne vorhanden ist. Neuerdings nimmt man nun aber an, daß diese Mißbildung in Folge einer Pilzart (Exoascus Pruni) entstehe, in derselben Weise wie das bekannte Mutterkorn. Wir leben nun einmal in dem Zeitalter der Pilze, in welchem die ansteckenden Krankheiten und fast alle organischen abnormen Wucherungen winzig kleinen Pilzen zugeschrieben werden. Hat man doch in neuester Zeit selbst die Entstehung der Hexenbesen aus Kirschen, Birken und Weißbuchen auf einen Pilz (Exoascus Wiesneri) zurückgeführt.

Die Streitfrage, ob die Pilze Ursache oder nur Folge der Erkrankung sind, wird wohl nie sicher entschieden werden. Andere meinen, die Pilze stellen sich erst ein, wenn das Zerstörungswerk durch die Krankheit ihnen vorgearbeitet hat. Kinder naschen gern von den Pflaumentaschen, aber es bekommt ihnen in der Regel schlecht, wenn auch der Genuß nicht tödtlich ist, wie der des Mutterkorns. Mittel zur Verhütung der Taschen giebt es nicht. Man kann jedoch die Wiederkehr erschweren, wenn man alle abgefallenen Taschen sammelt und tief in die Erde vergräbt. Es müßte dann aber von allen Baumgartenbesitzern der betreffenden Gegend geschehen.“



Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: J. Jäger